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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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festgelegt werden, und so gebot es die Stunde, daß der Geweissagte sich mit seinem Gott besprach. Was geschehen würde, durfte nicht Menschenwerk sein. Die meisten fühlten erschauernd die Nähe des Gottes. Man dachte an Tuk, der doch einer der Ihren gewesen war. Dessen Opfer war mißglückt. Aber hatte ihn nicht ein schändlicher Barbar erschlagen, ein Knecht fremder, feindlicher Götter!
    Niemand dachte daran, daß alle diese Zurüstungen ohne Garps Zutun getroffen worden waren, obwohl er doch sonst bei allem den Befehl führte. Wie die Bienen ihre Waben bauen, war alles nach einem unabänderlichen Gesetz geschehen, vor dem die Frauen zitterten.
    Was würde der Gott gebieten? Oder war das Opfer des Tuk bereits gültig, wenn es auch unterbrochen worden war? Würde eine von ihnen zur Versöhnung des Männergottes das Opfer sein und auf den Altar gebunden werden wie damals die Enkelin der Belit?
    Zum zweitenmal ertönten die Luren.
    »Sprich nicht zu ihnen, wie du zu mir sprachst«, bat Adna. »Sie zerreißen dich, wenn du ihnen den Glauben an deine Göttlichkeit nimmst.«
    »Ich soll sie belügen?«
    »Vergiß nicht: Sie sind nicht nur Sonnenkinder - sie sind auch Erdenkinder.«
    »Gibst du mir deine Worte zurück?«
    »Dazu bin ich da. Denn ich bin du. Und doch wankte auch ich unter der Wucht deiner Wahrheit. Wie sollten sie sie ertragen?«
    Garp dachte nach.
    »Heilsame Lügen . . .?« fragte er, ohne der Versuchung gewahr zu werden, in die ihn das Weib verstrickte.
    »Du kannst bei ihnen alles erreichen, wenn du sie gebrauchst.«
    »Vielleicht manches . . .«
    »Auch das ist viel, mein Garp.«
    Garp sah Adna an. Mit einem Gesicht ewiger Unschuld stand sie vor ihm. Er liebte sie.
    »Nimm den Krug auf deine linke Schulter«, gebot er, »und geh neben mir. Aber vergiß nicht, daß ich unser beider Leben einsetze - auch deins. Noch kannst du bleiben. Noch sahen sie dich nicht.«
    »Wir gehen«, sagte Adna und nahm den Krug.
    Mit dem dritten Schmettern der Luren erschienen Garp und Adna auf dem Felsen über dem Altar.
    Einen Augenblick hörte man nur das Rauschen der Brandung. Dann erhob sich eine Wolke vom Geschrei der Verzückten zu ihnen.
    »Ein Wunder - ein Wunder - das Opfer -- der Gott brachte das Opfer zurück - es ist Adna, die Enkelin der Belit!«
    Adna bebte, aber sie zeigte es nicht. Sie hatte sich niedergelegt, um zu sterben, und nun würde sie sterben.
    »Hast du etwas anderes erwartet?« fragte sie.
    »Ja«, sagte er.
    Menschen lösten sich aus dem Kreis der Harrenden und drangen herauf. »Auf den Altar mit ihr! Hin zum Altar! Der Gott will sein Opfer!« riefen sie.
    Garp blickte in Adnas unbewegtes Gesicht. Er legte in Gedanken die Menschen da unten in eine Schale und dieses Gesicht in die andere, und abwägend dünkte es ihn, das Gesicht wiege schwerer. - Diesen Menschen die Wahrheit? Niemand wolle sie. Die Menschen brauchen die Lüge, den Traum, und der Wissende habe höchstens darauf zu achten, daß gute Träume geträumt werden. Würde er noch die Macht dazu haben, fragte er sich. - Er hob die Hand. Er hatte noch die Macht. Alles blieb stehen. Alle lauschten. »So spricht der Herr, euer Gott: Kein Menschenblut besudele je meine Altäre. Statt eines Mädchens bringt mir den Wein. In meinen Strahlen ist er erglüht - als Dankopfer besprengt mit ihm meinen Stein. - Dann zündet die Feuer an und beginnet das Fest.«
    Als Adna jetzt den Krug hinuntertrug, war sie in ihrem Innern wie von Stürmen geschüttelt, und mit aufrichtiger Andacht goß sie den Wein auf den Altar.
    »Adna!« riefen dieselben Menschen, die noch eben ihren Opfertod verlangt hatten-. »Gottgesandte! Wiedergeborene des Bak! Heilige Adna! Ariadna!«
    Voll Mitleid und sehr schuldig fühlte sich Adna beim Anblick des Kummers auf Garps Gesicht. Sie selbst konnte nicht traurig sein über den Stolz der Menschen auf die königlichen Geschwistergatten. Das gottgeweihte Herrscherpaar war ihnen in ihrem schweren Beginnen ein zu großer Trost.
    »Garp«, bat Adna leise, »sei gnädig. Deine Wahrheit ist furchtbar. Auch für mich. Auch ich brauche einen Gott, und der bist du.«
    Ein Lächeln erlöste seine Züge. Denn nun begriff er, daß sie sich nie ihres Wunsches begeben würde, ihm ihr weibliches Joch aufzulegen. Er legte seinen Arm um sie.
    »Laß uns unsern gemeinsamen Willen suchen«, sagte er, »und laß uns leben nach unserm Willen und unserer menschlichen Einsicht - doch einst, Adna, werden die Menschen unsere Welt

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