Aufstand der Maenner
Amaza verbinden? Sie sind meine Mütter und Schwestern; aber . . . ihre Wege sind nicht meine Wege . . .«
»Lieber lässest du deine Schwester entehren!«
»Höre, Adna, ich sprach von meinen Schwächen als Mann, doch dein Weiberhochmut ist auch nicht besser. Du fühlst dich also erniedrigt. Etwa vor mir? Und was wolltest du denn, als du zu mir in den Palast kamst?«
Wahrhaft rot wurde Adna bei dieser Frage.
»Oh, du bist böse!« rief sie. »Du weißt sehr genau, daß jenes ganz etwas anderes war.«
»Die Entsiegelung wolltest du«, ließ Garp sich nicht beirren, »und die ist dir geworden . . .«
»Schweig!«
». . . wenn auch nicht von mir. Und jetzt fühlst du dich geschändet, weil nicht du es warst, die den Mann zu sich befahl. Nach Rheas Gesetz bist du nun auf ewig von Thes geschieden, während dich von mir nichts trennt. Warum sollte ich das beklagen?«
»Nach Rheas Gesetz? Warum verhöhnst du mich? Was bedeutet dir schon Rhea?«
»Nichts.«
»Wie sollte sie! Du glaubst ja an Bak!«
»Ich glaube auch nicht an Bak.«
Alles andere als diese Antwort hatte Adna erwartet, und so konnte Garp fortfahren. »Du hieltest mich für tot«, sagte er, »und gewissermaßen hattest du recht. Unter den Trümmern des Labyrinths, aus denen mich meine Reiter hervorzogen, ist viel von mir zurückgeblieben . . . unter anderem auch Bak.«
»- unter anderem . . .! Kaum kann ich es noch glauben, daß es Leute gab, die dich für einen Gott hielten.«
»Ich auch nicht. Aber um die Wahrheit zu sagen: Sie lassen es sich noch immer nicht ausreden.«
»Weil du dich selbst dafür hältst - zum mindesten für einen Halbgott!«
»Du denkst daran, wie ich Bak anrief, als die Erde bebte, und ich ihn gegen Rhea hetzen wollte? Ich schäme mich dessen. Ich war einer, der sich im Dunkeln ängstigte und darum um so lauter sang.«
»Angst . . .?«
»Wir haben alle Angst, und die Götter sind der Ausdruck unserer Angst, zu der wir allen Grund haben. Die Götter sind unser Singen im Dunkeln.«
»Du glaubst nicht mehr an die Götter, Garp? An die Götter, die uns beschützen, belohnen, bestrafen?«
»Ich glaube an die Menschen, Adna. - Aber ebensowenig wie deren Dasein kann ich das der Götter bestreiten - die Wirkung beweist sie nur zu sehr. Die Menschen haben sie nach ihrem Bilde geschaffen, um ihnen die Verantwortung für alles aufzubürden, was sie selbst nicht verantworten können - und das wäre das Schlimmste nicht aber für das,
was sie nicht verantworten wollen. Erdbeben, Stürme, Gewitter sind nicht durch Gebete abzuwenden. Doch die Götter der Menschen sollen auch noch die Verantwortung für Krieg und Frieden, Gedeihen und Untergang übernehmen, was einzig die Sache der Menschen selbst und ihres guten oder bösen Willens ist.«
»Was nützen die Götter, wenn Gebete zu ihnen kein Erdbeben abwenden können und keine Springflut?«
»Glaubtest du, sie könnten es? Haben Gebete und Opfer -und was für Opfer! - Knossos gerettet? Es ist bezeichnend, daß du nach dem Nutzen der Götter wie ein Viehhalter nach dem Nutzen seiner Herde fragst. Aber du fragst richtig, Adna, und dies ist meine Antwort: Die Schafe geben Wolle und Fleisch, doch sie führen uns nicht in die Irre. Die Götter jedoch geben Trost, was ein großer Nutzen sein kann - nur verdunkeln sie dafür auch unsern Blick für das, was wir selbst zu tun haben, oder gaukeln uns etwas als heilsam vor, was wir ganz gewiß nicht tun sollten. Die größten Untaten geschehen seit je im Namen der Götter. Menschen bringen ihnen Menschen als Opfer dar, und sie sagen, es geschehe, um den Göttern wohlgefällig zu sein; aber in Wahrheit tun die Menschen es nur aus der Geilheit ihres eigenen grausamen Herzens.«
»Furchtbar bist du«, schrie Adna. »Oh, Garp, du bist furchtbar . . .«
»Die Wahrheit ist immer furchtbar. Wie weit Belit mit den Göttern gekommen ist, weißt du. Für sie war der Weg mit Knossos zu Ende. Für uns ist er es nicht, wenn du es dachtest, als du dich niederlegtest, um zu sterben. Ich rate dir: öffne die Augen, daß du sehest, ob ein neuer Weg sich dir auftue.«
»Ein neuer Weg . . .?«
»Jeder Weg ist einmal zu Ende gegangen, und dann gilt es, den neuen zu finden. Den Göttern vertrauen? Warum soll der Mensch den Göttern vertrauen, die seine Geschöpfe sind, und warum nicht lieber sich selbst, der die Götter schuf? Schau dir das Meer an. Es weiß nichts von sich. Es wird bewegt, und keiner seiner Äußerungen liegt eine Absicht zugrunde: der
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