Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
plünderten. Ich schrie und schrie, ich wollte hinüberrennen zum König. Aber niemand hörte mich, als hätte meine Stimme keinen Klang - es war wie in einem schlimmen Traum.
Weit draußen erreichten die Reiter jetzt die Ersten von uns und stachen und hieben auf sie ein. Der Anführer war ein glänzender Ritter - Karl von Anjou! Er war nicht im zweiten Treffen seiner Ritter gewesen - schon gar nicht war er dieser großspurige Ritter mit der Fahne der Anjous, den alle hatten fallen sehen. Es hatte noch ein drittes Treffen gegeben, von dem wir nichts wussten -
Das alles geschah irgendwie lautlos.
Jetzt sah es der junge König. Er rannte bereits zu seinem Pferd, sein heller Haarschopf flog, dann rannten auch die Herren. Und dann endlich konnte auch ich rennen, gejagt von grässlichen Schreien hinter mir.
Unsere Männer waren verloren. Zum Plündern hatten sie ihre Waffen und Rüstungen abgelegt, ihre Pferde grasten irgendwo angekoppelt, ihre Hände und Arme waren voller Beute, ihr Herz war voller Sieg und Glück - so traf sie der Lanzenstich in die Seite oder fuhr der Schwerthieb auf sie nieder, oder sie warfen alles weg und stürzten zu ihren Pferden. Doch sie wurden gejagt, wie man Wildschweine jagt, wurden eingekreist, bevor sie ihre Tiere erreicht hatten, und wurden niedergemacht. Keiner würde am Leben bleiben! Nicht einer!
Die Schlacht, dachte ich im Reiten - die wirkliche Schlacht! Niemand hatte sie angekündigt! Niemand hatte gewartet, bis sich der Gegner bewaffnete!
Es war schäbig, es war ein Hinterhalt. Aber es war der Sieg!
Alles war entschieden -
Ich fand den König mit einigen Getreuen, die davongekommen waren. Er war verkleidet als Reiterjunge und sehr bleich, aber er lachte mir zu. Es gab keine Fahnen mehr, kaum mehr einen Helm.
Wir wollten zur Küste und mussten quer durch Italien, Richtung Westen. Ein italienischer Edelmann, Herr von Lancea, und sein Sohn führten uns über Geröll und Schutt, durch Schluchten und über Bergkämme. Drei Tage voller Angst und Schrecken hungrig und durstig im Gebirge, aber auch voller Hoffnung.
Unterwegs holten uns einige Männer ein, die der Gefangen-schaft des Anjou entkommen waren, und erzählten: König Karl hatte alle Gefangenen von Adel erhängen lassen.
An der Küste suchten wir ein Schiff, das uns nach Pisa bringen sollte, und das wir endlich auch fanden. Konradin war jetzt sehr ernst und sehr mager.
Die Möwen schrien um das Schiff. Er vertraute den Schiffsleuten. Aber das Schiff lief nicht aus. Schiefe Blicke der Besatzung. Es wurde getuschelt und mit Fingern gezeigt. Der Raum auf dem Schiff wurde eng, die Reling plötzlich zum Gitter. Auf den Berggipfeln an der Küste brannten in der Nacht Feuer.
Das Schiff lag bei einem grauen Steinturm, den ich zuerst gar nicht beachtet hatte. Der Turm hieß Torre Astura und gehörte dem Herrn Giovanni Frangipani - der plötzlich mit vielen bewaffneten Männern am Ufer stand und dem besiegten König nicht in die Augen sehen konnte, als er ihn aufforderte, das Schiff zu verlassen. Und der uns Karl von Anjou auslieferte.
Man brachte uns nach Neapel.
Meinen König, der nun doch keiner war, sah ich erst wieder, als er in Neapel hingerichtet wurde. Sie verurteilten ihn zum Tode und haben ihn mit dem Schwert enthauptet und mit ihm seinen besten Freund, Herrn Friedrich von Österreich und Baden, auch er ein Fürst ohne Land - auch ihm war sein Erbe, Baden und Österreich, nicht gegeben worden; und in der Schlacht von Tagliacozzo hatte auch er es nicht mehr zurückerobern können.
Sie haben Friedrich als Ersten auf das Schafott geführt, so musste Konradin seinen Tod mit ansehen. Mein König hob den blutigen Kopf seines Freundes vom Boden auf und küsste ihn.
Dann wurde auch er hingerichtet. Er war noch bleicher als nach der Schlacht, aber er war sehr mutig und hatte zuvor auf dem Weg zum Schafott noch mit Friedrich geredet, als seien sie zwei Jungen auf dem Weg zur Kirche.
Die Mädchen und Frauen von Neapel riefen: Conradino -
Wir Gefangenen mussten die Leichname am Strand, in der Nähe des Friedhofs der Juden, verscharren - das Kreuz, das wir über die Gräber setzten und auf das wir die Namen der Toten geschrieben hatten, wurde sofort wieder herausgerissen. So hatten es der Papst und Karl von Anjou, der große Sieger, verfügt.
Dies geschah am neunundzwanzigsten Tag des Monats Oktober, im Jahre des Herrn 1268.
Uns, die letzten Getreuen meines toten Königs, ließ man mit einer verächtlichen
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