Aufstand der Maenner
von ihnen war allerdings die Beschäftigung zur Arbeit ausgeartet und zu einem Lebensinhalt geworden. Der Erfolg war dann auch gewesen, daß jetzt überall Männer in entscheidenden Positionen saßen.
Dagegen hätten die Damen auch nichts gehabt, wenn in den Söhnen und Brüdern nicht zugleich ein nie vernomme-nes Emanzipationsbestreben erwacht wäre, das - wie wenigstens die Damen behaupteten - ganz unmännlich sei und diese Halsstarrigen nur noch des letzten Restes von Charme beraube, den sie sonst vielleicht noch gehabt hätten.
Der Fall des Herrn Cheta war nicht der einzige in Knossos und nicht einmal der schwierigste; aber das machte ihn für Dame Arta und ihre Töchter nicht weniger mißlich. Arbeiten möge Cheta, ja solle er; denn er tue es mit offensichtlichem Erfolg. Jede der vier Damen des Familienrates hatte ihren persönlichen Aufwand allmählich auf eine staunenswerte Höhe gebracht. Ihre Verschwendung war berühmt von Sizilien bis Ägypten. Dem Hause Arta machte das nichts aus es gedieh in der allgemeinen Not. Herr Cheta hatte rechtzeitig auf Baisse spekuliert, und sein Waffengeschäft, das auch Aufständische zur Kundschaft zählte, war je dunkler, um so ertragreicher gewesen.
Dennoch blickten seine Richterinnen ziemlich ratlos auf ihn.
»Ich verstehe dich nicht, Cheta«, sagte Burla, die älteste Schwester, »so berauschend bist du nicht. Du solltest froh sein, wenn eine Dame wie unsere Freundin Adna dich überhaupt nimmt.«
»Von diesen Zirkusgeschichten war ich ja auch nicht entzückt«, meinte die Zweitälteste Dame, Nepht; »aber wenn die Mutter und wir darüber hinwegsehen, steht es dir nicht zu, dir darüber Gedanken zu machen. Wir wissen besser, was für dich gut ist.«
»Bis jetzt hat noch jede, die über deine Heirat mit uns sprach«, löste Burla ihre Schwester ab, »zuerst nach deiner Mitgift gefragt, die wir dir geben würden. Nur die Große Dame verlor kein Wort darüber. Einfach nobel war das, wenn man bedenkt, daß du auf dem besten Wege bist, ein sitzengebliebenes Mannsbild zu werden. Daß uns das peinlich sein muß - daran denkst du wohl nicht?«
»Ihr solltet nicht so über ihn herfallen«, sagte Sila, die jüngste, die sich auch noch nicht zur Ehe hatte entschließen können. »So sehr gut haben es eure Männer nicht bei euch, daß ihn deren Beispiel reizen könnte.«
»Was sagst du?!«
»Unerhört! Jeden Tag preist mein Mann die Beglückung, die ich ihm gewähre.«
Eine Weile noch tobte die Entrüstung, bis das erlauchte Haupt der Familie sich Ruhe ausbat.
»Du natürlich, Sila«, fügte sie dann hinzu, »hältst wieder einmal zu Cheta und bestärkst ihn in seiner Kurzsichtigkeit. Bei langen Haaren echt männlicher kurzer Verstand - das gilt auch von deinem Bruder. Du aber, mein Sohn, höre jetzt deine Mutter. Ob Dame Belit so nobel ist, wie deine Schwester behauptet, möchte ich bezweifeln. Gerade darum jedoch ist Belits Antrag höchst ehrenvoll, und er ist es für dich persönlich. Es hat Rhea gefallen, den Belit-Enkel fortzunehmen aus der Welt des Lichtes . . .«
»Man hat ihn geblendet«, bemerkte die Älteste mit großer Befriedigung.
»Sprich nicht über Dinge, die zu wissen dir nicht ziemen«, wies die Mutter sie zurecht.
»Aber ich sah, wie man ihn aus dem Palast führte«, kam Dame Nepht ihrer Schwester zu Hilfe. »Sie wissen doch selbst, teure Mutter, daß er in die Grube der Vergessenen kommt!«
»So vergiß, was vergessen werden soll.«
Dame Arta verdankte ihren Sitz im Kleinen Rat, dem höchsten und regierenden Magistrat von Knossos, der Größe und Bedeutung ihres Handelshauses, also im Grunde ihrem Sohne Cheta. Artas persönliche Eigenschaften hätten das nicht bewirkt. Mochte die Dame aber auch den Durchschnitt nicht überragen, so gab es doch Gesetze, sehr strenge sogar, die ihre Verschwiegenheit verbürgten. So wußten denn nicht einmal ihre Töchter, daß keineswegs Garp, sondern an seiner Stelle ein Sklave, der zu dessen Unglück einige Ähnlichkeit mit dem Edlen Herrn aufwies, geblendet und in die Grube geschickt worden war. Eine Augenbinde hatte dabei die Täuschung undurchdringlich gemacht. Dieses Sklaven gedachte Dame Arta jetzt und damit des Garp. Keiner kannte die Mitglieder des regierenden Thronrates, keiner, der nicht zu ihm gehörte. Das Volk wußte nur, daß ein solcher Rat bestehe, und fürchtete dessen Macht. Tuk wäre nicht er selbst gewesen, wenn er sich dadurch hätte abschrecken lassen. Angesichts der starken Bindungen
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