Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
vermerkt, dass die ständigen Papierstau-Probleme des Laser-Druckers
behoben werden müssen, was Sie leider bislang versäumt haben, in die Wege zu
leiten“. Nun muss es noch dicker kommen, dachte Miller. „Die eingetretene,
halbstündige Sicherheitslücke durch die verspätete Alarmierung war die direkte
Folge eines lang anhaltenden Papierstaus“, log Korporal W. Miller mit einer
antrainierten, undurchdringlichen Miene. „Hätte ich die verdammte Technik nicht
selbst in eigener Regie notdürftig repariert, wären wir immer noch von
Unkenntnis getrübt und der Präsident weiterhin in Lebensgefahr. Zweitens,
Commander, für die Zukunft sprechen Sie mich mit Korporal Miller an, soviel
Zeit muss sein. Und last but not least würde ich langsam mal im Fort anrufen
und dort den Lagedienst in Kenntnis setzen, bevor noch mehr Zeit ungenutzt
verstreicht“.
Völlig derangiert griff sich der Commander den
Hörer der stehenden Standleitung zum Hauptquartier und wartete auf die
Verbindung. Er atmete schwer und tief ein, so als wollte er sich für das
bevorstehende Telefongespräch konzentrieren und beruhigen. Dreimal vernahm der
Commander das Freizeichen, dann sprudelte die Neuigkeit aus ihm hervor.
Kapitel 60
Kanada, Halifax, Donnerstag, 15.06.1995, 10.30
Uhr Ortszeit
Fünf Zeitzonen weiter westlich erblühte ein
altehrwürdiges Herrenhaus im viktorianischen Stil inmitten des gepflegten
Sir-Sandford-Flemming-Parks zu neuem Leben. Der Charme dieser prachtvollen
Residenz würde sich rasch ändern. Spätestens wenn die vielen Kohorten der
Sicherheitskräfte es langsam zu einer Festung wandelten, wäre es mit der Würde
und der Eleganz dieses Hauses vorbei. Auf und vor dem Gesindehaus, das als
Appendix etwas abseits lag, waren bereits Luftabwehrsysteme installiert. Im
Souterrain wuselten Scharen der Sicherheitsorgane. Das Parterre war durch das internationale
Pressecorps in Beschlag genommen worden. Der große Wald ihrer Parabolantennen
auf den Übertragungswagen war wie die Soldaten ausgerichtet, sie zeigten alle
auf einen geostationären Satelliten im Orbit. Die meisten der handverlesenen
Medienhöflinge drängelten sich gestresst zwischen Gesindehaus und
Übertragungswagen und zogen ihre letzten Strippen.
Das protokollarische Procedere war schon seit
Wochen mit dem Sicherheitskonzept gegengecheckt worden. Hier und da wurde die
Komplexität des erdachten Konzepts noch verfeinert. Es stammte aus McLeears
Feder. Im Großen und Ganzen war es perfekt. Gleichwohl schickte er seinen Vize
persönlich noch einmal auf die Piste, um die Verschweißung und die Plomben
aller in Frage kommenden Kanaldeckel zu prüfen. McLeear rieb sich das Kinn und
schaute zum x-ten Mal auf sein Manuskript. Alles wird gut, dachte er.
Auch im Herrenhaus hastete das gesamte Personal
scheinbar kopflos durch das Anwesen. Alle schienen vom Gipfelfieber befallen zu
sein. Galadinner und der Kaminabend mussten vorbereitet werden. Mit der sehr
knappen Vorlaufzeit von vier Stunden konnte der Chef de cuisine leben. Es hatte
Nerven gekosten, dem Protokollchef dieses Zeitmaß abzuringen. Erst nach langer
Diskussion sah selbst dieser blasierte Typ ein, dass ein Sieben-Gänge-Menü
nicht aus dem Boden gestampft werden konnte. Nachdenklich las der Küchenchef
zum wiederholten Mal die Speisefolge auf der Menükarte. Perfekt, dachte er
selbstzufrieden, keiner in diesem Land war in der Lage ein solches Menü virtuoser
zu komponieren, war er sich sicher. Man würde sich seiner kulinarischen
Kunstfertigkeiten erinnern, sich um ihn reißen. Gedanklich sah er sich schon
als Sternekoch in den großen, exquisiten Hotels dieser Welt. Seine
Küchenbrigade stand in den Startlöchern und wartete auf sein Zeichen, wie auch
er den Anruf aus Downtown erwartete. Wie ein Kapellmeister würde er dann seine
Brigade dirigieren und sie zu großen Leistungen führen. Ja, man sollte sich an
ihn erinnern. Mit einer generösen Geste übergab er die Menükarte seinem
Sous-chef. „Geh zum Sommelier, er soll gemäß dieser Kreation die Weine
bereitstellen und mir in spätestens zehn Minuten die Vorschlagsliste zeigen.
Und achte drauf, dass er nicht wieder zuviel der edlen Tropfen verkostet.
Ermahne ihn diesbezüglich eindringlich, sonst hätte er heute seinen letzten
Auftritt, sag ihm das in aller Deutlichkeit“. Der Stellvertreter machte sich
auf den Weg.
Livrierte Diener polierten vor dem bereits
lodernden Kaminfeuer die restlichen Weingläser. Mit allergrößter
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