Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
meinen Mut zusammen und sagte: »Sie waren in Newgrange.«
Mr Moore erstarrte, den Becher noch an den Lippen. Er und Gina schauten mich erschrocken an.
»Ein Jahr vor meiner Geburt ist dort irgendetwas geschehen«, sprach ich mit fester Stimme weiter. »Mom hat Fotos von Newgrange gemacht, als sie dort war, und in ihrem Tagebuch darüber geschrieben. Aber die wichtigsten Seiten fehlen.« Ich sah Gina an und schluckte. »Hast du sie herausgerissen?«
»Nein, Schatz«, erwiderte sie leise. »Das war deine Mutter.«
»Und wo sind sie jetzt?«
»Ich nehme an, Maria hat sie vernichtet. Die Erinnerung an die Zeit in Irland war für sie immer sehr schmerzhaft. Vermutlich stand auf den herausgerissenen Seiten etwas über deinen Vater.«
Ich zerknüllte die Serviette in meinem Schoß und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie unendlich enttäuscht ich darüber war, dass die Seiten offenbar für immer verloren waren. »Warum wollte sie nicht, dass ich erfahre, wer er ist?«
»Ach, Aura.« Gina seufzte. »Wer auch immer dein Vater war – er war nie für sie oder dich da. Weder als du geboren wurdest noch als deine Mutter krank wurde.«
»Aber warum hat sie dann nicht das ganze Tagebuch vernichtet? Warum hat sie so ein Geheimnis um meinen Vater gemacht? Sie konnte sich doch denken, dass mich das erst recht neugierig machen würde.«
»Weil sie immer ein Geheimnis um ihn gemacht hat«, entfuhr es Gina gereizt. »Maria wollte sich einfach nicht eingestehen, dass er sich einen Dreck um sie oder dich geschert hat. Stattdessen hat sie ihn lieber mystifiziert. Begeh du bitte nicht denselben Fehler. Außerdem wäre es mir recht, wenn du in Zukunft die Finger von meinen Sachen lässt, oder wie hast du das Tagebuch sonst gefunden?«
»Mir bleibt ja nichts anderes übrig, wenn niemand mit mir über die Vergangenheit sprechen will. Und mein Entschluss steht fest: Ich werde das Rätsel um ihn lösen.« Ich sah Zachary an, der tapfer versuchte, so manierlich wie möglich seine dick mit Käse belegte Pizza zu essen. » Wir werden es lösen. Und Eowyn Harris wird uns dabei helfen.«
» Eowyn Harris ?« Ian Moore sah mich ungläubig an. »Du kennst sie?«
»In einer Schachtel, in der meine Mutter Fotos aufbewahrte, habe ich ein Bild von ihr gefunden, auf dem hinten ihr Name notiert war. Ich glaube, meine Mutter hat sie gekannt.« Die Temperatur im Raum schien schlagartig zu sinken. »Warum fragen Sie?
Mr Moore griff kopfschüttelnd nach seinem Besteck, nur um es gleich darauf wieder hinzulegen. »Ich fasse es einfach nicht, dass du sie tatsächlich kennst.«
Zachary hob die Hand. »Ich habe sie auch kennengelernt, falls das eine Rolle spielt.«
Es wunderte mich ein bisschen, dass er seinem Vater allem Anschein nach bisher nichts von unserem gemeinsamen Projekt erzählt hatte, und ich fragte mich, was für eine Geschichte er ihm aufgetischt hatte, wenn wir uns getroffen hatten.
»Zachary und ich schreiben für die Schule eine gemeinsame Facharbeit über prähistorische Anlagen, in denen sich astronomische Phänomene beobachten lassen. Eowyn Harris arbeitet mittlerweile als Dozentin an der Uni von Maryland und berät uns bei dem Projekt«, erklärte ich. »Es dreht sich in unserer Arbeit aber nicht konkret um Newgrange, sondern ganz allgemein um solche Anlagen. Ich habe das Thema bewusst vage gehalten, damit niemand Verdacht schöpft, worum es mir in Wirklichkeit geht.« Ich warf Zachary einen reumütigen Blick zu. »Nicht einmal dir habe ich es erzählt.«
Er lächelte so verständnisvoll, dass mir warm wurde. »Ich hatte mir schon so was in der Art gedacht.«
»Und was hast du herausgefunden?« Mr Moores Stimme klang so streng, dass mir mulmig wurde.
»Nicht besonders viel«, antwortete ich vorsichtig. »Nur dass Newgrange ein jungsteinzeitliches Hügelgrab ist, dessen Eingang so ausgerichtet ist, dass bei Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende die Strahlen genau in eine Kammer im Inneren fallen. Ich versuche gerade herauszufinden, was die in den Stein gemeißelten Spiralen an den Wänden bedeuten könnten.«
Er musterte mich prüfend. »Aber hinter deinem Interesse steckt doch sicher mehr als gewöhnliche Neugier, oder?«
Ich strich mir eine Haarsträhne aus den Augen und versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. »Ich habe den Eindruck, dass Newgrange eine besondere Bedeutung für meine Mutter hatte. Sie hat immerhin ein ganzes Semester lang mit dem Studium ausgesetzt, nur um drei Monate in Irland
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