Aufstand der Fischer von St. Barbara
nach links, daß er schließlich an der Schulter des Nebenmanns lehnte. Das war einer von der „Veronika", ein hagerer, mürrischer. Andreas gefiel er jetzt gut. Schließlich stand Andreas auf. Er hatte Lust, zuzupacken, aufzustampfen. Er endigte in dieser Nacht auf Mariens Bett. Vor der Treppe stieß er noch mit irgendeinem jungen Burschen zusammen. Sie beschimpfen sich, schlugen aufeinander. Andreas warf ihn mit wenig Mühe hinunter. Er lachte über den, der sich ihm in die Quere stellte an einem solchen Vorabend. Marie wollte ihn bald wegschicken, aber er ließ nicht locker. Es war schon voller Morgen, da lief er auf den Kai. Dort war es noch schöner, als er sich vorgestellt hatte. Er lief so leicht, sein Kopf war leicht, er hatte sich etwas übertan bei Marie, er hatte nur ein paar Pfennige in der Tasche, aber gleich beim ersten auf das Mühlrad gezielten Schuß fing es zu klappern an, drei freie Schüsse; leicht flogen ihm die Ringe über die Gewinne; da hatte er so ein komisches Ding aus Kupfer, er schenkte es der Kleinen, die dieses Jahr seine Geliebte sein sollte, sie war so rund und braun wie eine Nuß und roch auch so, aber jetzt hatte er keine Geduld für sie, vielleicht weil sein Körper liebessatt war. Alle um ihn herum waren ebenso erregt wie er. Sie liefen alle kreuz und quer, schossen, spielten mit gerunzelten Stirnen. Drunten in Barbara, hieß es, sei allerhand los, zwischen Sebastian und Barbara fuhren sie hin und her, warteten auf Bescheid. Eben jetzt sei wieder ein Dutzend Leute vor das Gasthaus gezogen und schrie: „Drei Fünfel Anteil!" Andreas fiel es ein, daß er seit drei Tagen Kedennek nicht mehr gesehen hatte. Er lief jetzt auch auf den Platz, der Haufe war dort schon größer geworden. Andreas erblickte von weitem Kedennek, er hörte auch seine Stimme, wußte gleich, daß diese Stimme Kedennek gehören mußte, und wunderte sich. Am Abend tropfen von neuem die Lichter vom Kai ins Wasser. Andreas kannte das ganze Jahr über keine andren Lichter, als das von der Decke der Kajüte oder der Schenke oder Kedenneks Stube herunterbaumelte. Verwirrt und glücklich lief er mit rotund grünbesprenkeltem Gesicht und Rücken hin und her. Die Freude, die er die ganze Zeit an einer bestimmten Stelle zwischen seinen Rippen gespürt hatte, fing an, ihn zu drücken. Am folgenden Morgen teilten die Fischer der „Veronika" ihrem Kapitän ihren Entschluß mit nicht auszufahren. Gleichzeitig gaben die übrigen Fischer ihre Erklärung ab. Der Kapitän der „Ursula" war Adrian Six. Unter seinen Leuten gab es drei, vier gleichaltrige Burschen, die waren die unzufriedensten, immer war Unzufriedenheit und Ärger auf Adrians Schiff, als ob er solche Keime von Mürrischkeit und Langweile in dem Kragen seines viel zu langen, verlegenen Halses mit herausnähme. Die ganze Besatzung freute sich darauf, Adrian an diesem Tage zu erblicken, mürrischer und verlegener denn je. Aber sie kamen nicht auf ihre Kosten. Adrian hatte nämlich längst auf diese Erklärung gewartet. Er erklärte ruhig und vernünfig, daß er die Erklärung weitergäbe; was ihn für seine Person anbelange, so sei er bereit, seinen Anteil gemeinsam mit der Besatzung zu regeln. Den Fischern tat es eigentlich leid, daß sie Six nicht verprügeln konnten, wie zum Beispiel den Alten von der „Marie Farère". Sogar heute war er mürrisch und langweilig. Am Hafen war ein ebensolches Leben wie sonst an Ausfahrtstagen. Auch heute waren Frauen und Kinder aus umliegenden Dörfern da, die ihre Männer an die Schiffe begleiteten. Man rechnete wohl auch mit einer Ausfahrt in etwa zwei Tagen. Die Männer standen in kleinen Gruppen nach Besatzungen herum und beredeten ihre Forderungen. Der Westwind, welcher den Frauen die Haubenzipfel gegen die Wangen schlug und draußen auf dem Meer die Kämme der Wellen zurückstrich nach der Richtung, aus der sie kamen, trieb ihre Gedanken unter den Worten weg, heraus aus der Bucht. In zwei Tagen spätestens, hieß es, würden sie fahren auf neue Tarife. Die hinter der Grenze würden es nächstes Jahr nachmachen. Am Nachmittag wurde in St. Barbara angeschlagen, die Besatzungen sollte je einen wählen und zur Vereinbarung in das Reedereibüro schicken. Die Fischer traten zusammen und wählten schnell ohne viel Widerspruch. Sie sammelten sich vor der Tür. Die Gewählten traten ein. Der Reedereiangestellte war ein Fremder, ein älterer Mann mit einer Brille. Er erhob sich hinter seinem Pult und fing zu
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