Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
gegenüberliegenden Straßenseite, wo ein Geist, der einen Regenmantel anhatte, im Licht seines violetten Scheins das Erdreich betrachtete. Ich fragte mich, ob er in dem Haus gewohnt hatte, das dort vor langer Zeit abgerissen worden war, so wie es diesem hier beinahe passiert wäre.
»Ich schätze mal, dass es verboten ist, sich aufs Bett zu setzen«, meinte Zachary.
»Es macht sowieso nicht den Eindruck, als wäre es viel weicher als der Boden.«
Wir setzten uns im Schneidersitz einander gegenüber auf den abgetretenen Läufer. »Danke, dass du mich von den beiden weggelotst hast«, sagte ich. »Ich hätte es nicht mehr lange ausgehalten.«
»Tut mir leid, dass du so einen beschissenen Geburtstag hattest.«
»Es war ja nicht alles schlecht heute.« Ich strich mit den Fingerkuppen über die Maserung der Dielen und stellte mir vor, dass unter den Brettern womöglich das verräterische Herz aus Edgar Allen Poes berühmter Kurzgeschichte pochte. »Außerdem ist er noch nicht vorbei. Vielleicht wird er ja noch beschissener.«
»Mein Vater kann manchmal echt unerträglich sein. Für ihn gibt es immer nur seine ›Mission‹, alles andere ist nebensächlich.«
»Das ist für dich sicher auch nicht immer leicht.« Ich nahm all meinen Mut zusammen und griff nach seiner Hand. »Sag mal, stimmt es, was du mir über deine Mutter erzählt hast? Dass sie euch verlassen hat? Oder war das erfunden, weil du mir nicht die Wahrheit sagen durftest?«
»Teilweise.« Das dämmerige Licht warf den Schatten seiner langen Wimpern auf seine Wangen. »Sie war nicht glücklich, aber das war nicht der Grund, warum sie gegangen ist. Mein Vater hat sie zu ihrem eigenen Schutz weggeschickt, als es anfing, gefährlich zu werden.«
»Aber dann hätte er dich doch auch wegschicken müssen, oder?«
»Ich habe mich entschieden, bei ihm zu bleiben. Ich wollte herausfinden, wer ich war – warum ich der bin, der ich bin –, und das hätte ich nicht gekonnt, wenn ich jetzt mit neuer Identität in irgendeinem gottvergessenen englischen Kaff sitzen würde.« Er strich mit dem Daumen über meine Fingerknöchel. »Als ich dich kennengelernt habe, wusste ich, dass es richtig war, hierherzukommen.«
»Ach, und was ist mit Becca Goldman?«, neckte ich ihn, obwohl mir vor seiner Antwort auch ein bisschen mulmig war. »Ist sie etwa keine gute Botschafterin für unser Land?«
»Ach so … Becca.« Zachary errötete und rieb sich verlegen das Gesicht. »Das sollte ich dir vielleicht erklären.«
»Warst du deswegen so viel mit ihr zusammen, weil sie älter ist als du und nicht mitbekommen hat, dass du auf Geister abschreckend wirkst?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Unter anderem. Aber vor allem ging es mir darum, etwas herauszufinden.«
Ich sah ihn fragend an.
»Na ja, du wolltest doch wissen, wer die Gerüchte über dich in die Welt gesetzt hat.«
»Sag bloß, das war Becca?« Ich spürte, wie mir vor Wut das Blut ins Gesicht schoss.
»Nein. Aber dadurch, dass ich so viel Zeit mit Becca verbracht habe, habe ich die ganzen Lästereien und Gerüchte in der Clique mitbekommen und irgendwann eben auch erfahren, wer wirklich dahintersteckt. Es war Brian, genau wie Megan es die ganze Zeit vermutet hat.«
»Brian?« Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber warum hätte er das denn tun sollen? Warum hasst er mich?«
»Brian hasst dich nicht. Er hat es für jemand anderen getan, der dich hasst. Ein Mädchen aus Logans Schule, die in ihn verliebt war – in Logan, meine ich. Sie heißt Nadine. Brian findet sie unheimlich scharf und würde alles tun, um an sie ranzukommen.« Zachary spuckte die Worte mit einer verächtlichen Grimasse aus. »Er hat dich schlecht gemacht, um sich bei Nadine einzuschleimen.«
Ich strich behutsam über den Verband an seiner Hand. »Wann hast du das alles herausgefunden?«
»Auf Beccas Party letzte Woche.«
»Megan hat mir erzählt, dass du da warst. Wie ist es gewesen?«
»Cool. Die Goldmans haben eine wirklich beeindruckende Sammlung von unglaublich seltenen Single Malts. Und einen Whirlpool.«
Mein Herz schlug schneller, als ich mir vorstellte, wie er mit Becca halbnackt im Whirlpool saß und Whisky schlürfte.
»Aber abgesehen davon, dass wir ein bisschen im warmen Wasser geplanscht haben, ist nichts passiert.« Zachary legte den Kopf schräg und grinste. »Jedenfalls nicht zwischen mir und Becca. Ansonsten ist es ziemlich heiß hergegangen, ich könnte dir Sachen erzählen …«
»Über wen?«
»Das wüsstest
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