Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Titel: Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
Vom Netzwerk:
seit uns Post-Shiftern aufgefallen war, dass Geister diese Farbe anscheinend nicht besonders mochten. Ihre Wirkung war zwar nicht ganz so abschreckend wie die von Obsidian, sorgte aber dafür, dass man weitestgehend in Ruhe gelassen wurde. Wobei Megan und ich natürlich nie rote Sachen anzogen, wenn wir irgendwo hingingen, wo es uns darauf ankam, cool zu wirken. Wir wollten auf gar keinen Fall, dass man uns schon auf den ersten Blick ansah, dass wir höchstens sechzehn waren.
    Während des Essens unterhielten wir uns über alles außer den bevorstehenden Gig und bemühten uns, nicht die Aufmerksamkeit der Geister auf uns zu ziehen, die in den dunklen Ecken lauerten. Sie sprachen nie miteinander, und soweit ich wusste, war ihnen überhaupt nicht bewusst, dass es außer ihnen auch noch andere Geister gab. Das war noch so eines der ungelösten Geheimnisse im Zusammenhang mit dem Shift. Niemand konnte erklären, wie und aus welchem Grund er sich ereignet hatte. Klar, wenn wir es gewusst hätten, hätten wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn wieder rückgängig zu machen.
    »Was schenkst du Logan eigentlich zum Geburtstag?«, fragte Megan.
    Ich legte unwillkürlich die Hand auf meine Tasche, in der das Geschenk steckte. »Sag ich nicht. Dazu ist es zu persönlich.«
    »Ich weiß doch schon, dass du mit ihm schlafen willst. Was könnte denn noch persönlicher sein?«
    Zwischen mir und Logan? Die Antwort war einfach: Musik. Ich hatte ihm Eyes Open von Snow Patrol bei eBay ersteigert, wollte ihm die CD aber erst später geben, wenn wir allein waren. Mickey und Megan hatten ein Problem mit Bands, die kommerziell erfolgreich geworden waren. Sobald sie einen Hit in den Charts gelandet hatten, waren sie bei den beiden für immer unten durch. Logan und ich waren da weniger streng. Uns ging es vor allem darum, welche Gefühle die Musik in uns auslöste, und nicht, ob die Band Mainstream oder Underground war.
    »Habt ihr zufällig meinen kleinen Jungen gesehen?«, fragte eine violett schimmernde Frau, die so dicht vor uns stand, dass sie beinahe mit dem Tisch verschmolz. In der hellen Neonbeleuchtung waren ihre Konturen nur ganz schwach ausgeprägt, weshalb wir sie im ersten Moment gar nicht bemerkt hatten.
    Wir schüttelten beide den Kopf, sagten mechanisch: »Nein, tut uns leid«, und widmeten uns wieder unserem Joghurt.
    »Warum seid ihr euch da so sicher?«, fragte sie aufgebracht. »Ich habe euch doch noch gar nicht gesagt, wie er aussieht.«
    Ich legte meinen Löffel aufs Tablett. »Haben Sie schon dort nachgesehen, wo Sie früher gewohnt haben?«
    »Natürlich, aber sie sind weggezogen. Ja, ja, ich weiß … ich hätte ihn in Ruhe lassen sollen, aber das konnte ich nicht. Er fing an zu weinen, als ich mich zu ihm ans Bettchen gesetzt habe …« Keine von uns reagierte, worauf die Geisterfrau durch die Tischplatte glitt, sodass sie sich genau zwischen uns befand und wir gezwungen waren, sie anzusehen. »Ich bin doch seine Mutter!«, schluchzte sie. »Wie kann er da Angst vor mir haben? Jetzt läuft er zu dieser Schlampe, um sich von ihr trösten zu lassen. Dabei habe ich ihn aus dem Weg gestoßen, als das Auto auf ihn zugerast kam. Er nennt sie sogar Mommy ! Wie kann man nur so undankbar sein!«
    »Ich bin mir sicher, dass er Ihnen dankbar ist«, versuchte ich sie zu trösten. »Vielleicht ist er jetzt noch zu klein, aber eines Tages wird er es verstehen. Trotzdem ändert das nichts daran, dass Sie tot sind. Sie gehören nun einmal nicht mehr in diese Welt. Wenn Sie sich damit abgefunden haben, können Sie Ihren inneren Frieden finden und in die nächste Sphäre überwechseln. Glauben Sie mir, es ist besser so.«
    Megan schlürfte den letzten Rest Cola aus ihrem Becher und stellte ihn dann ungerührt mitten in der violetten Geistererscheinung auf dem Tisch ab. »Wir müssen langsam mal los.«
    Obwohl das Konzert erst in zwei Stunden anfing, nickte ich und griff nach meiner Tasche. Wir standen wortlos auf und gingen Richtung Ausgang. »Ich will nicht in irgendeine Sphäre überwechseln, ich will zu meinem Sohn!«, rief die Frau uns hysterisch hinterher.
    Mehrere Leute drehten sich zu uns um. Die Post-Shifter unter ihnen hatten natürlich mitbekommen, was los war. Eine Neuntklässlerin aus meinem Rhetorikkurs nickte mir mitfühlend zu, während ich mich innerlich stählte und auf den unvermeidlichen Wutausbruch wartete.
    »Glaubt ja nicht, ihr könntet einfach so weggehen und mich hier stehen lassen!«, zischte der Geist,

Weitere Kostenlose Bücher