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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Ritter aus Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen. Mein Herr hatte mir auf dem Weg nach Italien eine große Freude gemacht. Er hatte mir gezeigt, dass er auf seinem Waffenrock dem eigenen, oft wiederkehrenden Wappen das meiner Familie hinzugefügt hatte - einen schreitenden Greif mit ausgespannten Flügeln, aufgerissenem Schnabel und großen, ausgestreckten Krallen. Der Greif sah sehr schön aus zwischen seinem Löwen mit offenem Maul, der natürlich unzählige Male wieder-kehrte, auch auf dem Waffenrock seines Pferdes.
    Ich konnte kaum den Blick vom Wappen meiner Familie abwenden. Es war so stolz und prächtig wie die anderen, die um mich blinkten und im Morgenwind wehten!
    Die Feinde: Das war das Heer Karls von Anjou, einem Bruder des französischen Königs. Ihm hatte der Papst die Insel Sizilien und Apulien, das südliche Italien, zum Lehen gegeben, obwohl es der Kirche gar nicht gehörte. Es war gegen jedes Recht, und wer etwas auf Ehre gab in Schwaben, Bayern, Italien oder Frankreich, hielt sich von diesem Anjou fern.
    Deshalb war sein Heer viel kleiner als unseres, ein düsterer Haufen ohne Glanz, geordnet in zwei Treffen. Wir aber standen in drei Treffen. Im letzten war König Konrad selbst auf einem sehr edlen Pferd.
    Karl von Anjou, dessen Fahnen wir in seinem zweiten Treffen deutlich flattern sahen, dazu ihn selbst in prahlerischer Aufmachung, konnte gar nicht gewinnen. Der Sieg stand fest, bevor die Schlacht überhaupt begonnen hatte.
    Die Krieger standen, bis an die Zähne bewaffnet, an beiden Ufern des Baches, über den ich noch am Abend zuvor auf jener kleinen Holzbrücke gegangen war, und Schimpfwörter flogen hinüber und herüber. Zweikämpfe wurden vereinbart, Beute festgesetzt. Dies geschah in vielen Sprachen - die ich einigermaßen erkannte: Ober-deutsch, Niederdeutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Englisch, Böhmisch - und andere, die ich noch nie gehört hatte.
    Den Bach überschreiten konnte keiner. So schmal er auch war; nur so ein kleines Rinnsal, über das man hätte hüpfen können und aus dem Frösche glotzten -, doch seine Ufer waren zu steil und zu glitschig, das niedere Dickicht war zu unwegsam. Wer es versucht hätte, dessen Pferd wäre gestrauchelt und gestürzt, ein Pfeil, eine Lanze, ein Bolzen, ein Schwerthieb hätte ihn getroffen. Ab und zu zischten Pfeile herüber, wie zur Probe des bevorstehenden Kampfes, die wir Knappen eifrig aufsammelten.
    Wer die Holzbrücke hat, gewinnt die Schlacht, hörte ich einen Ritter sagen.
    Aber es kam anders!
    Unbemerkt von den Feinden, waren viele unserer Reiter den Bach abwärts geritten, dorthin, wo die Ufer flach werden und kein Feind stand und man das Rinnsal leicht überwinden konnte.
    Auch mein Ritter war dabei: »Wir sehen uns drüben!«, hatte er mir noch zugerufen.
    Und da waren sie wieder! Über die Sträucher des Bachufers hinweg sah ich sie, drüben auf der anderen Seite. Ihr mächtiges Anreiten! Mitten hinein in die Flanke des Feindes! Es war prächtig und gewaltig, viel gewaltiger, als ich es oft in Turnieren gesehen hatte, und es hob das Herz - die Lanzen eingelegt, mit nickenden Helmbüschen und wehenden Fahnen aus bunter Seide, die Waffenröcke über den gold- und silberverzierten Rüstungen, die Pferde leuchtend vom Wappenkleid, so preschten sie heran. Die Rüstungen schimmerten wie Silber, die Rosse wieherten. Der Boden stampfte, dröhnte und donnerte. Gewaltig, als bräche ein Wettersturz los, war der erste Anprall, Staub stieg auf, man sah Reiter stürzen, Pferde ausbrechen -
    Die Feinde wichen vom Lauf des Baches zurück.
    Jetzt setzten auch wir über das Hindernis, arbeiteten uns mit dröhnendem Herzschlag durch Gestrüpp, Schilf, Dickicht und Wolken von stechendem Getier, Wasser spritzte auf, Grasbüschel flogen durch die Luft. Drüben waren die Gegner schon weit vom Ufer zurückgewichen. Wurfspeere zerschnitten den Himmel, Wolken von Pfeilen regneten herab, Menschen stürzten schreiend zu Boden.
    Nebel aus Staub stiegen aus dem trockenen Steingrund, als die Schlacht hinausdrängte, immer weiter hinein in die Ebene jenseits des Bachs.
    Es war ein herrlicher Kampf, und es war ein ritterlicher Kampf. Ich fraß herzklopfend Staub und Dreck und fand meinen Herrn wieder. Der preschte schon gegen den zweiten, dann den dritten Gegner und stieß sie herunter von den Pferden. Knappen huschten zwischen gestürzten Rittern hin und her, um ihren Herren aufzuhelfen. Ich stampfte zwischen Leibern von Menschen, Rossen, Hunden. Tote

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