Auge um Auge
und aus. Lillias Haus hingegen lag quasi in einer anderen Welt, so fühlte es sich wenigstens an.
An jenem ersten Tag spielten wir den ganzen Nachmittag lang im Pool. Rennie und ich übten Schwalbensprung und Arschbomben, während Lillia am flachen Ende herumplanschte und Meerjungfrau spielte. Ihre Mom brachte Nadia zu uns heraus, Lillias kleine Schwester, und sagte: »Ich mache euch was zu essen, Mädels. Ich bin gleich wieder da. Lillia, du passt so lange auf deine Schwester auf.«
Es dauerte nicht lange, bis Nadia, die Schwimmflügel anhatte, zu nah an den tiefen Teil des Schwimmbeckens trieb. Lillia fing an zu schreien. Nadia bekam Angst und brach in Tränen aus, also schwamm ich schnell zu ihr hinüber und schob sie zurück zu Lillia, die nun auch den Tränen nahe war. Sie bedankte sich überschwänglich.
In dem Moment kam Mrs. Cho heraus mit einem Tablett, auf dem Cracker und Briekäse und Orangina standen. Ich wurde sofort munter. Meine Mutter kaufte nie Briekäse. Bei uns gab’s amerikanischen Käse für Sandwiches und Schmelzkäseecken für Käsemakkaroni.
Sobald Lillia ihre Mutter entdeckte, kletterte sie aus dem Wasser, rannte zu ihr hin und schlang die Arme um sie. »Nadia ist ans tiefe Ende geschwommen, und Kat hat ihr das Leben gerettet!«
Mrs. Cho lobte mich über den grünen Klee, ich müsse ja wirklich eine großartige Schwimmerin sein. Es war mir peinlich, aber gleichzeitig war ich stolz, auch wenn ich kaum was gemacht hatte.
Als wir wieder am tiefen Ende vom Becken waren und Lillia noch bei ihrer Mutter saß, flüsterte Rennie mir zu: »Wir sollten bald mal deinen Dad anrufen, dass er uns abholt. Ich glaube, Reeves Bruder nimmt die Jungs heute mit raus, er will sie mit Reifen hinter dem Boot herziehen.«
»Wir können jetzt noch nicht gehen«, sagte ich leise. »Das wäre unhöflich.«
Als Mrs. Cho und Nadia später wieder ins Haus gegangen waren und nur noch wir drei da waren, redete Rennie die ganze Zeit davon, dass sie es nicht mehr erwarten könne, bis die Schule endlich anfing. »Hoffentlich kriegen wir Ms. Harper in Naturwissenschaften«, sagte sie. »Und bei Mrs. Lopez soll Mathe am einfachsten sein, hat mir PJ erzählt. Der weiß es von seiner Schwester.«
Ich fühlte mich unbehaglich, weil Lillia so still war. Sie kannte ja niemanden von den Leuten. »Wie ist es auf deiner Schule?«, fragte ich sie.
Sie besuche eine private Mädchenschule, erzählte sie uns, sie müssten Schuluniformen tragen, und langweilig sei es auch. Rennie verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht, was ich ohne Jungs an der Schule tun würde.«
Als die Sonne unterging, fragte Lillias Mutter uns, ob wir zum Essen bleiben wollten. Sie war dabei, einen Fisch zuzubereiten, der Mahimahi hieß und zu dem es eine Art Ananassauce geben würde. Zum Nachtisch könnten wir an der Feuerstelle im Garten Marshmallows rösten und zwischen Schokoladenkekse stecken.
Ich wollte schon Au ja! schreien, doch Rennie kam mir zuvor. Sie müsse nach Hause, log sie.
Als mein Vater uns abholte, sagte Rennie im Auto, sie wolle zum Essen mit zu uns kommen. Dabei würde es bei uns nichts geben, was im Entferntesten an Mahimahi und Marshmallow-Kekse herankam. Meine Mutter war damals schon krank, und so musste Dad sich ums Essen kümmern. Das bedeutete Tiefkühlpizza, Hotdogs oder teuflisch scharfes Chili. Ich hätte Rennie umbringen können, weil ich ihretwegen ein richtiges Essen verpasst hatte.
Später streckte sich Rennie auf meinem Bett aus und mischte einen Stapel Uno-Karten. Shep lag schlafend auf ihrem Schoß. Er war damals noch ein Welpe, und Rennie spielte wahnsinnig gern mit ihm. In ihrer Wohnanlage waren Haustiere nicht erlaubt. »Also echt, wozu braucht jemand drei Kühlschränke? So groß ist die Familie ja wirklich nicht. Außerdem wohnen sie nur drei Monate im Jahr hier!«
»Einer ist nur für koreanisches Essen«, sagte ich aus meiner Hängematte. Wieder so ein Geschenk meines Vaters. Als könnte ich auch nur einen Moment vergessen, dass meine Mom todkrank war, nur weil ich jetzt einen Hund und eine Hängematte hatte. Aber gemütlich war es schon. »Und der andere ist nur für Getränke, weißt du nicht mehr? Lillias Mutter hat uns doch gesagt, wir sollten uns selbst bedienen.«
»Also ich find’s komisch.«
»Sie sind nun mal reich. Reiche Leute kaufen viel unnützes Zeug.«
»Genau. Findest du nicht, dass sie ganz schön angegeben hat? Damit wir auch ja kapieren, dass sie Millionäre oder so was sind.«
»Ich
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