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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Was weißt du?, - und hört deine Antwort, dass du nichts weißt, gar nicht an. Der kostbarste Teil der Fracht ist weg - in die Tiefe gestürzt, keiner kriegt sie von da wieder herauf, sie liegt unten im Rhein. Und jeder denkt: ein Zufall, ein Unglück.
    Am Abend dann, als du ins Stroh kriechst, dich kaum mehr bewegen kannst, du spürst jeden Knochen und überlegst gerade, ob du bei einer solchen Schinderei noch einmal mitmachst, trotz der Weißpfennige - da hörst du über dir in einem Heubarn Rascheln und Flüstern. Du wunderst dich, dass Leute da droben sind im Heu, wo man nicht schlafen soll wegen der Kühe, die das Heu fressen: Es kann ja immer ein Messer oder sonst etwas darin liegen bleiben, was den Viechern nicht bekommt. Also schläft man im Stroh, obwohl - im Heu ist es viel weicher. Die da droben flüstern immer weiter und wissen nicht, dass du hier unten bist. Sie denken, du liegst viel weiter drüben, näher bei den Rössern und bei den anderen Knechten; aber da ist eine Luke offen und es kommt saukalt herein, und du bist sowieso ein einziger Eisklumpen - du liegst also hier, genau unter ihnen.
    Manche Wörter verstehst du: silberne Leuchter, Pokale, Becher, Teller, Kannen, alles aus Nürnberg, dazu noch viel Silber in große Barren gegossen. Auch Gold: Kelche, Ketten, Ringe, Armreifen. Das alles zählt einer auf. Und du kannst die Augen und die Ohren im Dunkeln nur so aufsperren. Abgetrennt davon in einem besonderen Kasten Edelsteine aus Böhmen, Bernstein von der Ostsee, alles unglaublich wertvoll, kostbarer als die ganze übrige Fracht zusammen!, erfährst du weiter.
    Und jetzt weißt du es endlich!
    Und jetzt weißt du endlich, was in dem heimlichen Ballen war.
    Und weiter hörst du: Nur einer der Männer mit Silberkannen und Silberleuchtern ist nicht abgestürzt, dafür ein anderer mit Leinwand. Nur das Silber dieses einen Mannes ist gerettet.
    Wo es jetzt wohl ist?
    Jetzt redet ein anderer, du hörst es, du verstehst ihn aber nicht. Dann wieder der Erste: Bin doch nicht blöd, so war es nicht ausgemacht -
    Noch Rascheln. Dann wird es still da droben.
    Was war nicht so ausgemacht? Was war das überhaupt? Du liegst die ganze Nacht wach im Stall der Herberge, todmüde, erschöpft, jeder Knochen im Leib tut dir weh, du kannst die Augen nicht offen halten und schläfst trotzdem nicht ein - das Herz geht dir wie eine Hammerschmiede.
    Die Gedanken gehen im Kreis wie eine Kuh am Göpelwerk. Was weißt du?
    Die heimliche Last war unsagbar wertvoll - Gold, Silber, Edelsteine, Bernstein!
    Diese kostbare Fracht ist größtenteils verschwunden, in die Tiefe gestürzt, für alle Zeiten verloren. Abgestürzt mit ihr sind drei Männer. Auf vier hatten sie die Last verteilt. Dazu ist noch ein vierter abgestürzt, mit Leinwand.
    Einer der Knechte, du bist auf einmal sicher, dass es Heinz war, wusste vom Silber und Gold und allem, denn er hat es einem anderen erzählt. Dass es Heinz war, denkst du deshalb, weil der so komisch Silbä oder Hafä sagt, wenn andere Silber oder Hafer sagen. Die Stimmen selbst waren bei dem Flüstern nicht zu erkennen.
    Die Gedanken gehen weiter: Die Männer auf dem Schneefeld? Was wollten die genau über der Unglücksstelle! Das kann doch kein Zufall sein! Der Gedanke plagt dich bis zur Bewusstlosigkeit: Sie müssen die Felsbrocken herabgestürzt haben! Mörder!
    Das Wort Mörder kreist in deinem Hirn, als wollten die Männer von dir erlöst werden. Du liegst auf dem Stroh - und stehst doch wieder in der Kirche von Zillis mit ihren Bildern.
    Die Bilder machen dir Angst und Mut.
     
    Und am anderen Morgen weißt du, was du tun musst, und du gehst gähnend und bleich hinaus und suchst den Schreiber, der ist käsweiß und hat rot geränderte Augen und hat auch kein Auge zu-gebracht.
    Du triffst ihn auf dem Hof der Herberge. Er will dich nicht hören.
    Du stotterst herum. Er winkt dir mit der Hand, du sollst ihn in Ruhe lassen - er hat Wichtigeres zu tun und will dein Geschwätz nicht hören.
    Du nimmst alle Kraft zusammen, damit du sagen kannst, was du denkst. Du merkst aber, das ist unglaublich schwer, und wieder stotterst du etwas und kriegst keinen ganzen Satz heraus.
    Jetzt fasst du ihn sogar am Ärmel und er schüttelt dich unwillig ab. Plötzlich aber bleibt er stehen und sieht dich so stier an, dass du erschrickst. Du überlegst fieberhaft, was du gerade gesagt hast.
    Was ist?, sagt er. Red weiter! Er hat die Augen immer noch aufgerissen.
    Dir fällt ein, dass du das Wort Silber

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