Aufstand der Fischer von St. Barbara
und Meer waren mit Staub bedeckt, der Wind war irgendwo beerdigt, die Leute hatten keine Lust, Lärm zu machen. Nur die Vögel schwatzten, die vom Regen dicht auf die Klippen gedrückt wurden. Drunten am Hafen war alles wie sonst, kein besonders großer Betrieb, aber doch Hin und Her, drei, vier Dampfer um Mittag; von den Stegen fuhren rotgestrichene, vom Regen streifige Kisten zu den Lagerhäusern über den Fischmarkt. Die Häuser öffneten ihre Stirnen, in der Stirn erschien der Geist des Hauses – im dunklen Viereck stemmte sich ein nackter Oberkörper vor und zurück, vor und zurück, während der Strick ächzend über die schlechtgeölte Rolle lief. Gegen Abend kamen ein paar Fischer von ihrem Berg herunter, bald waren fast alle drunten, als ob heute abend besondere Kisten an besonderen Stricken verladen würden. Dann war Feierabend, die Arbeiter marschierten zu der Fähre, die brachte sie auf die Insel zurück, nur ein kleiner Teil blieb in St. Barbara. Zwischen ihnen und den Fischern gab es wenig Bekanntschafen, die Arbeiter hatten ihren eignen Ausschank drunten an der Bucht. Jetzt starrten ihnen die Fischer nach, als ob sie etwas Besonderes auch von ihnen zu erwarten hätten. Rund um den Platz gingen die Lichter an. In den Büros wurde noch gearbeitet. Die Fischer blieben. Sie standen so dicht beieinander, daß sie auf dem großen weißen Platz nur wie ein kleiner Haufen erschienen. Eine Bürotür öffnete sich, jener weißhaarige Angestellte mit der Brille kam heraus, um hinüber ins Gasthaus zum Abendessen zu gehen; er ging ein Stück in den Platz, sah etwas Dunkles, Geschlossenes, erblickte jetzt erst die Fischer, zögerte, kehrte wieder um. Die Fischer sahen ihm nach, ayf einmal riß sich einer los, er gehörte zur Mannschaf von Six und lief dem Alten nach. Der beeilte sich, gelangte noch in die Bürotür, riegelte sie von innen zu, ließ die Läden herunter. Der junge Bursche schlug mit den Fäusten gegen die Läden, winkte seinen Gefährten, die schlugen auch los, die Läden krachten, alle miteinander fielen ins Büro. Der Alte war hinter sein Pult geschlüpf, sie zogen ihn herüber, schwenkten ihn, riefen: „Du hast unsre Kameraden nach Sebastian geschickt!" Er erwiderte mit seiner gewöhnlichen leisen, jetzt etwas zischenden Stimme: „Ich muß tun, was man mich heißt." Sie stießen ihn gegen die Wand, vergaßen ihn, stürzten weiter. Gleich hatten sie das Pult, die Läden, die Schränke in Stücke zerrissen, die Papiere zerfetzt und verbrannt. Sie rissen und wühlten so verzweifelt, unbeirrt und beharrlich, als ob man ihnen etwas gestohlen hätte, etwas Wichtiges, Unersetzliches, das sie um jeden Preis hier wiederfinden mußten. Wie eine Frau, blindlings und verzweifelt, alle Schubladen, das ganze Haus verwühlt, und schließlich nur wühlt, um zu wühlen, so zerzausten und zerfetzten sie in einem Augenblick Möbel, Bücher und Menschen. – Es war schon mindestens eine halbe Stunde vergangen, da entdeckten sie den Alten, der sich hinter dem Pult zusammengekauert hatte. Alles war zerrissen, auch die Fischer waren zerfetzt und bespritzt, aber der Alte hatte noch alles reinlich beisammen, seinen Kragen, seinen Bart, seine Brille. Einer faßte ihn an der Schulter, ein andrer versuchte ihm die Hand aufzupressen. Er hatte etwas darin, es war ein Schlüssel zu einem Schrank, der längst zertrümmert war. Er preßte, zerrte seinen Arm, der Alte fing leise zu lachen an; sein Lachen war so widerwärtig, daß die beiden Fischer ihn gleichzeitig fallen ließen und an etwas andrem zerrten. Mitten unter andren Sachen lag jetzt die Brille des Alten auf dem Fußboden. Ein Glas war in winzige Stückchen zersplittert, das andre war zufällig unversehrt geblieben und sah von unten in die Luf, wie ein blödes, blankes, gleichmütiges Auge. Sie hörten erst auf, als sie erschöpf waren. Aus den zerbrochenen Lampen tropfe das Licht in die Papierhaufen, rieselte in die Lagerhäuser und schlug vom Boden in die Luke. Die graue, eintönige Luf saugte sich voll, gierig auf so viel Rot. Das Feuer erlosch von selbst, teils weil es zwischen den steinernen Wänden der Giebelhäuser eingeengt war, teils weil der gewöhnliche Nachtregen stärker einsetzte. Die meisten waren noch in die Boote gegangen, um die Dunkelheit für den Fang auszunutzen – morgen war Markt auf der Insel –, die übrigen gingen hinauf. Kedennek ging auch hinauf, Hull ging hinter ihm, sie sprachen nichts miteinander, legten sich wortlos
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