Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
Kaiser Friedrich I. Barbarossa führte das Heer durch Kleinasien, damals Asia genannt, und hielt damit den Kreuzfahrern, die mit dem Schiff das Heilige Land und die Stadt Jerusalem erreichen wollten, den Rücken frei. Denn Richard Löwenherz, König von England, und Phillip II. von Frankreich kamen mit ihren Heeren über das Meer.
Kleinasien war schon bezwungen, der weite Weg fast vollendet, das Reich Gottes auf Erden schien ganz nahe - da vernichtete ein unvorstellbares Unglück alle Hoffnungen.
Nur wenige sind übrig geblieben aus dem Heer des großen Kaisers Friedrich Barbarossa und zurückgekehrt aus dem Heiligen Land. Weshalb gerade ich, das weiß ich nicht. Die anderen - erschlagen von den Räubern auf dem Balkan, verdurstet, verhungert oder von Pfeilen getroffen in den Salz-wüsten von Asia. Ganze Heeresteile sind gefallen in Schlachten und Gefechten, abgestürzt in den Schluchten des Taurusgebirges, am Fieber gestorben vor Antiochia, Tripolis oder Akkon. So erging es Herzog Friedrich von Schwaben, dem Sohn des Kaisers. Du konntest auch noch zum Schluss getroffen werden, auf der Flucht von einem Pfeil, oder gefangen und in die Sklaverei geführt. Die Letzten sind auf der Rückfahrt ertrunken im Meer.
Vielleicht durfte ich nur heimkehren in das liebe Vaterland, um zu berichten. Und so berichte ich vom größten Unglück, das die Christenheit jemals getroffen hat.
Denn ich war dabei.
Ihr wisst von dem Kreuzzug, den Kaiser Friedrich um Gottes willen auf sich genommen hat und den man den Dritten nennt: Die Stadt Jerusalem wollte er von dem teuflischen Sultan Saladin befreien. Und das wahre Kreuz wollte er wiedererlangen, an dem unser Herr gestorben ist und das dieser Verfluchte geraubt hat.
Doch der Reihe nach.
Im Mai des Jahres 1189 waren wir von Regensburg aus aufgebrochen und hatten bis Juni mit der Hilfe Gottes ganz Ungarn durchquert, überall aufgenommen und verehrt wie Heilige. Der Anfang aller Schrecken war dann im Bulgarenwald. Die Größe der Mühsal zeigte uns indes auch die Größe der Seligkeit, die wir zum Ausgleich für unsere Mühe im Jenseits zu erwarten haben - dieser Seligkeit wegen hatten wir die Last des Kreuzzugs auf uns genommen.
Es folgten die Auseinandersetzungen mit den Griechen und unser Winterlager in Philippopel, und es war dem großen Geschick und der alles überragenden Majestät unseres Kaisers zu verdanken, dass schließlich in der Woche von Ostern durch die Gnade Gottes das ganze Heer bei Gallipoli über den Bosporus nach Asia übergesetzt werden konnte.
Asia, das wir jetzt durchquerten, ist ein sehr heißes, dürres, steiniges und bergiges Land. Schwärme von Geiern kreisten über dem Heer und kündigten den Feinden Tod und Verderbnis, uns Christen aber das ewige Leben an. Aus Felsenschluchten, aus Seitentälern, hinter Kuppen, Gipfeln und Graten lauerten die Bogenschützen und Schwertkämpfer der Feinde. Groß war der Mangel an Wasser und Brot, an allem, was das Leben erhält und für den Menschen nützlich ist. Mehrfach kam es zu großen Gefechten, aber zu keiner Schlacht, weil die Ungläubigen nicht im Verband kämpfen, wie wir Ritter es von Jugend an gewohnt sind, sondern in kleinen Haufen anreiten und sofort zurückweichen, wenn sie größeren Widerstand spüren. Unritterlich kämpften diese Heiden. Sie erlegten unsere Pferde und machten aus unserem Heer von Panzerreitern ein Heer von Fußsoldaten.
Schließlich kam es dann doch zur großen und alles entscheidenden Schlacht vor Ikonium, einer Stadt, in welcher einst der Apostel Paulus gewirkt hat. Hier zeigte der Kaiser mit dem Segen der Heiligen Dreifaltigkeit seine ganze Kunst als Herr des Schlacht-feldes gegen Emir Qilic Arslan II., den Herrn der Ungläubigen. Und die Ungläubigen wurden nicht nur besiegt, sondern in ihrer großen Zahl erschlagen. Ungeheuere Schätze in der heidnischen Burg schenkte uns der Himmel für diesen Sieg. Schätze, die alle Kosten zur Eroberung des Heiligen Landes leicht decken konnten.
Von der großen Schlacht bei Ikonium aber, in der auch dem Mutigsten, ja dem Kaiser selbst, wie erzählt wurde, vor dem Sieg das Herz gesunken war, erzähle ich euch ein anderes Mal.
Nach dieser Schlacht erreichten wir durch eine ungeheure Ebene voller Salz und Dürre, voller Hitze und Durst den Bergkamm des hinteren Taurus, hinter dem wir Tarsus wussten, den Geburtsort des heiligen Apostels Paulus. Steil ging es hinauf. Und es war ein seltsames Erlebnis, in der großen Hitze des Aufstiegs weit
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