Aufstand der Gerechten
Kritisch, aber
stabil.«
Er nickte, als würde das alles erklären. »Wissen Sie, wie es passiert
ist?«
»Sie ist geritten, auf Vincent Morrisons Grundstück. Ist vom Pferd
gefallen.«
Hendry sah mich fragend an. »Brauchen Sie Hilfe mit Morrison?«
Ich schüttelte den Kopf und lächelte matt. »Danke, Jim. Er hatte
nichts damit zu tun. Genau genommen hat er ihr vielleicht sogar das Leben
gerettet.«
Hendry pfiff leise. »Ich frage lieber nicht nach.«
Beklommen plauderten wir ein wenig, bis Debbie zurückkehrte. Jim
nutzte ihr Eintreffen, um sich zu verabschieden. Ich begleitete ihn hinaus,
ebenso sehr, um die Gelegenheit für eine Zigarette zu nutzen, wie auch aus
Höflichkeit.
Während ich draußen stand, traf Caroline Williams ein. Sie wirkte
hager, ihr sehr kurzes Haar betonte noch ihre prägnanten, nun noch schmaleren
Gesichtszüge. Sie umarmte mich fest und flüsterte mir tröstende Worte ins Ohr.
»Ich habe versucht, Sie auf dem Handy anzurufen, aber es war
ausgeschaltet. Dann habe ich bei Ihnen zu Hause angerufen, und Debbies Eltern
haben mir erzählt, was passiert ist.« Sie trat einen Schritt zurück.
»Sehr lieb von Ihnen, dass Sie gekommen sind«, sagte ich. »Debbie
freut sich bestimmt, Sie zu sehen.« Ich wusste nicht genau, warum ich das
gesagt hatte, denn Caroline war natürlich eher meinetwegen gekommen.
Langsam machten wir uns auf den Weg zu Penny. Caroline erkundigte
sich, wie es zu dem Unfall gekommen war.
»Ich verstehe, wie Sie sich fühlen«, sagte sie, als wir in den Aufzug
traten. Beruhigend drückte sie meine Hand.
»Ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht, wie ich mich fühle. Leer
vermutlich.«
Sie nickte. »Ich verstehe Sie«, wiederholte sie und sah mir in die
Augen.
»Ich wünschte fast, es wäre Absicht gewesen und kein Unfall. Es wäre
weniger … willkürlich – weniger beängstigend, nehme ich an –, wenn ich es
erklären könnte, jemandem die Schuld geben könnte.«
Caroline nickte, sagte jedoch nichts.
»Ich dachte zuerst, Vincent Morrison hätte dahintergesteckt, aber
offenbar stimmt das nicht. Genau genommen hat er sie vielleicht sogar
gerettet.«
»Wer ist Vincent Morrison?«, fragte sie, und da wurde mir klar, dass
sie schon nicht mehr meine Partnerin bei der Polizei gewesen war, als ich
Morrison kennengelernt hatte.
Der Aufzug hielt auf Pennys Etage, und wir traten hinaus auf die
überhitzte Station.
»Gehen wir zuerst zu Penny, und dann erkläre ich es Ihnen bei einem
Kaffee.«
Caroline durfte nur fünf Minuten bleiben; die Pflegekräfte
waren bereits verärgert über die Zahl der Besucher und klagten, eigentlich
solle sich der Besuch auf den engsten Familienkreis beschränken. Caroline und
Debbie plauderten über alles Mögliche, nur nicht über Penny und Peter, so als
wüssten beide um den Schmerz der anderen, ohne etwas erklären zu müssen.
Ich sagte Debbie, ich wolle mit Caroline nach unten gehen, um etwas
zu essen. Wir setzten uns in die Cafeteria im Erdgeschoss, in die Nähe des
Ausgangs. Ich besorgte Kaffee für uns beide, dann setzte ich mich zu ihr und
erklärte, wie ich Vincent Morrison kennengelernt hatte, und berichtete von dem
Menschenschmugglerring, an dem er beteiligt gewesen war.
»Vor ein paar Wochen ist er wieder aufgetaucht«, erzählte ich. »Er
leitet eine Bürgervereinigung und hat seinen Einfluss zugunsten dieser
Rising-Truppe in die Waagschale geworfen, als die anfing, gegen Drogendealer zu
demonstrieren.«
»Davon habe ich gehört«, sagte Caroline grimmig. »Es wurde auch
Zeit, dass mal jemand etwas gegen die unternimmt.«
»Möglich«, stimmte ich zu. »Aber die Jungs von The Rising sind dafür
nicht die Richtigen. Die wollen nicht die Dealer aus den örtlichen Gemeinden
vertreiben, die versuchen, sie unter Druck zu setzen, damit sie ihre Ware verkaufen. Ihr Anführer ist ein gewisser Charlie Cunningham, der ein
Zellengenosse von Morrison war. Anscheinend verfügen Cunningham und seine
Truppe gar nicht über das Geld, einen Drogenhandel aufzuziehen. Morrison schon.
Nach dieser letzten Geschichte war er bankrott, aber jetzt lebt er in einem
riesigen Haus mit Stallungen in Portnee, an der Nebenstraße hinter dem Pub.«
»Können Sie irgendetwas davon beweisen?«, fragte Caroline.
»Vielleicht«, erwiderte ich ausweichend.
»Wovon hängt das ab?«
Ich stellte meine Tasse auf den Tisch und legte die Hand leicht auf
Carolines. »Wir haben jemanden festgenommen, von dem wir glauben, dass er für
die Drogen verantwortlich
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