Aufstand der Gerechten
sagte er mit tränenüberströmtem
Gesicht. »Bitte stecken Sie meinen Daddy nicht wieder ins Gefängnis.«
Ich sah vom Sohn zum Vater. Vincent Morrison hüstelte und legte
seinem Sohn die Hand auf die Schulter.
»Zeit zu gehen, kleiner Mann.« Er wandte sich an Debbie. »Ich hoffe,
Penny ist bald über den Berg, Mrs Devlin.«
Dann führte er den immer noch weinenden Jungen hinaus. Während ihre
Schritte von den Wänden des Korridors widerhallten, hörte ich Morrison leise
und eindringlich auf seinen Sohn einreden, er solle aufhören zu weinen.
Ich sah Debbie an, die wieder ihren Platz an Pennys Seite
eingenommen hatte, hob die Augenbrauen und stieß den Atem aus, den ich, wie ich
jetzt erst merkte, angehalten hatte, seit der Junge gesprochen hatte.
»Er ist ein sehr netter Mann«, stellte Debbie fest.
»Er ist möglicherweise am Drogenhandel beteiligt«, entgegnete ich.
»Um Himmels willen, Ben«, fuhr sie mich an. »Wann hörst du endlich
auf damit?« Wütend funkelte sie mich an, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit
wieder der reglosen Gestalt unserer Tochter zu.
38
Freitag, 16. Februar
Nachdem ich die Nacht auf dem Lehnstuhl neben Pennys Bett
verbracht hatte, ging ich zur Frühmesse hinunter in die Krankenhauskapelle und
bat den Priester, für Pennys Genesung zu beten. Als Debbie kurz darauf eintraf
und ihren Platz an Pennys Bett einnahm, fuhr ich nach Hause, duschte,
frühstückte und nahm dann Shane mit ins Krankenhaus, damit er seine Schwester
sehen konnte. Er hatte immer wieder gefragt, warum sie nicht nach Hause käme.
Wir hatten ihm erklärt, sie schlafe sehr tief und müsse sich erholen, damit es
ihrem Kopf bald besser gehe. Er müsse sich keine Sorgen machen.
Als wir auf die Station kamen – Shane trug einen Blumenstrauß, den
er seiner großen Schwester unbedingt hatte mitbringen wollen –, saß Harry
Patterson bei Debbie im Zimmer. Er sprach mir sein Mitgefühl aus und sah dann
hinunter auf Shane, der freimütig zu ihm hochschaute.
»Meinen Sie, es gibt da einen Zusammenhang mit …« Er beendete die
Frage nicht.
»Offenbar nicht«, erwiderte ich. »Wie hat es mit Kielty geendet? Hat
Nicell ausgepackt?«
»Hmmm«, machte Patterson in einem Ton, bei dem ich sofort
misstrauisch wurde.
»Er hat doch ausgepackt, oder? Ich meine, wir wissen, dass sein
Wagen vor Kieltys Haus stand«, beharrte ich.
Patterson räusperte sich und warf einen Blick auf Debbie.
»Komm, wir gehen nach unten und kaufen ein paar Süßigkeiten«, sagte
Debbie, verließ mit Shane das Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen.
»Was ist passiert?«, fragte ich.
»Ein, zwei Dinge«, erwiderte Patterson. »Ich dachte, Sie sollten
wissen, dass Simon Williams eine Aussage gemacht hat. Er will Anzeige
erstatten. Gestern Morgen war er auf der Wache. Darum machen wir uns
logischerweise erst dann Sorgen, wenn diese ganze … unangenehme Sache vorbei
ist.«
Ich hatte ja damit gerechnet, dass Williams irgendwann etwas
unternehmen würde, allerdings hätte er sich keinen schlechteren Zeitpunkt
aussuchen können.
»Was ist mit Kielty und Nicell?«
Patterson zupfte an seinem Ohrläppchen, richtete den Blick auf Penny
und schniefte laut.
»Der Assistant Commissioner will, dass die Sache fallen gelassen
wird«, sagte er leise.
»Was?« Ich beugte mich auf meinem Stuhl vor – ich dachte, ich müsse
mich verhört haben.
»Seit diesem Scheiß mit der Polizeiprügel für die Rising-Leute sind
wir Freiwild in den Lokalblättern. Der Assistant Commissioner sorgt sich darum,
wie das landesweit aussähe, wenn einer der Inspectors vom irischen
Rauschgiftdezernat in mehrere Morde verwickelt wäre.«
»Das kann er nicht machen«, protestierte ich. »Nicell muss sich
dafür verantworten.«
»Und das hat er auch schon«, entgegnete Patterson, und da begriff
ich, dass die Angelegenheit bereits beigelegt worden war. »Er hat gestern
gekündigt. Kielty war einer von Nicells Informanten; so haben sie sich
kennengelernt. Man hat entschieden, dass er nützlicher ist, wenn er draußen
bleibt und uns auf dem Laufenden hält.«
»Sind Sie damit einverstanden, Harry?« Patterson mochte ein
schwieriger Mensch sein, doch er war einigermaßen solide.
»Es spielt keine Rolle, ob ich einverstanden bin oder nicht, Devlin.«
Sein Blick glitt von mir zum Fenster hinter mir. »Befehl ist Befehl.«
»Tja, ich fürchte, damit kann ich mich nicht einverstanden erklären,
Harry. Ich kann das nicht einfach fallen lassen.«
Patterson stand auf, ging ans
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