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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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Golf. Neben Teheran, Tabriz und Kermanschah zählte Hamadan zu den Städten, die das irakische Militär vorzugsweise bombardierte.
    Wir mussten zwar auch in Teheran immer wieder vor irakischen Luftangriffen Schutz suchen, aber in unserer Militärsiedlung gab es wenigstens Bunker. Noch heute frage ich mich, welcher Fügung wir es verdanken, dass wir diese fürchterliche Zeit überlebt haben. Sirenen, Bomber, enge Luftschutzbunker, in denen mir nicht nur vor Angst die Luft wegblieb – unvergesslich, schrecklich!
    Wenn Mohammad in Teheran Flieger hatte kommen sehen, rief er nur: »Sie kommen, sie kommen!«, und wir verkrochen uns im Bunker. In Hamadan gab es jedoch keine Luftschutzräume. In dem Lehmhaus meines Großvaters stellten wir uns bei Bombenalarm an die Wand neben den Kühlschrank. Dies schien uns der sicherste Ort im ganzen Haus zu sein. Die Ungewissheit und die Angst waren aber jedes Mal schier unerträglich: Wen wird es als Nächsten treffen, dachte man bei jedem Einschlag, den man draußen hörte. Wer wird als Nächster einen geliebten Menschen zu Grabe tragen müssen? Wann trifft es uns?
    Mein Onkel Asghar, damals noch keine neunzehn Jahre alt, verkündete eines Tages, er wolle auch an die Front – als Freiwilliger, Basidsch genannt.
    Mein Großvater verlor fast den Verstand.
    »Nein!«, sagte er mit Nachdruck. »Das verbiete ich dir! Hilf lieber, so wie bisher, bei der Versorgung mit Lebensmitteln oder indem du Kleidung beschaffst und dergleichen mehr. Du willst doch nicht etwa vor mir sterben? Ich trage dich keinesfalls zu Grabe!«
    Onkel Asghar aber blieb unbeirrt. Eines Tages fälschte er die Unterschrift meines Großvaters – seines Vaters – unter einer Einverständniserklärung, zog in den Krieg und kehrte nie wieder heim.
    Noch heute werde ich mit diesem Verlust kaum fertig. Wie fürsorglich er war, als wir nach der Trennung der Eltern nach Hamadan kamen! Jeden Morgen vor der Schule hat er meiner Großmutter etwas Geld für uns zugesteckt, fünf Toman für Mohammad, zwei für mich, also umgerechnet etwa fünf Cent für meinen Bruder und zwei Cent für mich. Eines Morgens, im Halbschlaf, hörte ich, wie er Großmutter das Geld gab und sagte: »Hier sind zwei Toman für Mohammad und fünf für Ameneh. Gib’s ihnen für die Schule.« Meine Großmutter gab mir an jenem Morgen zwei und Mohammad fünf Toman.
    »Wieso krieg ich weniger? Ich bin schließlich älter als er!«, protestierte ich.
    »Weil du ein Mädchen bist«, war Großmutters einfache Antwort, »Mädchen brauchen weniger als Jungs.«
    Am Abend bekam Onkel Asghar natürlich berichtet, dass seine Mutter die Anweisung missachtet hatte, und er beschloss, uns das Geld künftig persönlich zu geben.
    Mein geliebter Onkel meldete sich also freiwillig in den Krieg. In den Krieg, in dem der Iran rüstungstechnisch stark unterlegen war, dieses Missverhältnis aber durch den Einsatz vieler Hunderttausend Männer – auch Kinder – ausgleichen konnte. Was müssen das für grausame Momente gewesen sein, wenn die Militärs zwölfjährige Jungen über Minenfelder laufen ließen und ihnen zuvor versprochen hatten, sie würden auf diesem Weg ins Paradies kommen. Menschliche Minensucher – Tausende von Kindern, auf den düsteren Schlachtfeldern schlicht verhetzt und verheizt …
    Mein Onkel ist mit neunzehn Jahren gestorben. Er sei, so hieß es, im Grenzgebiet zum Irak in einem Kampf Mann gegen Mann gefallen. Am Ende war er einer von rund fünfhunderttausend Toten, die dieser Krieg in unserem Land gefordert hatte. In unserem Haus war fortan keine Freude mehr. So vieles erinnerte an Onkel Asghar: die Bilder, die er gemalt, und die Verse, die er in seiner schönen Schrift an die Mauer der Moschee unweit von zu Hause geschrieben hatte und an denen mein Großvater fast täglich vorüberging.
    Eines Tages wurde uns die Uniform, in der Onkel Asghar gestorben war, gebracht. Ich war damals in der vierten Grundschulklasse und wusste zwar, dass mein Onkel tot war, hatte aber nicht die geringste Vorstellung davon, was Sterben wirklich hieß. Ich würde ihn nie wieder sehen. Mehr wusste ich nicht. Während die anderen im Wohnzimmer saßen, kramte ich zwischen Asghars Kleidungsstücken, stieß auf Fotos – und erstarrte zu Eis!
    War das mein geliebter Onkel? Hatte der Krieg das aus ihm gemacht? Die Augen aus den Höhlen getreten, das Gesicht zerschmettert, der Bauch aufgeschlitzt. So sah also der Kampf für unsere Freiheit aus. So war Onkel Asghar am Ende zu

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