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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Gans.
    Onkel Bernger - ein Dieb?
    Sie stehen schon in der Türe: Noch einen guten Rat, sagt Hildebrand, und sie grinsen wieder, geh zurück nach Herstetten. Gleich morgen früh. Hier kannst du bloß verhungern!
    Sie gehen. Wolf hängt die Hose herunter. Utz kratzt sich noch unter der Türe.
    Aus der Traum! Alles aus! Du kannst gerade noch die Tränen verbeißen.
     
    Am nächsten Tag hängst du herum.
    Du wanderst über deinen Hof, gehst in die leere Scheune - der Pflug des Onkels ist wirklich nichts wert, verrostet, uralt, zu nichts nütze! Er hat kein Sech, also kein Pflugmesser, das die Schollen zerschneidet, bevor die Schar sie wendet. Aber es muss eben auch so gehen, denkst du voll Trotz. Doch als du ihn auf den Wagen laden willst, zerbricht er -
    Keine Sense! Kein Kummet!
    Deine Reise war ein Reinfall. Alles ist zu Wasser geworden - Pferde wolltest du haben!
    Dein Onkel war ein Querkopf, ein Esel, zu blöd, um zu begreifen, dass etwas Neues besser ist als immer der alte Scheiß! Und in Herstetten liegen sie auf dem Boden vor Lachen über dich - ein Bauer ohne Winterzelge! Die wissen das, bevor du hier die Ochsen einspannst. So ist das immer.
    Es nagt weiter in dir.
    Fruchtwechsel zwischen Wintergetreide und Brache! In Herstetten wäre er damit nicht durchgekommen! Die Bauern nehmen den dreimaligen Fruchtwechsel wichtig. Und hier in Hünfeld soll es anders sein?
    Du steigst über eine Leiter, aus der die Sprossen fallen, zum Boden der Scheune hinauf. Wozu? Weißt du nicht.
    Eng ist es hier, dunkel, alles voll Staub. Gesicht und Augen ekelhaft verklebt von Spinnweben. Es riecht nach Staub und Moder, nach wurmigem Mehl und nach Ratten.
    Hier oben war der Trockenboden. Jetzt ist alles feucht und muffig. Du siehst die langen Bretter, mit denen der Onkel nach dem Dreschen die Getreidesorten voneinander getrennt hat: Weizen, Roggen - trocknen für die Mühle, aufbewahren für die Aussaat. Gerste und Hafer hat er ja nicht gehabt. Saatgut vom Weizen ist ein wenig da - für die Winterzelge, aber erst für die Winterzelge nächstes Jahr. In der jetzigen hat der gute Onkel Bernger ja keine Äcker!
    Du schüttelst den Kopf. Es ist nicht zu begreifen, nicht zu fassen: Der Kerl hat doch leben müssen! Und seine Familie doch auch!
    Und plötzlich siehst du etwas, das haut dich um, wie wenn dich der Blitz erschlägt. Aber du begreifst lange nicht, was du siehst. Du stehst davor wie der Ochs vor der leeren Krippe und starrst immer weiter hin. Du reißt die Augen auf, dass sie dir fast aus den Löchern fallen -
    Dann bricht es auf dich herab wie ein ganzer Berg: Gerstenkörner liegen da! Es sind nicht viele, aber mit Weizenkörnern kann die niemand verwechseln. Du kriechst auf allen vieren durch den Bretterverschlag: Da in den Ritzen - da, dort, hier: Gerstenkörner! Und im Verschlag daneben? Wenn hier Gerstenkörner sind, müssen da Haferkörner sein! Du traust dich kaum zu schnaufen, aber sie müssen ja da sein. Du kriegst schier keine Luft mehr. Und, ja! Haferkörner!
    Kein Körnchen auf den Brettern, kein einziges, alles blitzsauber wie abgeleckt, kein Stäubchen in diesem Dreckloch! Da ist gekehrt worden! Und wie sorgfaltig da gekehrt worden ist! Und erst vor ganz kurzer Zeit! Aber in die Ritzen kommt der Besen nicht hinein - da stecken noch die Gerstenkörner und die Haferkörner, immer mehr, jede Menge, und sauber getrennt in den Ritzen ihrer Bretterverschläge: Das war das Saatgut für die Frühjahrssaat!
    Du setzt dich auf den Boden. Du kratzt die Körner heraus, bis dir die Nägel abbrechen: Gerstenkörner und Haferkörner - Sommergetreide! Und das kann er nicht gehabt haben, wenn er, wie die Arschlöcher lügen, jedes Jahr zwischen Frucht und Brache gewechselt hat.
    So hat man zu Zeiten deines Urgroßvaters und noch deines Großvaters angebaut, und der Hunger nahm kein Ende. Und da war kein Körnchen zum Verkaufen; keine Gerste, kein Hafer! Du erinnerst dich gut, dass immer gesagt wurde, dass die damals kaum Pferde hatten. Gut - ein wenig Gerste hat man angebaut für die Schweine. Aber sonst brauchten sie die Ernte ganz für sich selbst und für ihre Abgaben an die Kirche und den Herrn Ritter.
    Onkel Bernger baut keine Gerste und keinen Hafer an, wenn er nur Äcker in zwei Zelgen hat! Und die anderen Bauern dulden das auch gar nicht, denn sonst klappt das mit dem Bestäuben nicht! Onkel Bernger hatte Äcker in der Winterzelge, er hatte Äcker in allen drei Zelgen! Sie haben dich angelogen, diese Schweine, und betrogen

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