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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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schließen. Bist du fertig?«
Ich hielt ihr die Tür auf. Ich stand da in meinen Unterhosen und mit meinem Glas Wein in der Hand und wartete. »Komm, komm, mach schon. Ich will mich hier nicht erkälten. Bringen wirs hinter uns. Hm?« Es paßte ihr gar nicht. Sie ging durch die Tür, blieb stehen und drehte sich nach mir um. »Na los, zisch ab. Vielleicht kannst du dem Zeitungsjungen, dem der rechte Daumen fehlt, du weißt schon, der mit der vernarbten Visage, vielleicht kannst du dem für 5 Mark deine Syph-Spritze andrehen. Toodle-uuh, Schätzchen.« Ich machte Anstalten, die Tür zu schließen, und sie packte ihre Handtasche mit beiden Händen und hob sie hoch über den Kopf. »Du ELENDES Dreckstück!« Ich sah die Handtasche niedersausen und blieb einfach stehen, mit einem kleinen, un-. gerührten Lächeln auf den Lippen. Ich hatte etliche Schlägereien mit ziemlich harten Burschen überstanden, und eine Frau mit Handtasche war das letzte, wovor ich mich fürchtete. Das Ding sauste auf mich herunter. Ich spürte es. Sehr sogar. Sie hatte eine ganze Reihe Cremepötte aus Porzellan, anscheinend waren die alle da drin. Das Ding traf mich wie ein Fels brocken.
»Baby«, sagte ich. Ich hatte immer noch den Türknauf in der Hand und mein stilles Lächeln im Gesicht, aber ich konnte mich nicht bewegen, ich war wie gelähmt.
Wieder sauste die Handtasche nieder. »Hör zu, Baby . . .« Und wieder.
»Oh, Baby . . .«
Meine Beine gaben nach. Und während ich langsam in die Knie ging, hatte sie oben mehr Platz zum Ausholen, und jetzt kam sie erst richtig in Fahrt, schneller und wütender kamen ihre Schläge, als wollte sie mir den Schädel knacken. Das war der dritte K. O. in meiner bewegten Karriere, aber der erste, der mir von einer Frau beigebracht wurde. Als ich wieder zu mir kam, war die Tür zu und ich war allein. Ich sah Blut auf dem Boden. Glücklicherweise hatte ich Linoleum in der ganzen Wohnung. Ich rappelte mich auf, watschte durch das Zeug und steuerte die Küche an, wo ich für besondere Anlässe eine Flasche Whisky verwahrte. Dies war ein besonderer Anlaß. Ich köpfte die Flasche, und bevor ich mir ein Glas einschenkte, goß ich mir eine Portion auf den Skalp. Dann kippte ich das Glas in einem Zug. Das elende Weibsstück hatte versucht, mich UMZUBRINGEN ! Unglaublich! Für einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, sie wegen versuchten Totschlags anzuzeigen. Aber es war zu riskant. Wahrscheinlich hätten mich die Bullen gleich mit eingebuchtet. Wer weiß, vielleicht hätten sie sich das Schauspiel nicht entgehen lassen, mich mit ihr zusammen in eine Zelle zu sperren!
Das Apartment lag im vierten Stock. Ich zwitscherte noch einen Whisky und ging zum Schrank. Ich griff mir ihre Kleider, Schuhe, Hosen, Schlüpfer, BHs, Slipper, Strumpfgürtel, den ganzen Mist, und schichtete es am Fenster auf. »Das verdammte Hurenstück hat versucht, mich zu killen . . .« Neben dem Haus war eine Baugrube. Ich warf das Zeug aus dem Fenster. Ich warf es wild durch die Gegend. Die Fähnchen landeten auf den Hecken, auf den Bäumen, auf dem Bauzaun, oder flogen einfach in die Grube. Ich fühlte mich wieder besser. Ich leerte die Flasche, holte einen Putzlappen und wischte den Boden auf.
Am nächsten Morgen dröhnte mir der Schädel. Ich betastete meinen Skalp und stellte fest, daß ich einen dicken roten Kamm aus geronnenem Blut hatte. Es ging auf Mittag zu. Ich stieg die Treppen runter und ging durch den Hintereingang auf den Hof hinaus, um die Kleider und das ganze Zeug wie der aufzusammeln. Es war weg. Ich ging um die Baustelle herum. Das Zeug war verschwunden. Im Hinterhof des Nachbarhauses hantierte ein alter Knacker mit einer Maurerkelle. Ich ging zu ihm hin.
»Sagen Sie mal, haben Sie hier zufällig ein paar Kleider rumliegen sehen?«
»Was für Kleider?«
»Na, Weiberklamotten.«
»Ja, sind hier in der Gegend gelegen. Hab den Kram aufgelesen und die Heilsarmee angerufen, damit sie es abholen.« »Das waren die Kleider von meiner Frau.«
»Ich hab gedacht, die hat jemand weggeschmissen.« »Es war ein Versehen.«
»Well, ich hab sie noch da. Inner Schachtel.«
»Sie ham sie noch? Hören Sie: kann ich sie wiederhaben?« »Klar. Aber ich hab gedacht, die hat jemand weggeschmis sen.«
Der alte Knacker ging ins Haus, und nach einer Weile brachte er einen Karton angeschleppt.
»Thanks«, sagte ich.
»Schon gut.«
Ich klemmte mir den Karton unter den Arm und ging wieder rauf.
Am späten Abend kam sie zurück, mit Eddie und der

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