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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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durchschlagen können, und hätte er es gekonnt, wäre er dem Palast nicht entronnen. Er wußte den Weg nicht.
    Ob das nun das letzte Bild und die letzten Farben seien, die er wahrnehmen würde? fragte er sich, und ob im nächsten Raum auf seine Augen schon die glühende Klinge warte ? ,
    »Geht nach Hause, wenn ihr könnt!« rief er zurück.
    Es erfüllte ihn mit grimmiger Genugtuung, daß keiner von den vieren etwas von Zeia wisse, keiner von ihnen Wesentliches zu verraten vermöge. Nichts würde ihnen die Folter erpressen, höchstens Lügen, und die würden nur die Bekenner der Rhea verwirren und nicht die des Bak.
    Er hätte auch denken können, daß er gerächt werden würde; denn die Macht des Bak war nun groß im Lande der Kreter. Doch das alles versank vor dem andern Gedanken, daß Bak das Verderben des Minos beschlossen habe und daß alles zusammenbrechen werde, was ihn an Pracht umgebe, gleichviel, ob er nun dem glühenden Eisen entgegengehe oder dem Tode. Das war seine gewisse Zuversicht, aber er empfand dabei keine Genugtuung, und darüber wunderte er sich. Was verschlug es ihm, zu sehen, wie der Ros die Hand hob und die Kriegsmänner verschwanden. Er wußte ja und sollte wissen, daß sie hinter den verschlossenen Türen blieben, und für die geschlossenen taten sich andere auf. Durch sie kamen neue Gestalten zur Unterstützung der wenigen priesterlichen Eunuchen, die sich noch in seiner Umgebung befanden.
    An den Stricken in den Händen der Neuen erriet er deren Wesen. Es waren die Stummen des Palastes - ihrer Zungen beraubte Sklaven waren es, die nichts von ihrem Tun verraten konnten und nichts von dem, was sie gehört und gesehen. Ohne Zungen zwar, aber mit kräftigen Muskelsträngen an Armen und Beinen standen sie da.
    Es hätte ihrer nicht bedurft. Garp dachte an keinen Widerstand. Nicht die Drohung der Krieger und nicht die der Stummen ließ ihn verzichten, sondern sein schlechtes Gewissen vor Belit. Er stand da als einer zwischen zwei Rechten, die er beide bejahte und von denen er doch notwendig eines hatte verletzen müssen. Die Ruhe des Untergangs überkam ihn.
    Noch sah er die Priester dem Ros eine goldene Maske reichen. Sie war so gefertigt, daß sie das Haupt des Trägers völlig umfing.
    »Mit dieser Maske«, hörte er den Greis sprechen, »verschließe ich dem Manne Garparuda die Augen. Garparuda ist gewesen. Eingehe er zu Rhea, von der er kam.«
    Über Haupt und Gesicht legte sich ihm die Maske - nichts mehr sah Garp. Unsichtbar wurde sein Lächeln.
    Es war ein Lächeln des Triumphes und des erwachenden Trotzes. Eingehen zu Rhea? Niemals! Rhea teile sein Los
    - des sei er gewiß -, der Sieger sei Bak, und die Große Jägerin habe ihn, den Knaben vom Phasis, nicht bezwungen. Möge er blind sein . . ., blinder als blind sei die Göttin. Sie sehe nicht den Herrn, sehe nicht Bak, der gekommen sei, ihr den Fuß auf den Nacken zu setzen.
    Garp fühlte sich an den Armen gehalten, fühlte Hände an seinem Leib und das Herabgleiten seines Schmuckes, seiner Kleidung. Nun sei er nackt. Auch daß ihm ein pfauenblauer Mantel, der seine ganze Gestalt einhüllte, um die Schulter gelegt wurde, konnte er nur fühlen und nicht sehen. Alles ließ er geschehen. Nur als ihm der Ring des Bak abgestreift werden sollte, schloß er die Faust.
    »Laßt ihm den Ring!«
    Es war eine weibliche Stimme, die es befahl, und es deuchte Garp, als sei es die der Belit gewesen. Für einen letzten Gruß nahm er die Worte.
    Fest schritt er nun voran. Keine Schwäche wollte er zeigen, wenn er fiele. Vor dem Fallen jedoch kam ein Stehen, und stehengeblieben waren seine Begleiter.
    Aus der Höhe wehte eine feine und süße Stimme herab.
    »Siehe, da kommt der Stern«, sang die Stimme, »der Lichtbringer geht auf.«
    »Wir grüßen dich, Auge der Rhea«, fielen Frauenstimmen ein, »die dich uns sendet als unsern Herrn!«
    »Laß den Mut des Rheavolkes wachsen, Gottähnlicher du! Herr unserer Stadt!« brauste ein hundertstimmiger Chor. »Sterbliche Wiedergeburt des sterblichen Zeus!«
    Harfen setzten mit einem weichen Klang ein, als Garp «seinen Kopf ergriffen fühlte. Er hörte bohrendes Knirschen. Aber der Pfriem erreichte nicht seine Augen, sondern durchstieß nur das Goldblech. Und dann fand Garp sich im Tempel seiner Jugendweihe wieder.
    Dichtgedrängt füllten die Instrumentalisten der Göttin, Ministranten, Novizen, Priesterinnen und die gekrönten Herrinnen ihrer Kulte den Altarraum. Kaum fassen konnte er die Menge der

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