Aufstand der Maenner
allerschlimmste!
»Madame«, sagte er, »Sie wissen, daß es Ihretwegen Streit gegeben hat?«
Selbstverständlich wußte sie es, auch daß er ihretwegen sich zu einem gefährlichen Gang anschicke, zu einem der vielen gefährlichen Gänge, die dieser Mann zu tun gewohnt sei. Immerhin, van Horn war als Fechter nicht zu unterschätzen.
»Es hätte keinen Sinn gehabt«, fuhr er fort, »wenn ich Sie in Verakruz hätte lassen wollen, Sie wären nur auf die>Fortuna< gekommen, auf das Admiralsschiff des Herrn van Horn. Aber jetzt geht die See ruhig genug, und in zwei Stunden ist es dunkel. Sie müssen sich nur von der Galerie zu Martin ter Muilen in das Boot da hinunterlassen und zu Abram, den ich zu diesem Zweck gekauft habe; Wasser und Mundvorrat finden Sie vor.«
Er wandte sich voll zu der Frau, die er nie Wiedersehen würde, und nun war doch etwas in seiner Stimme von jener Leidenschaft, die sie beide einst »ewig« genannt hatten.
»Es ist bei dem Ostwind nicht so gefährlich, wenn das Boot auch klein ist, und ich kann nur sagen: Habe Vertrauen zu ter Muilen, ich weiß in ganz .Neuspanien keinen besseren
Mann, dich nach Haus zu bringen. Anna - « Er wollte zu ihr treten, doch in diesem Augenblick wurde an die Tür gepocht. »Jawohl, ich komme!« rief er.
Es war höchste Zeit. Männerwerk duldete keinen Aufschub, und der Kapitän von de Graffs Galione nahm sich die Freiheit, zu öffnen.
»Leben Sie wohl, Madame«, sagte der Konteradmiral und hörte nicht mehr, wie sich die Frau schluchzend und fausthämmernd gegen die Tür warf.
De Graff stieg an Deck wie jemand, der eine schwere Sache glücklich hinter sich hat, stieg ins tropische Licht, in kriegerischen Lärm und Gepränge.
Die beiden Führerschiffe lagen sich gegenüber, das des Expeditionsunternehmers van Horn und das seines Schautbynacht de Graff. An den Masten flaggten die weißen Lilienbanner Ludwig des Vierzehnten von Frankreich; denn es war alles in Ordnung bei diesem Geschäft, man hatte vollgültige Kaperbriefe des königlichen Gouverneurs von Tortuga an Bord.
Laurens de Graff stieg mit einem Gefolge von Kapitänen seines Geschwaders in die Schaluppe und nahm im Stern auf lang nachschleifender Purpurdecke seinen Platz. Bei der ruhigen See war es ein Katzensprung bis zur »Fortuna<, wo Trompetengeschmetter die Gäste begrüßte.
Das Mitteldeck des Admiralsschiffs sollte der Kampfplatz sein. Kaum hatte Laurens es von der Back her betreten, blieb er auch schon wie angenagelt stehen: Von achtern war nämlich im gleichen Augenblick Herr van Horn erschienen, Freibeuterunternehmer im großen und nebenbei der reichste Mann in Westindien.
Daß er reich war, ließ er auch sehen. Seine zweimal weit um den Hals geschlungene Schnur von Orientperlen erlesener Größe und sein fast walnußgroßer Rubin am Finger waren auch ohne die allzu farbenfreudige Kleidung mehr als ein Kriegsschiff wert. Seine beiden Pistolen hingen ihm wie seinem Schautbynacht am breiten, juwelengeschmückten Seidenband von der Schulter, und sein Schwert hatte trotz der Spanierfeindschäft des van Horn eine Klinge aus der Werkstatt des Meisters Gambos von Toledo; denn trotz allem Prunk waren Schwert und Pistolen Gegenstände seines täglichen Gebrauchs. Dieser van Horn aus Ostende schonte nämlich niemand, am wenigsten denjenigen seiner Leute, der während des Gefechts Furcht zeigte, wie er den verwegenen Untergebenen dafür auch um so verschwenderischer beschenkte.
Er war gescheit genug, nicht geizig zu sein, wenn es ihn auch sauer genug angekommen war, als einfacher Matrose einst die paar hundert Piaster zusammenzuscharren, die er gebraucht hatte, um in Frankreich einen Kaperbrief erstehen und die kleine Fischerbarke ausrüsten zu können, in der er ohne eine Kanone und mit nur fünfundzwanzig Mann, aber mit unwiderstehlichem Mut gegen die Holländer ausgefahren war. Bald allerdings hatte er so viel Schiffe genommen, daß er eine ganze, gut bestückte Kaperflotte aufstellen konnte, und er wäre wohl noch jetzt in Europa für Frankreich und gegen die Holländer auf Fahrt, hätten nicht einige kleine Meinungsverschiedenheiten mit dem französischen Marinedepartement ihn bewogen, sich nach Westindien zu wenden. Denn in dieser Welt der Freien nahm man wohl die Kaperbriefe König Ludwigs, aber nicht seine Befehle und schon gar nicht seine Verhaftungsbefehle entgegen.
Breitbeinig, vierschrötig und graublond stand van Horn jetzt da, immer noch Manns genug, daß es zwischen ihm und de Graff
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