Aufzeichnungen eines Außenseiters
Laut, keine Bewegung. Schließlich beschloß ich zu schlafen und den Morgen abzuwarten. Am nächsten Morgen wachten wir auf, und keiner erwähnte etwas. Dann kam jemand vorbei und wir legten zusammen für eine Flasche Wein.
Und er machte keine Anstalten zu gehen. Nach ein paar Tagen fingen die Girls an, mir komische Blicke zuzuwerfen. Zwei Wochen, drei Wochen gingen vorbei, und er war noch immer da.
Es stellte sich auch heraus, daß er nicht gerade einen Reinlichkeitsfimmel hatte. Eines Abends — ich hatte den ganzen Tag Kisten mit tiefgefrorenem Fisch abgeladen — kam ich angekrochen, die Hände blutig und zerschrammt und einen Fuß, auf den mir eine Kiste gefallen war, leicht angeknackst. Wieder war eine Party im Gang — was mich nicht störte, ich hab es immer gern, wenn ein paar volle Flaschen auf dem Tisch stehen —, nur mußte ich feststellen, daß es in der Küche verheerend aussah; sie hatten meine ganzen Konserven aufgebraucht, sämtliche Gläser, Teller und Bestecke waren dreckig, und alles lag im Ausguß in einer stinkenden trüben Brühe, und der Ausguß war verstopft; sie hatten auch meinen ganzen Vorrat an Papiertellern aufgebraucht, die jetzt in dicken aufgequollenen Klumpen im Ausguß lagen, und zu alledem hatte auch noch jemand in den Ausguß gekotzt. Und als ich das sah, griff ich mir das nächste volle Glas, kippte es runter, schmiß das Glas an die Wand und brüllte: » JETZT REICHT ES MIR ! ALLE
MANN RAUS! UND ZWAR SOFORT!«
Sie machten sich dünne, einer nach dem anderen, all die Nutten und Schnorrer — alle bis auf Baldy M. Er blieb einfach auf dem Bettrand sitzen, sah mich verständnislos an und sagte: »Hank, Hank, was is denn? Was is denn los, Hank?« » HALTS Maul oder ich schlag dich k. o.!« Ich ging ans Telefon, suchte die Nummer seiner Mutter heraus und rief sie an. Er war einer von diesen Trotteln mit überdurchschnittlichem Intelligenzquotienten, die ständig bei ihrer Mutter wohnen.
»Hören Sie, Mrs. M., hier ist Hank. Kommen Sie rüber und holen Sie Ihren Filius ab.«
»Ah, also bei IHNEN hat er die ganze Zeit gesteckt. Ich hab mirs halb gedacht, aber ich wußte Ihre Adresse nicht. Wir haben schon eine Vermißtenanzeige erstattet. Sie sind ein schlechter Umgang für ihn, Hank. Warum können Sie meinen Jungen nicht in Ruhe lassen?« (Ihr >Junge< war 32 Jahre alt.) »Ich werd mir Mühe geben, Mrs. M. Inzwischen wäre es vielleicht gut, wenn Sie ihn abholen.«
»Ich kann einfach nicht verstehen, weshalb er diesmal so LANGE geblieben ist. Gewöhnlich kommt er nach ein oder zwei Tagen wieder nach Hause.«
»Ja. Und jetzt holen Sie ihn bitte ab.«
Ich gab ihr meine Adresse und ging wieder zu meinem Sorgenkind zurück.
»Deine Mutter kommt vorbei und holt dich ab.«
»Ich will aber nicht gehen! Nein! Hank, ist noch Wein da? Ich muß was trinken, Hank.«
Ich schenkte ihm ein Glas ein. »Ich will nicht gehen«, sagte er. »Jetzt hör mir mal zu. Ich hab dir x-mal gesagt, du sollst verschwinden. Aber es hat nichts genützt. Ich hatte nur die Wahl, dich entweder windelweich zu schlagen und mit Gewalt rauszuschmeißen, oder deine Mutter anzurufen. Ich hab mich für den zweiten Weg entschieden.«
»Aber ich bin doch ein erwachsener MANN ! Ich bin ein MANN , kannst du das nicht sehen? ICH WAR IN CHINA IM KRIEG ! ICH
HAB DIE CHINESISCHEN TRUPPEN DURCH DICK UND DÜNN G EFÜHRT! ICH HAB MICH IN AUGENBLICKEN HÖCHSTER GEFAHR ALS LEUTNANT IN DER AMERIKANISCHEN INFANTERIE BEWÄHRT!«
Es stimmte. Und er war sogar in Ehren aus der Army entlassen worden. Ich goß jedem von uns ein Glas ein. »Auf den China-Feldzug!« toastete ich.
»Auf den China-Feldzug!« sagte er.
Wir tranken aus.
Dann fing er wieder an. »Ich bin ein MANN ! Verdammt nochmal, ist dir nicht klar, daß ich ein MANN bin! Begreifst du nicht: ICH BIN EIN MANN !«
15 Minuten später kam sie an. Sie sagte nur ein Wort: » WIL - LIAM !«
Dann ging sie rüber ans Bett und packte ihn beim Ohr. Sie war eine gebeugte alte Lady, bestimmt über die 60. Sie packte ihn am Ohr, zog ihn hoch und zerrte ihn, ohne sein Ohr loszulassen, durch den Flur, hinaus zum Fahrstuhl, drückte auf den Knopf, und während er wimmerte und sich wand, bugsierte sie ihn in den Fahrstuhl; der Fahrstuhl fuhr abwärts und ich hörte ihn wieder schreien: ICH BIN EIN MANN , ICH BIN EIN MANN !
Ich ging ans Fenster und sah zu, wie sie ihn am Ohr zum Auto zerrte, ihn reinstieß, auf die andere Seite herumging und einstieg, und dann sah ich meine einzige Nummer a tergo
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