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Aufstand der Fischer von St. Barbara

Aufstand der Fischer von St. Barbara

Titel: Aufstand der Fischer von St. Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Seghers
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immer das gleiche, das, was man brauchte, nichts hatte sich verändert. Die Leute fingen an froh zu werden. Sie blieben auch froh, als er auförte; das war keine Pfingstfestlustigkeit, keine Blinkfeuerfreude, das war nur einmal, nie vorher, nie nachher. Die Fremden waren draußen, die hatten sie im Stich gelassen, das war gut, jetzt waren sie allein unter sich. Sie fingen an zu reden, sie sangen, tranken was, klatschten in die Hände. Auch das war gut, daß die Weiber nicht oben waren, die hätten gefragt: Was gibt es denn? Wird jetzt alles gut? Ist jetzt alles in Ordnung? Wann ist Ausfahrt? – Und wie so die Weiber fragen.
    Der Verkehr zwischen der Insel und St. Barbara nahm etwas ab, weil die Dampfer weitere Unruhen fürchteten. Im großen ganzen war aber immer noch ziemlich lebhafes Leben. Im Seglerhafen auf ihren Plätzen lagen die Fischerboote genau wie sie die Fischer am Tag nach Pfingsten gelassen hatten. Sie waren nicht mehr blank, etwas Träges und Mattes schien ihre mächtigen Körper von innen her zu erschlaffen, wie eine Krankheit oder wie ein Kummer.
       Eines Tages stand am Reedereibüro angeschlagen, die Gesellschaf der Vereinigten Bredelschen Reedereien habe mit den Fischern von Wyk, Blé, Elnor usw. eine Übereinkunf erzielt, Tarife wie bisher, aber höhere Marktpreise für den Fisch. Die Fischer von St. Barbara wurden aufgefordert, sich diesem Tarif anzuschließen. Der Zettel war auf derselben Tür angeklebt, die die Fischer zerschlagen hatten. Jetzt war sie von innen mit eisernen Latten versehen wie ein Kassenschrank, und in die Büros hatte die Gesellschaf handfeste Leute geschickt. Die Fischer rissen den Zettel herunter. Sie redeten nichts, weder in der Familie noch untereinander, weder über das Angebot noch über den Wortbruch der Auswärtigen. Abends hieß es, die Auswärtigen sollten morgens eintreffen und in zwei Tagen abfahren. Am nächsten Tage erschienen die Fischer von St. Barbara vollzählig auf dem Marktplatz. Die Auswärtigen trafen alle miteinander pünktlich ein. Sie hatten vielleicht angenommen, daß sich St. Barbara dem Tarif angeschlossen hätte, und erst unterwegs den Sachverhalt erfahren. Sie sahen genau so aus wie die Leute von St. Barbara, die bevorstehende Ausfahrt hatte ihre mürrischen Gesichter nicht gelockert. Sie nickten den Einheimischen zu, sprachen sie an; daß die nicht mitmachten und sich versteifen, das war ihre Sache. Die Auswärtigen wollten zu den Schiffen, die Einheimischen gaben einen Weg zwischen sich frei, einen schmalen Weg, vom Platz bis zum Kai. Die Auswärtigen mußten fast einzeln hindurch. Sie sahen sich um, ihre Blicke wurden schwer und starr. Sie wurden immer mehr vom Kai abgedrängt, gegen den Weg hinauf zu den Hütten. Jetzt sollten sie sich mit den Fäusten durchschlagen. Auch die von St. Barbara hatten Fäuste; da merkten die Auswärtigen, die hatten keine Daumen drin, sondern Messer. Die Auswärtigen stutzten, sahen sich nacheinander um und drängten sich zusammen. Dann drängten auch die Einheimischen um sie herum in eisernem Ring, der immer enger schnürte und innen mit Fäusten und Messern gespickt war. Die Auswärtigen drückten dagegen, der Ring zog enger. Alles ging so leise, man hörte nicht einmal schnaufen, nicht mal knurren. Schließlich ließen die Einheimischen nach. Sie gingen schnell, ohne sich umzusehn, in einem Trupp hinauf. Erst jetzt hörte man aus der Mitte des Platzes Hilferufen, Flüche. Am nächsten Tag kam es zu keiner Ausfahrt. Der größere Teil der auswärtigen Mannschaf blieb zerstochen und zerschlagen in St. Barbara. Der übrige Teil kehrte wieder heim. Drunten wurde immer weiter einund ausgeladen. Überdies lagen die Fischerhütten abseits gegen die Klippen, ein gutes Stück weg von den übrigen, die drunten in St. Barbara auf ihre gewöhnliche Weise arbeiten, schlafen, hungern und essen wollten. Am dritten Tage nach der gescheiterten Ausfahrt war auf dem Platz ein neuer Anschlag mit dem Polizeistempel von Port Sebastian, in welchem die Leute von St. Barbara aufgefordert wurden, den in Sebastian abgeurteilten Johann Hull, der sich in St. Barbara aufalten sollte, anzuzeigen. Hull saß bei Desak, sie kamen herauf und erzählten; die ganze Zeit hatte sich Hull davor gefürchtet, jetzt war er ganz erleichtert, jetzt war es soweit. Am selben Tage wurden vier Fischer festgenommen und abgeliefert. Leute aus Elnor erkannten sie wieder als die, die ihren Gefährten mit den Messern an die Kehle gegangen waren. Es hieß

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