Aufzeichnungen eines Außenseiters
rannten.
Am folgenden Sonntag sprach der Pfarrer von »verworfenen Trunkenbolden, die Sünde und Schande über unsere Gemeinde bringen«. Maggy saß als einzige nicht hinter Schloß und Riegel. Sie war sehr fromm. Sie saß in der ersten Reihe und schlug ihre Beine in der bekannten Weise übereinander. Der Pfarrer konnte nicht umhin, ihr unter den Rock zu sehen, und unter seiner Soutane begann sich etwa s zu regen. Glücklicherweise wurde der betreffende Teil seiner Anatomie durch die Kanzel abgeschirmt. Er zwang sich dazu, während er weiterpredigte, aus dem Fenster zu sehen, bis sich das Ding unter seiner Hose wieder legte.
Harry verlor seine Stellung. Henry verkaufte das Haus. Der Pfarrer stieg mit Maggy ins Bett. Shirley heiratete einen Typ, der Fernseher reparierte. Harry saß in seinem Hinterhof und starrte die leeren Käfige an. Die Vögel verhungerten auf den Straßen und gingen reihenweise ein. Jedesmal, wenn er wieder einen toten Vogel entdeckte, nahm Harry seine Frau in die Mangel. Henry verspielte und versoff das Geld, das er für das Haus bekommen hatte.
Mit Vornamen heiße ich Henry. (Charles ist mein zweiter Vorname.) Beim Tod meiner Mutter gab es keine Komplikationen. Nettes katholisches Begräbnis. Weihrauch und so. Und der Sarg blieb zu. Als mein Alter starb, ging es nicht so ein fach ab. Der Sarg blieb offen, und die Geliebte meines Alten warf sich darüber, und den Rest der Geschichte kennen Sie. P. S. Wenn du einen Vogel pimpern willst, mußt du ihn erst mal fangen.
Vor Jahren war ich mal mit einer aus Texas verheiratet, die eine Erbschaft von einer Million in Aussicht hatte, man mußte nur warten, bis der Alte unter der Erde war. Aber in Texas ist die Luft nicht so verpestet wie hier, und die Leute leben gesund und rennen beim kleinsten Kratzer zum Arzt. . . Sie war eine Nymphomanin, und mit ihrem Halswirbel stimmte was nicht ganz, und um es kurz zu machen — was uns zu sammenbrachte, waren meine Gedichte. Sie hielt mich für den größten Dichter seit Blake. Oder was weiß ich. Damals wußte ich noch nichts von der Million. Ich saß in meinem Zimmer am N. Kingsley Drive, frisch aus dem Krankenhaus entlassen nach einem Blutsturz und einer Magenoperation, und nachdem sie mir neun Flaschen Blut und Glukose verabreicht hatten, eröffneten sie mir: »Noch ein Drink, und der Bart ist ab.« So redet man einfach nicht mit einem Selbstmordkandidaten.
Ich saß also in meiner Bude, umgeben von leeren und vollen Bierdosen, schrieb Gedichte, paffte billige Zigarren, war ziemlich blaß und schwach und wartete darauf, daß mir die Decke auf den Kopf fiel. Inzwischen begannen ihre Briefe einzu treffen. Ich schrieb zurück. Nachdem sie ausgiebig von meinen Gedichten geschwärmt hatte, schickte sie ein paar eigene mit (sie waren nicht mal so schlecht), und dann kam immer wieder die gleiche Tour: »Ich werde nie einen Mann kriegen. Es liegt an meinem Hals. Ich kann den Kopf nicht drehen.« Ständig das gleiche Lamento: »Mich wird nie einer heiraten, ich werd nie einen Mann kriegen, mich wird keiner heiraten.« Schließlich, eines Abends, platzte mir der Kragen. Ich setzte mich hin, in meinem volltrunkenen Unverstand, und schrieb ihr: »Um Gottes willen, hör auf zu jammern! Ich werd dich heiraten!« Ich steckte den Brief in den Kasten und vergaß die ganze Geschichte. Nur sie vergaß es nicht. Ich hatte Fotos von ihr bekommen, die mir sehr gut gefielen, und auf diesen Brief hin trafen plötzlich Fotos ein, die gar nicht mehr so schön waren. Ich starrte die Fotos an und kriegte es langsam mit der Angst zu tun. Ich fiel mitten im Zimmer auf die Knie und sagte: »Ich bin bereit, mich zu opfern. Wenn ich in meinem Leben nur einen einzigen Menschen glücklich machen kann, dann ist dieses Leben nicht umsonst gewesen.« Shit, ich mußte mir einfach irgendeinen Balsam auf die Seele gießen. Well, sie kam also aus Texas angereist. Mit dem Bus. Papa und Mama wußten von nichts, selbst Opa war ahnungslos. Sie machten irgendwo Ferien. Mehr als ein bißchen Kleingeld hatten sie ihr anscheinend nicht dagelassen. Ich wartete auf sie an der Bushaltestelle. Ich wartete auf eine Frau, die ich heiraten sollte, ohne sie jemals gesehen zu haben. Ich hatte wirklich die Motten. Der Bus kam an.
Ich seh mir die Leute an, die aussteigen, und da kommt diese blonde Schönheit raus, richtig sexy, mit Stöckelschuhen, wippender Gang und so, dufter Hintern und alles, und JUNG , Menschenskind, höchstens 23, und das mit dem Hals schien gar
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