Aufs Spiel gesetzt (German Edition)
darauf, dass er sich nicht dumm vor kam, weil sie drei Jahre jünger war und doch so viel mehr Durchblick hatte als er.
„Penny!”, rief Jed. „Xander ist da!”
„Ich weiß, Dad!“, kam eine dumpfe Stimme aus dem Badezimmer. „Ich schminke mich gerade!“
„Meine Güte“, beschwerte sich Jed gutmütig. „Ich dachte, damit wäre sie schon fertig. Noch mehr Wimperntusche und sie sieht wie ein Waschbär aus.“
Xander lächelte mitfühlend, obwohl er Mädchen eigentlich gar nicht wahrnahm – er hatte tatsächlich immer nur Christian wahrgenommen – während Andi sie nötigte, sich an den Küchentisch zu setzen und begann, ihm Fragen über das Jugendheim zu stellen. Xander antwortete ehrlich. Er erzählte, dass sein Bett zu klein war und dass er drei Mitbewohner hatte. Dass zwei seiner Mitbewohner lauten Sex im Badezimmer hatten, erwähnte er nicht, stattdessen sagte er, dass seine Besitztümer immer noch, so wie vorher, alle in Plastikmüllbeuteln steckten.
Andi und Jed sahen sich an und Andi nickte. Jed seufzte und nickte ebenfalls.
„Sag mal, Xander, wann wirst du sechzehn?“
Xander musste nachdenken. Als Kind hatte er kein Problem gehabt, sich an seinen Geburtstag zu erinnern, als es noch Partys gegeben hatte und bevor die Drogen und seine Mutter unzertrennlich geworden waren.
Aber dann erinnerte er sich an die Formulare, die sie für ihn ausgefüllt hatten, als er ins Heim gekommen war. „Am siebzehnten April“, sagte er, in der Hoffnung, dass es stimmte.
„Meinst du, du würdest gerne zu uns ziehen? Du kannst zu einem mündigen Minderjährigen erklärt werden, der Trainer hat uns das bestätigt. Fändest du das okay?“
Xander fiel fast über die Chance her. Er wollte es. Er sah Chris an, dessen Gesicht voller Hoffnung war, aber dann leckte er sich über die Lippen.
Chris´ Geschmack war noch da.
Oh Gott. Er konnte nicht ... sie konnten nicht … es wäre falsch. Es wäre einfach falsch. Sein Gesicht verdüsterte sich und Chris sah ihn verwirrt an. Leise sagte er: „Ich muss darüber nachdenken, aber es bedeutet mir unglaublich viel, dass sie es mir angeboten haben.“
In diesem Moment kam Penny aus dem Badezimmer. Ihre Stimme war rau, aber laut und zu hoch, als sie sagte: „Worum geht´s?“
„Wir versuchen, Xander dazu zu überreden, zu uns zu ziehen!“, sagte Andi, offensichtlich nicht beunruhigt von der unangenehmen Stille.
Pennys Gesichtsausdruck konnte nur als „betroffen“ bezeichnet werden.
„Zu uns ziehen?“, frage sie mit schwacher Stimme.
Xander schüttelte den Kopf und sah Christian verstohlen an. „Wir werden sehen”, sagte er vorsichtig. „Ich .. ich will mich nicht aufdrängen. Ich bin ... ich bin Familie nicht gewöhnt. Ich bin vielleicht nicht gut darin.“
Penny schloss die Augen und schluckte, dann sah sie strahlend auf. „Wir sind eine gute Familie. Ich glaube, du würdest dich hier wohl fühlen.“
Jahre später würde er sich an ihr Gesicht erinnern. Ihre Augen hatten merkwürdig geglänzt und waren ein wenig geschwollen gewesen, aber auch klar und voller Offenheit. Und sie hatte ihn mit Sympathie und Liebenswürdigkeit angesehen. Erst als erwachsener Mann hatte er begriffen, dass sie geweint hatte.
„W ILLST du nicht bei meiner Familie wohnen?“, fragte Christian mit erstickter und missmutiger Stimme. Sie waren auf dem Weg zur Schule, nachdem Xander einen so großen Stapel Pfannkuchen gegessen hatte, dass er mit etwas Glück den ganzen Tag davon zehren konnte. Er hoffte es – von der Wärme, die ihm von Christians Eltern entgegen gebracht worden war, würde er noch viel länger zehren.
„Deine Familie ist toll“, murmelte Xander. Unsinnigerweise wünschte er sich, dass er Chris´ Hand nehmen könnte, während sie die Straße entlang gingen, aber es waren zu viele Kinder zur Schule unterwegs.
„Warum zögerst du dann?“ Chris machte einen Schritt von ihm weg und sah ihn an, all seine Traurigkeit so klar wie der helle Tag in sein Gesicht geschrieben. Das war Christian, offen und durchschaubar wie ein Fenster hinaus aufs Meer.
Xander sah weg und dann wieder in dieses offenherzige Gesicht. Er wusste, dass sein eigener Gesichtsausdruck verschlossen und wachsam war, aber er konnte nichts dagegen tun. Er hatte schwierige, komplexe Gedanken, aber nur eine einfache Stimme.
„Ich möchte dich küssen“, flüsterte er und Christians Augen weiteten sich.
„Hier?“
Xander schüttelte frustriert den Kopf. Wenn er erst erwachsen war, würde
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