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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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zwischen den beiden selbstverständlich erschienen war. Ihr selbst übrigens auch.
    Und nun sah sie an dem zum Tod Erlosten vorüber.
    Denn dies war der Vorschlag der Donna Ines de San Juan de la Almudena y del Corro de la Virgen an die Gemeinde der Flibustier vor Guayaquil: wenn schon gelost werden müsse, möchten die Herren Flibustier - sagte die Dame - das Los über sie selbst werfen und sie dem Gewinner überliefern. Ein solches Verfahren sei ebensogut eine Drohung gegen Guayaquil. Dafür aber möge Don Miguel frei ausgehen.
    Das lasse sich hören! war bei den Flibustiern die Meinung.
    Jeder der Herren Raubbrüder durfte bei dem Vorschlag den Gewinn für sich selbst erhoffen, und schließlich hatte auch mancher den bescheidenen und verständigen Don Miguel gern gewonnen.
    Der aber war gar nicht mehr verständig, er begehrte den Tod und tobte so lange, daß die Ehre der Donna Ines mehr wert sei als sein Leben, bis man ihn gebunden ins Boot und in die Freiheit schleppen mußte.
    Warum aber die Dame schwach wurde, als John Myers sie zuletzt seinen Kameraden abgewann, vermochte niemand zu sagen.
    Sie hätte es schlimmer treffen können.
    Johnny war der jüngere Sohn eines Freisassen in Kent, in dessen Familie nach altem Brauch der Älteste den Bauernhof erbte. Knecht seines Bruders mochte Johnny aber nicht werden, und so war er zur See und schließlich zu den Flibustiern gegangen. Ein breitschulteriger Bursche, der mit einer Handspake umzugehen verstand, sein aschblondes Haar wie ausgelaugt von Sonne und Wind, seine Augen von der Farbe der Nordsee, über die seine Vorfahren einst gekommen waren. Einstimmig hatte man ihn an Stelle eines Gefallenen vor einigen Tagen zum Käppen gewählt. Dazu wog er mit fünfunddreißig Jahren in den Stiefeln gut seine hundertneunzig Pfund.
    Und angesichts solcher Vorzüge wurde ein Mädchen ohnmächtig?
    Die Flibustier verstanden es nicht. Ob sie sich wohl zu eng geschnürt hatte?
    Nur die Franzosen waren nicht gewiß, ob es die Dame nicht vielleicht übermannt habe, weil Käppen Myers ketzerisch sei? Doch darauf hatte das Los nun einmal keinerlei Rücksicht genommen.
    So halfen denn alle Konfessionen mit gleichem Eifer und zur höheren Ehre der Bruderschaft an der Errichtung eines fürstlichen Zeltes für John Myers und seine Lagerbraut.
    Als Donna Ines aus ihrer Ohnmacht erwachte, fand sie sich auf seidenen Kissen; wo sie auch hinsah, traf ihr Blick kostbare Teppiche, goldene Altarleuchter, perlenbesäte Monstranzen - und sie begriff den Sinn dieser hochzeitlichen Anstalten.
    Von ihren achtzehn Jahren - so alt war Donna Ines geworden - konnte man nun unmöglich in so außergewöhnlichen Umständen eigene Entschlüsse verlangen.

Donna Ines brauchte auch keine, weil sie eine Erziehung genossen hatte.
    Daß ein Mädchen aus vornehmem Haus ihre Ehre nicht überlebe, stand demnach fest.
    Alles andere hatte sie wohl überlegt. Hätte sie ihren Kopf für den des Don Miguel angeboten, wäre er zurückgewiesen worden. Nun aber nestelte sie an ihrem Mieder und war sich vollkommen klar darüber, daß die Heiligen ihr vergeben würden.
    Nicht sie selbst bringe sich um, war sie überzeugt, das tue vielmehr dieser blonde Ketzer, der sie gewonnen habe.
    Und da zückte sie auch schon das verborgene Dolchmesser gegen die eigene Brust.
    »Hoppla«, sagte John Myers, der die ganze Zeit unbemerkt hinter ihr gestanden hatte, »wie leicht hätte das schiefgehen können«, während er die Schneide fachmännisch prüfte und in seinem besten Spanisch fortfuhr, daß solcherart Gegenstände nichts für kleine Mädchen seien.
    Mit einem einzigen Griff hatte dieser gottlose Mensch Donna Ines heiliges Märtyrertum zuschanden gemacht. Was anderes sei auch von so einem nicht zu erwarten gewesen, war sie überzeugt.
    »Lassen Sie mich sterben, Senor, oder ich werde Sie töten!«
    Es war ihr vollkommen ernst mit ihren Worten. Doch John Myers steckte nur höchst gelassen das Messer in die Hosentasche, womit er einzig erreichte, daß sie ihm ihren Abscheu und ihre Verachtung nunmehr hochmütig ins Gesicht schleuderte.
    Johnny schwitzte Blut und Wasser.
    Auf Unterhaltungen mit Damen, die umgebracht zu werden wünschen, war er nicht eingerichtet.
    Aber tot schlug er sie doch nicht, weil Totschlagen nun einmal nicht die eigentliche Art seines Umgangs mit Mädchen war.
    Als sie dann jedoch damit herausrückte, daß sie verräterische Verbindungen mit dem Festland angeknüpft habe, und als sie ihn bereits als

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