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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Erliegen mit Gold und Juwelen bepackt und mußten so das ganze feindliche Südamerika vom Stillen bis zum Atlantischen Ozean durchqueren. Es gelang ihnen. Und hat auch kein Dichter diese Unternehmungen besungen, das eine hat Lussans Tatsachenbericht wenigstens für sich: der Chevalier war mit dabei.
    Puna heißt die Insel, auf der sich die Geschichte begeben hat. Diese Insel liegt dicht unter Land und beherrscht Fluß, Stadt und Bucht von Guayaquil an der Küste des heutigen Ekuador, im Westen die Weite des größten Ozeans, im Osten die blitzende Mauer der Kordilleren.
    Die Flibustier hatten heiße Arbeit gehabt. Einige hundert Mann stark, waren sie elf Stunden gegen eine zwölffache, festverschanzte Übermacht angerannt, bis sie endlich die Stadt hatten nehmen können.
    Die Engländer waren den fliehenden Spaniern auf den Fersen geblieben, die Franzosen hatten in der Kathedrale ein Tedeum angestimmt.
    Dann aber hatten sich beide Konfessionen wieder vereinigt und waren mit fünfhundert gefangenen Geiseln - den vornehmsten und würdigsten Männern und den hübschesten und jüngsten Frauen - nach Puna gezogen. Dort wollten sie warten, daß Stadt und Menschen sich mit einer Million
    Piaster von ihnen lösten, und da sie von Guayaquil aus täglich mit reichlichen Lebensmitteln und anregenden Getränken bei guter Laune gehalten wurden, warteten sie gern.
    Denn Seeräuber oder nicht, man verstand zu leben.
    Das fanden sogar die gefangenen Spanier. Das meinten erst recht ihre spanischen Damen. Übermenschliche Ungeheuer sollten diese Flibustier sein, und nun sahen die Senoritas, daß es sich ganz einfach um tapfere Männer handele, und mit Männern und lustigen Kameraden getrauten sie sich allemal fertig zu werden. Diese Herren ließen nichts anbrennen. Darum hatten sie sich auch vorsorglich mitgenommen, was nur an Musikanten in Guayaquil gewesen war, und so scholl es bis tief in die Nacht von Gitarren, Harfen, Theorben über das Wasser. Spanier und Flibustier, Geisel und Sieger man würfelte, tanzte und lachte zusammen.
    Die Damen aber waren der ängstlichen spanischen Sittsamkeit ledig und zechten mit.
    Was auf Puna geschah, galt nicht; es geschah zum Besten der Stadt und für die Unversehrtheit der Kirchen, und manch eine ließ sich einem der Sieger gegenüber nicht grausam finden. Ganz ohne Gewaltsamkeit. Die Kapitulation wurde ehrlich von den Räubern gehalten. Doch ein wochenlanges, verführerisches Picknick war dies Freibeuterlager auf Puna.
    Und dann wurde der Betrug auf einmal offenkundig.
    Ohne jede Rücksicht auf die Geiseln hatten die Leute in Guayaquil vor, die Freibeuter so lange hinzuhalten, bis man mit neuen Truppen den Kampf gegen sie wieder aufnehmen könne.
    Da konnte denn freilich keine Verbrüderung helfen. Die männlichen Geiseln wurden also abseits von den Frauen zusammengerufen, um zu losen, wer von ihnen zur Mahnung für das treubrüchige Guayaquil sterben solle.
    Einer der wenigen jüngeren spanischen Geiseln war der Gouverneursohn Don Miguel de Varana. Sanft und voll adeliger Haltung zog er sein Todeslos und schickte sich bereits an, seinen Nacken zu entblößen - als Dona Ines dazwischentrat.
    Niemand fragte, woher die Dame haben wissen können, was vorgehe. Kein Mensch fragte sie überhaupt etwas. Stumm und bleich stand sie im fast ehrerbietigen Schweigen der Männer. Denn sie war keine von den Leichtfertigen, sie war nicht nur bei den Ursulinerinnen in Quito, wo eine Verwandte von ihr Äbtissin war, sorgfältig erzogen worden, sie hatte ihrer Würde auch unter den Flibustiern keinen Augenblick etwas vergeben, und so war es, als denke jeder von den fremden Räubern an eine Schwester oder Mutter daheim, wie Donna Ines so dastand als einzige Frau unter den vielen Männern.
    Vor Frauenohren hätte sie ihren Vorschlag auch gar nicht machen können. Zu sehr neideten ihr die spanischen Damen ihre unantastbare Tugend, ihre kastilische Herkunft und überhaupt ihre Jugend. Mit ihren rotblonden Haaren und tiefblauen Augen, die oft, so wie jetzt, ins Grünliche spielten, war sie auch wirklich bildhübsch anzusehen.
    Obwohl sie sich nun in dem weiten Reifrock ihres schwarzen Seidenkleides, in der breiten und weißen, goldbesetzten Halskrause bereits wie in einer starren Festung befand, sah sie obendrein noch an Don Miguel vorbei. Und doch war ihre Familie mit der des Don eng befreundet, und sie hatte den jungen Mann schon als kleines Mädchen so trefflich tyrannisiert, daß jedermann eine künftige Heirat

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