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Auge um Auge

Auge um Auge

Titel: Auge um Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Vivian , Jenny Han
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finde nicht, dass sie angegeben hat«, sagte ich. »Du wolltest doch unbedingt in ihren Kleiderschrank gucken.«
    »Kann sein.« Rennie kratzte an einem der Mückenstiche, mit denen ihre Beine immer übersät sind. »Aber warum mussten wir zum Beispiel die Schuhe an der Tür ausziehen?«
    »Ich glaube, das ist eine asiatische Sitte. Außerdem ist ihr ganzes Haus weiß, da wollen sie vermutlich nicht, dass man den Dreck von der Straße reinschleppt.«
    »Und dann die drei Kühlschränke!«
    »Jetzt reg dich doch mal ab wegen der Kühlschränke, Ren.« Ich hüpfte aus meiner Hängematte. »Und teil endlich die Karten aus.«
    Als Lillia uns ein paar Tage später wieder zu sich einlud, bearbeitete ich Rennie mitzukommen. »Gib ihr doch eine Chance«, sagte ich. Ich hoffte, wir könnten einen Film sehen auf dem großen Flachbildfernseher im Hobbyraum, und vielleicht würde Lillias Mutter uns wieder Brie servieren und zum Essen einladen. Außerdem mochte ich Lillia. Klar, sie hatte schon was von einer Prinzessin, aber andererseits war es nicht ihre Schuld, dass sie reich und hübsch war. Wenigstens war sie großzügig, im Gegensatz zu Rennie, die ziemlich kleinlich sein konnte, wenn es um ihre Sachen ging. Lillia war genau das Gegenteil. Sie besaß zum Beispiel ein Schminkköfferchen mit Nagellack in jeder Farbe, die man sich vorstellen konnte, sortiert wie bei einem Regenbogen. Als ich einen violett glitzernden herausnahm, der Black Magic Woman hieß, meinte sie, ich könne ihn behalten. »Nicht nötig«, sagte ich, bereute es aber sofort. Vor allem, nachdem Rennie sich die Fußnägel neonpink angemalt hatte und Lillia sagte, die Farbe stehe ihr selbst überhaupt nicht, Rennie könne das Fläschchen gern mitnehmen. Ich nahm an, Rennie würde ebenfalls ablehnen, doch das tat sie nicht. Sie bedankte sich mit leuchtenden Augen und steckte den Lack schnell in die Tasche, so als hätte sie Angst, Lillia könne es sich noch anders überlegen.
    Der Wechsel von mir zu Lillia vollzog sich dann ganz langsam. Die meisten Menschen hätten es gar nicht gemerkt. Ich weiß nicht einmal, ob Rennie selbst es bemerkt hat. Aber wenn man jemanden so gut kennt wie ich sie, dann spürt man das einfach. Wenn wir zum Beispiel in die Eisdiele gingen, teilten Rennie und ich uns sonst immer einen Eisbecher mit Karamellsauce, doch auf einmal fing sie an, sich mit Lillia einen Erdbeereisbecher zu teilen. Oder wenn wir mit dem Bus zum Kino fuhren, saß sie auf einmal immer neben Lillia, während ich allein in der Reihe davor saß. Lillia stellte mir immer irgendwelche Fragen, damit ich mich nicht ausgeschlossen fühlte, aber das machte es nur noch schlimmer. Ich wollte ihr Mitleid nicht. Ich war diejenige, die Lillia zu uns geholt hatte, nicht umgekehrt.
    Am Ende des Sommers, als Lillia wieder in ihr normales Leben zurückkehrte, war ich mir sicher, dass alles wieder wie früher sein würde, und so war es auch. Doch als Lillia im folgenden Sommer wiederkam, hing Rennie an ihr wie eine Klette. So wie sonst immer an mir. Ich war wirklich stinksauer, aber damals war meine Mutter schon sehr krank, und ich brauchte meine beste Freundin, jedenfalls alles, was ich von ihr kriegen konnte.
    Als Lillia dann ganz auf die Insel zog, hatten Rennie und ich diesen blöden Krach unmittelbar vor Schulanfang, und das war’s dann. Es war aus mit uns.
    Das Verrückte an der Sache ist, dass ich sie überhaupt erst in Gang gebracht habe. Nachdem wir zum ersten Mal bei Lillia zum Spielen waren und Rennie so unsicher war, was sie von ihr halten solle, da hätte ich das einfach so hinnehmen können. Stattdessen habe ich auf sie eingeredet, Lillia eine Chance zu geben, und Rennie hat auf mich gehört. Damals war ich die Einzige, auf die sie hörte.
    Am ersten Tag unseres Freshman-Jahres legte Lillia mir eine Kette in den Spind. Sie war aus einem eleganten Juweliergeschäft in White Haven, an dem man läuten musste, um überhaupt hineinzukommen. Sie hatte eine Kette für Rennie gekauft, eine für mich und eine für sie selbst. Sie waren als Freundschaftsketten gedacht. Zu dumm, dass die Freundschaft da schon zerbrochen war.
    Ich weiß ehrlich nicht, wieso ich sie verwahrt habe.
    ···
    »Was hast du dir für Rennie ausgedacht?« Ich klinge ziemlich desinteressiert, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Idee wirklich gut sein soll. Ich meine, was wir mit Alex gemacht haben, war nicht schlecht, aber Alex ist ein sensibler Typ, dem man leicht eins auswischen kann. Für

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