Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
äh
...“
Offensichtlich suchte Pavel vergeblich nach
deutschen Worten, nach einem passenden Begriff. Ihm fiel nichts ein.
„äh, … über die blutige Rasborka, die wir ihm
zukommen lassen, noch wundern.
Wir werden Bassjewitsch und seinen
Gotteskriegern die Gelegenheit verschaffen, in Allahs Gärten als Martyrer zu
lustwandeln. Dann können sie sich dort im Paradies mit den zweiundsiebzig
Jungfrauen verlustieren. Über den Arschtritt, dem wir den guten Bassjewitsch
zukommen lassen, wird er nicht erfreut sein“.
„Wem wollen Sie in den Arsch treten und wer soll
in Allahs Gärten lustwandeln?, ich habe nichts verstanden. Die Leitung ist
atmosphärisch stark gestört“.
„Dem islamitischen Rebellenführer in
Tschetschenien werden wir kräftig auf die Finger klopfen. Wenn die Bomben in
Grosny gebaut worden sind, ist Bassjewitsch der Urheber. Das technische
Knowhow, wie man bei Ihnen sagt, hat er und die Mittel auch. Er wird von arabischen
Terroristen mit Geld und Sachmitteln unterstützt. Bassjewitsch mit seiner
gesamten Bande werden wir … “.
Pavels weitere Ausführen verstand Wolff nicht
mehr. Nur noch Hintergrundrauschen drang an sein Ohr. Die Leitung war tot.
Nachdenklich legte Wolff den Hörer in die Gabel
zurück. In seinem Hinterkopf memorierte er ständig die sibyllinischen Worte,
„in Allahs Gärten zu lustwandeln“. Es dauerte einige Sekunden, bis sie vollends
in sein Hirn eingesickert waren. Sekunden, die sich qualvoll dehnten und Wolff
in ein tiefes Nachsinnen stürzten. War das von Pavel wie nebenbei Erwähnte, die
eigentliche Nachricht? Dann beschlich ihn eine Ahnung, aus der Argwohn erwuchs.
Aus Argwohn wurde Angst und dann Gewissheit. Wolff wusste, er hatte eine Lawine
losgetreten. Das Telefonat mit Pavel war ein Fehler. Viele Menschen würden
sterben, war sich Wolff nun sicher. Kotzübelkeit stieg in ihm hoch.
Kapitel 64
Kiel, Innenstadt, Freitag, 16.06.1995, 20.55 Uhr
Über Kiel senkte sich an diesem Abend ein
sanftes, purpurfarbenes Abendrot mit einer samtweichen Luft voller Düfte des
Sommers. Ruhe breitete sich aus, es war ein Atemholen des Viertels nach der
Rushhour. Das Luftflirren über dem Asphalt hörte auf, stattdessen warf er die
gespeicherte Wärme des Tages zurück. Endlich, zögernd wandelte sich die Hitze
des Tages zu einem angenehm kühlen Abend.
Getragen von einem erregenden Gefühl der
Erleichterung, endlich das große Warum gelöst zu haben, verließ Hanson wie auf
Schwingen, fast enthusiastisch, das Polizeipräsidium. Er wusste, die Nacht
würde noch erregender verlaufen. Tauben watschelten vor seinen Füßen und ließen
sich bei der Suche nach Futter nicht stören. Erst als die nahe Kirchturmuhr die
neunte Abendstunde anschlug, flatterten sie aufgeschreckt davon, um, mit dem
letzten Glockenschlag ihre Futtersuche fortzusetzen.
An der Trottoirkante blieb Hanson stehen und
wartete an der Fußgängerampel auf Grün. Er musste lange warten. Seine Gedanken
kehrten zu den jüngsten Ereignissen zurück. Warum nur wurde sein Verdacht nicht
durch die Sprengstoffspürhunde, sondern erst am Hamburger Flughafen nach dem
Röntgen des Deckels bestätigt? Die beiden Spürhunde hatten völlig versagt,
waren wie wild als sie zum Gullydeckel geführt wurden, hatten sich gegenseitig
besprungen und sich an die Beine der Hundeführer geklammert und sich daran
gerieben. Die Hundeführer konnten sich dieses irre Verhalten ihrer vierbeinigen
Kollegen nicht erklären. In Fuhlsbüttel jedoch zeigte das Röntgenbild des
Deckels auf dem farbigen Monitor eine gelb/orange Masse, vermutlich
Sprengstoff. Feine Drähte führten von einem kleinen Zylinder zu komplexen,
elektronisch aussehenden Bauteilen. Durch eine kleine Bohrung, die nach
sorgfältigem Abgleich mit den Röntgenbildern gesetzt wurde, gelang es dem
Chemiker des Landeskriminalamtes, mikroskopisch kleinste Mengen der
verdächtigen Masse zu isolieren.
Nach der Analyse dieser Winzigkeit stand fest,
der Gullydeckel war mit einer Semtex-M-Laborierung gefüllt. „Semtex-M“, sagte
der Chemiker noch beiläufig, sei ein hochbrisanter militärischer
Plastiksprengstoff mit einer Abbrenngeschwindigkeit von achttausend Metern pro
Sekunde. Bei der Umsetzung, sprich bei der Zündung, wird alles in seiner
Umgebung zerrissen. Die Menge im Deckel könnte einen Reiseomnibus zerlegen,
ohne dass auch nur ein Passagier eine Chance hätte, zu überleben.
Warum aber haben die Sprengstoffspürhunde den
Sprengstoff nicht erschnüffeln
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