Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
stehen riesige Fragezeichen. Langsam löse ich mich auf. Als Beweis für meine Existenz lasse ich die gespenstischen Buchstaben auf der Tafel zurück.
Rei wird in der vierten Stunde zum Verhör aus dem Chemieunterricht geholt. Er bleibt bei seiner Version der Geschichte und nutzt die Gelegenheit, Seths Anwalt über die Gedächtnislücken von »Anna« nach ihrer Kopfverletzung aufzuklären und ihm von ihrem seltsamen Verhalten und von ihrem Tattoo zu erzählen. Er erwähnt auch den Zettel an Seths Spind. Die Gerüchte darüber haben sich so rasend schnell in der Schule verbreitet wie der gammelige Geruch von Seths Sandwich.
Auch Seths Anwalt darf Taylor befragen, aber ich interveniere nicht. Er fragt sie nach ihrem Tattoo, aber sie will es nicht zugeben.
Die Anwälte sprechen auch mit Taylors Freunden und mit ein paar Lehrern und anderen Mitarbeitern der Schule. Auf dem Flur höre ich, wie ein Lehrer einem anderen erzählt, dass das Gerichtsverfahren gestern in den Abendnachrichten erwähnt wurde. Alles, was wir jetzt noch brauchen, sind ein paar Elefanten und Ponys, dann könnten wir wohl einen Zirkus eröffnen.
Taylor schleicht von Zeit zu Zeit vor Jasons Spind herum und wartet auf ihn. Er taucht kurz vor der sechsten Stunde auf.
»Hi Jason.« Sie lächelt ihn an.
»Hi«, stottert er und fummelt an seinen Büchern herum.
»Hast du heute nach der Schule schon was vor?«
»Hmm, ja.« Er schlägt die Tür zu seinem Spind zu, weicht ein paar Schritte zurück und rennt dann den Flur hinunter.
»Rei hat alles ruiniert«, beschwert sie sich auf dem Weg in die nächste Unterrichtsstunde bei ihren Freundinnen. »Jason sieht mich nicht einmal mehr an! Wie kann er sich vor Rei fürchten? Er ist eine Amöbe im Vergleich zu Jason.«
»Mein Gott, Anna«, schnaubt Vienna, »du hast wirklich Gedächtnisprobleme. Rei hat den schwarzen Gürtel in Karate, und er nimmt auch Unterricht in irgendetwas anderem, ich glaube, Alido oder Aikudo oder so ähnlich. Jason wäre ein Idiot, sich mit ihm anzulegen.«
»Ich lasse nicht zu, dass Rei Ellis mir das ruiniert!«, erklärt Taylor.
»Wenn du nicht mehr mit Rei ausgehst, ist er dann wieder auf dem Markt?«, fragt Cori.
»Ja, was auch immer.«
Taylor hat die Beharrlichkeit eines Terriers. Sobald Jason bei Schulschluss die Tür zu seinem Spind zuknallt und Taylor wieder dort stehen sieht, zuckt er vor Schreck zusammen.
»Habe ich dich erschreckt?«
»Na ja, irgendwie schon.« Er schultert seinen Rucksack und entfernt sich ein paar Schritte.
»Jason, wenn du dir wegen Rei Ellis Sorgen machst – er wird uns nicht mehr belästigen. Wenn doch, werde ich eine einstweilige Verfügung erwirken.«
Jason schaut verwirrt. »Rei Ellis? Warum sollte ich mir wegen Rei Ellis Sorgen machen?«
»Er hat sich gestern wie ein Idiot benommen. Ich dachte, dass du vielleicht … «
»Du hast gedacht, dass ich vor Rei Ellis Angst habe?« Offensichtlich ist die Verletzung seines männlichen Egos größer als die Angst vor mir. »Ich habe keine Angst vor Rei Ellis. Mir ist gerade eingefallen, dass ich heute doch Zeit habe. Was willst du unternehmen?«
Als Erstes will sie mit Jason an Rei vorbeistolzieren. Der atmet hörbar ein und folgt ihnen auf dem Weg nach draußen.
»Ich würde das an deiner Stelle lieber nicht tun, Rei«, ruft ihm Taylor über ihre Schulter hinweg zu. »Du benimmst dich wie ein irrer Stalker.«
»Was ist mit ihm los?«, fragt Jason, als er Rei argwöhnisch über die Schulter hinweg beobachtet.
»Er hält mich für seine kleine Schwester«, seufzt Taylor.
»Aber das bist du nicht, oder?« Jason ist verwirrt.
Sogar Taylor muss grinsen. »Nein, Jason. Das bin ich nicht.«
Sobald sie außer Sichtweite sind, mache ich mich lange genug sichtbar, um Rei wissen zu lassen, dass ich mich an die Fersen der beiden hefte. Drei Menschen sehen ungläubig ein paar Mal in Reis Richtung.
Jason bringt sie zum nächsten McDonald’s, der ungefähr zehn Kilometer entfernt ist. Sie sitzen nebeneinander in einer Ecke, und Jason atmet seine riesige Bestellung praktisch ein, während Taylor ab und zu eine seiner Pommes herauspickt und an einer kleinen Diät-Limonade nippt.
Er lässt zu, dass sie ihr Bein an seinem auf und ab reibt.
Er scheint vergessen zu haben, wie furchteinflößend ich wirklich bin.
Dank eines großen Malzbiers meldet sich seine Blase. »Ich bin gleich zurück«, sagt er, lehnt sich vor und gibt ihr einen feuchten Cheeseburger-Kuss direkt auf den Mund. Iiih!
Ich
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