Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
das, was Wolff
ständig hören wollte.
„Ach, und ab heute nicht mehr Herr Präsident“,
fuhr Wolff in einem versöhnlichen Ton fort, „und schon gar nicht Mister
President, sondern nur noch Herr Wolff, haben wir uns verstanden?“
„Jawohl, Herr Prä...., äh, Herr Wolff“.
Gerbers Kiefergelenke hörten zu mahlen auf, er
hatte sich beruhigt.
Selten verzichtete Wolff auf die Anrede, „Herr
Präsident“. Immer war es dann der höchste Grad des Wohlwollens und der
Anerkennung und eine Auszeichnung für jeden Kieler Polizisten, wenn Wolff sich
diesbezüglich bescheiden gab. Es war, als habe Wolff den Leiter der
Kriminaltechnik soeben mit höchsten Weihen geadelt. Offensichtlich hatte Gerber
beim Präsidenten einen großen Eindruck hinterlassen.
„Mensch Hagen, der Alte war ja von deinen
Ausführungen richtig begeistert“, raunte Hanson seinem Freund zu.
„In deinem Schatten, Dag, muss man schon große
Haufen scheißen, um vom Alten wahrgenommen zu werden“, flüsterte Gerber zurück.
„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel,
Hagen. Wir wissen alle, was wir dir und deiner Truppe zu verdanken haben. Ohne
die Kriminaltechnik ließe sich heutzutage kein Gewaltverbrechen mehr aufklären.
Du weißt es, ich weiß es, wir alle wissen es“.
„Aber tu mir doch noch einen Gefallen, Hagen,
und checke Halifax gegen den Code ab“, murmelte Hanson seinem Freund noch
weiter zu und reckte seinen Daumen der rechten Hand in die Höhe, „vielleicht
haben wir Glück“.
Hanson schaute zur Uhr. „Hagen es ist jetzt
21.30 Uhr, in Halifax dürfte es jetzt kurz nach 17.00 Uhr sein. Ich werde
versuchen, unsere Ermittlungen in Kurzform zu diktieren, dann brauchen wir zwei
Dolmetscher für die Übersetzungen der Alarmierungen. Ich fürchte, wenn die
Kanadier endlich alarmiert sind, graut hier der Morgen“.
Kapitel 59
Bayern, Bad Aibling, Headquater der NSA,
Donnerstag, 15.06.1995, 02.00 Uhr
Unter den riesigen weißen Kunststoffdomen, die
aussehen, wie in die Landschaft placierte Golfbälle, belauschen seit Kriegsende
die Hochleistungsantennen der National Security Agency (NSA) von Uncle Sam
nicht nur den militärischen Fernmeldeverkehr in Mitteleuropa, sondern fangen
auch in Deutschland alle gefunkten und drahtgebundenen Nachrichten ab. Die
Myriaden Wörter, die in allen Sprachen dieser Welt über Kabel oder durch den
Äther wie auch durch Cyberspace übermittelt werden, werden Tag und Nacht von
einer raffinierten Software durchkämmt und nach sicherheitsrelevanten Begriffen
abgecheckt. Als in Kiel die Alarmierung deutscher Behörden an die kanadische
Polizei abgeschlossen war, hatten die Antennen der NSA und Spionagesatelliten
im erdnahen Orbit längst alles abgefangen. In Windeseile durchlief jedes
übermittelte Wort die elektronischen Filter. Bomben, Sprengstoff und Semtex M
waren die Suchbegriffe, die eine Hardware in Gang setzte, die alles
aufzeichnete, Absender und Adressat automatisch lokalisierte und die
Nachrichten in Gänze ins Englische übersetzte. Später, wenn der Satellit mit
der über Deutschland aufgezeichneten Nachricht eine günstigere Position zum
Hauptquartier der NSA in Fort Meade hatte, würde er die Informationen
abstrahlen, was aber in den nächsten dreißig Minuten nicht geschehen würde.
Dieser Nachtdienst war wieder endlos. Langsam
kroch durch das halbgeöffnete Fenster die Kühle des beginnenden Tages in W.
Millers Glieder. Er spürte wieder seine Kriegsverwundung, die er sich in Bagdad
eingefangen hatte.
Alle bisherigen Neuigkeiten, die durch den Äther
schwirrten und zu einem geringen Teil ausgedruckt wurden, waren gewöhnlich und
mehr als banal. Die Analysten der nächsten Dienstschicht würden sich zu Tode
langweilen, dachte W. Miller. Schon seit langem hatte der Korporal es
aufgegeben, die herausgefilterten Nachrichten aufmerksam zu lesen. Überdies
hatte seine Müdigkeit einen Punkt erreicht, an dem er sich ohnehin nicht mehr
konzentrieren konnte, das war in den frühen Morgenstunden immer so.
Es war nur eine kleine Unaufmerksamkeit von
Korporal W. Miller, die in der Folge die Drähte im Hauptquartier in Fort George
Meade jenseits des Atlantiks glühen ließen. Die Cola, die sich W. Miller
schläfrig einschenken wollte, landete nicht in seinem Trinkglas, sondern als
Schwall auf einigen belanglosen Dokumenten, die der Laser-Drucker schon vor zig
Minuten aus dem Schlitz geschoben hatten.
Wenige dieser übersetzten Dokumente waren nun
mit Cola besudelt. Mit einem
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