Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
könnte kaum mehr Wind aufwirbeln. »Ich muss sie von Jason fernhalten. Wahrscheinlich wird sie schon alleine deshalb mit ihm schlafen, um sich an mir zu rächen.« Bei diesem Gedanken sieht er so unglücklich aus, wie ich mich fühle. »Wenn ich mit deiner Mum rede, vielleicht verbietet sie Taylor dann, ihn zu sehen.«
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Taylor nur anspornenwürde. Nein, ich denke, Jason sollte die echte Anna Rogan treffen, wenn er schon plant, sie in der nahen Zukunft zu entjungfern.
Ich denke, ich werde unserem Freund Jason einen Besuch abstatten. Kannst du mir Musik raussuchen, die ich ihm vorspielen kann?
»Was? Warum denn das?«
Weil ich ihn zu Tode erschrecken will.
Dieser Gedanke erheitert Rei ungemein. »Wirklich? Was ist wichtiger? Die Musik oder der Text?«
Harte Gitarrenklänge, viel Bass und verstörende Texte wären optimal.
»Komm her«, sagt er. »Hier drin bewahre ich all meine Songs auf.« Er rollt sich von seinem Bett herunter und öffnet die Tür zum (staun!) Fitnessraum!
Das einzige Mal, als ich diesen Raum betreten habe, war es dunkel. Draußen vom Fenster wirkt der Raum ganz anders als von drinnen. Es ist einfach nur ein Raum. Nach der ganzen Geheimnistuerei bin ich fast enttäuscht. Er ist groß. So groß wie die Doppelgarage. Und er ist geschmackvoll eingerichtet. Ein hellbeiger Teppich bedeckt den Boden, die Wände sind grau-weiß und Bambus-Rollos hängen vor den Fenstern. Neben der Tür sind Reis Gewichte und seine Trainingsbank. Ein schwarzer Futon aus Segeltuch ist in dem Raum, und Reis Lieblingsspielzeug, seine schwarz glänzende Ibanez-Elektrogitarre, steht auf ihrem Ständer neben dem eindrucksvoll aussehenden Verstärker, von dem ich weiß, dass man ihn über unsere Gärten hinweg bis in mein Schlafzimmer hören kann.
Der Computer ist in Reis Schlafzimmer, deshalb forme ichmit meinem Mund das Wort
Wow!
und hebe die Augenbrauen so, als sei das der coolste Raum, den ich je gesehen habe. In der Ecke beim Fenster, wo das Sonnenlicht durch die filigranen Blätter der Weide hindurch einen gemusterten Schatten wirft, steht ein tiefer Tisch mit einem Tablett, auf dem mehrere halb abgebrannte weiße Kerzen stehen. Ein Kissen in der Form eines Pilzhuts liegt am Boden, gegen die Wand gepresst. Ich zähle zwei und zwei zusammen: Hier meditiert Rei also. Ich schwebe zu dem Platz und zeige darauf.
»Ja, ich dachte mir schon, dass dir irgendein schlauer Kommentar dazu einfällt. Warum glaubst du, dass ich dich nie hier reinlasse?«
Ich runzle die Stirn. Und ich dachte, dass er mich nicht in den Raum lässt, weil ich mich über seinen verstopften Gesichtsausdruck beim Gewichtheben amüsiert habe. Es ist schwer, sich Rei dabei vorzustellen, wie er im Schneidersitz auf dem Kissen sitzt und »om« ruft. Ich passe meine Vision an: Ich ziehe ihm sein Shirt aus und lasse das »om« und das Pilzkissen weg. Schon viel besser.
»Meine Mutter hat mir das Kissen gekauft. Ich benutze es nie. Und«, sagt er abweisend, »ich sage nie ›om‹ beim Meditieren. Nur damit du das weißt.«
Ich wünschte, der Computer wäre hier und ich könnte ihm sagen, wie großartig ich es finde, dass er meditiert. Ich liebe die Gelassenheit, die er ausstrahlt, und ich habe sie diese Woche vermisst. Er ist ein paar Mal in dem Raum verschwunden, aber ich glaube, er hat sich nicht viel Zeit genommen, um seine positive Energie wieder aufzuladen. Es macht mich traurig zu wissen, dass er sich wegen des Meditierens schämt.
»Okay, was willst du … Ich habe hier Power Metal, Trash Metal, Speed Metal, Goth Metal, Punk Metal, Black Metal, Death Metal … «
Ich nicke heftig.
»Death Metal?«
Ja, das klingt perfekt.
»Gut.« Er zieht einen Plastikordner unter seinem Beistelltisch hervor und blättert, bis er zu einem Trennblatt mit der Aufschrift
Death Metal
kommt. Diese Art von sorgsamer Ordnung ist auch ziemlich verstörend …
»Was sieht gut aus?«, fragt er und breitet die Blätter auf dem Boden aus. Ich finde eine Band, deren Name verstörend klingt. Rei versichert mir, dass die Gitarren schrill genug sind, um meine Nachricht rüberzubringen. »Hier lang«, sagt er und führt mich in sein Schlafzimmer, wo er an seinem Computer You Tube aufruft. »Du willst etwas Dunkles und Lautes?«, fragt Rei. »Da hast du es.« Ich lächle ihn an und der Raum beginnt zu vibrieren. Perfekt.
Fünf Minuten später bin ich in Jason Trents Schlafzimmer. Es ist genauso widerlich wie er. Besonders die fleckigen
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