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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Schwertstreiche, Pfeilschüsse beendet wurde, und für den Sieg.
    Schließlich war ich aus dem Getümmel wieder aufgetaucht wie aus tobendem Gewässer.
    Meine Gebete - König Konradin hätte ich ausnehmen müssen aus meinen Fürbitten: Der Papst hatte ihn im Herbst gebannt und aus der Schar der Gläubigen ausgeschlossen, als er mit vielen Rittern nach Italien aufgebrochen und über die Alpen gezogen war, um sein angestammtes Erbe in Unteritalien und Sizilien zu erobern. Dennoch war er, dem Papst zum Trotz, auch nach Rom gegangen und hatte feierlichen Einzug gehalten am 29. Juli Anno Domini 1268. Zugewinkt hatte er den Bürgern von Rom und zuge-lacht, und sie hatten zurückgelacht. Conradino nannten ihn die Italiener, Konradin. Auf Deutsch heißt das der kleine Konrad. Halb sagten sie es, wie Mütter es sagen, halb aber auch verächtlich -
    Ich wusste, dass auch er sein Erbe in Deutschland nicht bekommen hatte: Wie mein Vater war auch der seine viel zu früh gestorben; König Konrad IV. war einem Fieber erlegen, mein Vater war gefallen. Das Grab meines Vaters habe ich nie gesehen. Der Leichnam König Konrads IV. ist verbrannt, als ein Blitz in die Kathedrale von Messina einschlug, wo der tote König aufgebart lag.
    Sie nennen die Jahre seit Konrad IV., der schon vor vierzehn Jahren gestorben ist, das Interregnum, die kaiserlose, die schreckliche Zeit.
    Aber wenn Konradin jetzt als Sieger aus Italien nach Deutschland zurückkehrte! Ja, dann wäre alles anders! Dann würden viele der Fürsten ihm zujubeln und ihn zum König machen und den Papst zwingen, ihn vom Bann zu lösen und ihn dann in Rom zum Kaiser zu krönen - und die göttliche Ordnung wäre wiederhergestellt.
    Und ich würde - es war kaum auszudenken: Ich war in seiner Nähe gewesen, als er mit Bischöfen, Herzögen und Grafen Pläne gemacht hatte, auf seinem Weg nach Süden, noch vor dem Brennerpass. »Und du?«, hatte er sich plötzlich nach mir umgewandt, mir die Hand auf die Schulter gelegt und übermütig gelacht und gesagt: »Junge, du wirst mir regieren helfen, als Bischof oder Graf, wie du willst, bei Gott, das schwöre ich dir -«
    Ein Graf werden -
     
    Ein kühler Windstoß riss mich aus den Gedanken. Vor die Sonne, die schon dicht über dem Gebirgsrand stand, war eine Wolke getreten. Der Himmel hatte sich verfärbt. Plötzlich wurde mir bewusst, dass das Schrillen der Zikaden aufgehört hatte. Noch war es hell, aber der Glanz der Sonne, der die Ebene erfüllt hatte, war auf einmal verschwunden, die Hänge wurden düster, die Wäldchen und Hügel bedrohlich schwarz. Erschrocken stieg ich auf eine der Erhebungen im Gelände.
    Hier, an diesem schmalen Bach, wo die palentinische Ebene sich weitet, in dem Gebirge der Abruzzen, waren die Heere einander begegnet. Die nächste größere Stadt hieß Tagliacozzo.
    Nach einem beschwerlichen Weg durch die Hügel in der Gluthitze des Tages, umgeben von sonnenkahlen Hängen und Steindörfern, hatten wir die Gegner am Vortag zum ersten Mal gesehen. Ihre Waffen blitzten in der Abendsonne auf einem der flach gedehnten Hügel am Rande der Ebene, die sich nach Westen zog, auch sie braun verbrannt, aber durchschnitten von Gewässern mit schwarz-grünen Säumen. Der Hügel war von Strauchwerk und niederen Bäumen überzogen. Staub lag wie Dunst zwischen den beiden Heeren, und es war schrecklich, plötzlich zu erkennen, dass die Feinde da vorne, kaum zwei Meilen entfernt, in voller Rüstung zur Schlacht bereitstanden.
    Ich hörte meinen Ritter sagen, dass die Feinde schon den ganzen Tag auf für uns unsichtbaren Wegen zu dem Hügel marschiert waren, auf dem wir sie jetzt erblickten; sie wollten uns den Weg abschneiden. So hatten es Spitzel berichtet.
    Die sind völlig erschöpft - jetzt sollte man angreifen! So hatte mein Ritter mit glänzenden Augen dazugesetzt. Unser Heer war deutlich größer als das der Gegner.
    Der König ließ alle in Schlachtordnung antreten, wie es oft geübt worden war. Aber die Gegner blieben, wo sie waren, auf ihrem Hügel bei dem Dörfchen Albe - wie gesagt wurde. Ich schlich mich in der Dämmerung noch mutig über diese kleine Holzbrücke, um mehr zu sehen, aber es wurde rasch Nacht.
    Der Morgen kam.
     
    Unser Heer glänzte und schimmerte mit unzähligen bunten Fahnen, die im Morgenwind wehten - mit den Fahnen aller Edlen Italiens, die auf der Seite Konradins waren: denen der Ritter König Manfreds von Sizilien, des bereits gefallenen normannischen Onkels König Konradins, den Fahnen der

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