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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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aber … echt an. Vielleicht konnte sie sich schon länger in ihre Gegenüber hineinversetzen. Vielleicht aber war sie einfach nicht ganz klar im Kopf und drehte vor lauter Erschöpfung, Trauer und Verwirrtheit langsam durch.
    Joe wandte sich ihr zu, seine Kleidung raschelte. »Du kannst einem Angst machen, Mädchen.«
    »Tut mir …«
    »Schon gut«, unterbrach er sie. »Was willst du ausgerechnet von diesem Mistkerl?«
    »Das … ich … also …«
    »Egal, vergiss es. Jeder hat so seine Geheimnisse.«
    »Bitte, dann bringen Sie mich so schnell wie möglich Steven oder sagen Sie mir, wie ich zu ihm komme.«
    »Du weißt nicht, worauf du dich einlässt.«
    »Ist er gefährlich?«
    »Hm?«
    »Ja oder nein?«
    Joe schnaufte. »Ich weiß es nicht. Mich wird er umbringen, wenn dieses … dieser Wildgewordene mich zu fassen bekommt. Bekommt er aber nicht. Nie wieder! Eher verrecke ich, bevor ich zu ihm gehe.«
    »Was hat er getan?«
    »Unwichtig.«
    »Dann bringen Sie mich bitte so weit, wie es für Sie okay ist, dann geh ich allein weiter.«
    Er lachte kehlig. »Darauf kannst du Gift nehmen.«
    »Ich danke Ihnen.«
    »Lass endlich das blöde Sie weg, du bist hier nicht unter zivilisierten Menschen.«
     
    Einige Stunden später stieg View mit wackligen Beinen aus einem selbst geschnitzten Einbaum. Das Holz war von Joe liebevoll glattgeschmirgelt worden. Sie watete durch knietiefes Wasser einen Kiesstrand hinauf. Die Wunden an ihren Waden begannen durch das Salzwasser zu schmerzen . Sie ignorierte es. Zu beiden Seiten ertastete sie Felsen, wenn sie sich vornüberbeugte.
    Nach ihrem Gespräch und dem nochmaligen Versorgen ihrer Verletzungen mit einer kühlenden Paste hatten sie den kleinen Hain verlassen, in dem Joe in einem Verschlag hauste. Sie waren über einen Kieselstrand und spitze Felsen bis zu diesem Boot gewandert, das sie über einen Meeresarm zu einer anderen, nahe gelegenen Insel gebracht hatte.
    »Mädchen, ich habe ein sehr ungutes Gefühl bei der Sache.«
    View legte sich die Hand aufs Herz. »Mach dir keine Sorgen, Joe. Ich kenne Stevens Familie. Er wird mir schon zuhören, ganz sicher.«
    »Wenn er dich überhaupt zu Wort kommen lässt. Er ist ein ausgesprochener Kotzbrocken, ungerecht, egoistisch, gewalttätig. Und, na gut, was soll’s, ich hoffe, er wird sich einer jungen Lady gegenüber anders verhalten als bei mir.«
    »Wird er«, sagte View, war sich aber inzwischen nicht mehr sicher. Joes Beschreibung von Zacs Vater passte so gar nicht zu dem Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte. Einem Vater, der seinen Sohn über alles liebte, ihm die Welt zeigte, mit ihm Wandern ging, ihn behütete und die Andersartigkeit seines Kindes akzeptierte. Wie würde er reagieren, wenn sie ihm von Zacs Tod erzählte, wo er doch schon seine Frau verloren hatte? Die Bananen und Kokosstückchen, die Joe sie während der Bootsfahrt hatte knabbern lassen, rumorten in ihrem Magen. Vielleicht wühlte sie auch die Ungewissheit über die Begegnung mit Zacs Dad auf. Aber es gab kein Zurück .
    »Soll ich dich vielleicht doch …?«
    »Begleiten?« View lachte auf und wischte sich verstohlen eine Träne fort. »Nein, ich denke – besser nicht.«
    »Nun denn, dann also. Machst du deine Augen dann jetzt mal auf, verdammt? So brichst du dir ja sofort den Hals, da brauch ich gar nicht erst wegzurudern.«
    View nickte. »Ich werde mich von dir wegdrehen, die Augen öffnen und gehen.«
    »Du hast echt ’nen Spleen.«
    »Wie wir alle«, sagte sie und musste grinsen.
    »Du wirst dich also nicht umdrehen, um mir zuzuwinken. Schon klar. Verschwinde endlich.« Er räusperte sich.
    »Danke, Joe. Ich werde dich nie vergessen und dich in meine Gebete mit einschließen. Du wirst mich in Gedanken spüren, wenn du mich brauchst. Dann helfe ich zur Abwechslung dir.« View wandte sich rasch ab, blinzelte und schritt geradewegs über den leicht zerklüfteten felsigen Untergrund. Was redete sie bloß, wenn sie nicht nachdachte? Konnte sie so was? War sie das? Ihr altes Ich? Sie war sich ja selbst unheimlich. Sie verhielt sich wie ein durchgeknalltes Medium. Dabei sehnte sie nur eines herbei – ihre Erinnerungen. Und Zac …
    Joe stach das Paddel ins Wasser. Sie schluckte. Zu viele Wenn ’s geisterten ihr durch den Kopf. Wenn sie Steven nun nicht fand? Wenn er wirklich so schrecklich war? Wenn sie gerade den einzigen Menschen wegschickte, der ihr hier helfen konnte? Wenn, wenn … Sie blieb nicht stehen, wollte nicht, dass Joe

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