Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Flemming-House erreicht. Der schwere
Decken-Kristalllüster klirrte leise, ohne dass es von den Gästen wahrgenommen
werden konnte, ihre Debatten wurden zu laut geführt. Dass sich in den Gläsern
ein wenig die edlen Weine kräuselten, erstaunte nur den japanischen
Ministerpräsidenten, er war es aus seiner Heimat gewohnt, wenn die Erde
vibrierte. Aber im Osten Kanadas ein Erdbeben?
Dann, nach der Explosion, sie klang wie fernes
Donnergrollen, verstummten alle Gespräche. Die Regierungschefs sahen sich
erschrocken an und drängten mit dem Personal des kanadischen Gästehauses durch
die Eingangshalle in den Park.
Über den Baumwipfeln, weit entfernt, bildete
sich ein mächtiger Rauchpilz und stieg immer höher und höher in den dämmrigen
Abendhimmel empor. Die schon tiefstehende Sonne verlieh der Rauchsäule ein
bedrohliches graues Rot.
Chief Inspector McLeear sah völlig entsetzt die
majestätisch, rote Säule, die endlos in die Wolken zu steigen schien. Er hatte
die Situation, den ungeheuren Donner und den Rauchpilz blitzschnell analysiert.
Für ihn brach eine Welt zusammen.
Monatelang hatte er seinen Stab für diese
Konferenz trainiert und glaubte, alle Eventualitäten bedacht zu haben, und nun
eine Explosion im hermetisch abgeriegelten Veranstaltungsraum. Er fühlte sich
plötzlich ausgelaugt. Spürte er in den vergangenen Wochen doch immer öfter,
dass er in die Jahre gekommen war. Die ständigen Auseinandersetzungen mit
seinem Stellvertreter nahmen von Mal zu Mal an Schärfe und Intensität zu. Sie
rieben ihn auf, sie kosteten Nerven. Nerven, die schon während der
Planungsphase dieses Gipfeltreffens wie Klaviersaiten gespannt waren. Nun lagen
sie blank. Ständig hatte er sich des penetranten Wadenbeißers erwehren müssen.
Ständig wusste sein Stellvertreter alles besser. Immer hatte er bezüglich des
Sicherheitskonzeptes zum G7-Treffen Verbesserungsvorschläge, die nicht der
Sache, sondern nur seiner Eitelkeit dienlich waren. Und jetzt die verdammte
Explosion. Obgleich der Rauchpilz viel zu weit entfernt in den Himmel stieg,
als dass auch nur ein Staatsgast gefährdet war, würde sich sein Vize vor
Schadenfreude nasspinkeln.
McLeear stürmte so schnell es seine
gichtgeplagten Beine zuließen zum Befehlswagen. Mit rasendem Herzen, hochrotem
Kopf und gänzlich außer Atem riss er die Tür auf und lehnte sich sogleich gegen
den Türrahmen. Er brauchte einen festen Halt. Dann sah er seinen Stellvertreter
mit übergestülpten Kopfhörern vor einem transportablen TV-Gerät sich mit Donuts
mästen. McLeears gekeuchte Atemzüge wie auch den vermeintlichen Geschützdonner
hatte sein Vize nicht hören können. Wie auch sollte er mit übergestülpten
Kopfhörern wahrnehmen können, was um ihn herum geschah. McLeears Entsetzen
stürzte aber ins Bodenlose, als er die Faxnachrichten sah, die sich im Fangkorb
gesammelt hatten. Jede einzelne Faxseite war mit übergroßen Buchstaben, die
sich zu WARNING fügten, markiert. Dann erst folgte die Seitenzahl mit
nachfolgendem Text. Nervös und verzweifelt suchte McLeear die erste Seite der
übermittelten Warnungen. Ihm stockte der Atem, als er sie fand und überflog.
Warnung – dies ist keine Übung- Warnung
Die deutschen Sicherheitsbehörden sind bei
Ermittlungen in einer Mordserie auf eine Verschwörung gestoßen, die zum Ziel
haben dürfte, die Repräsentanten der G7-Teilnehmer zu töten.
Wir wurden darüber informiert, dass diverse
Kanalschächte von Zufahrtsstraßen zum Flemming Park von ausländischen Agenten
vor geraumer Zeit höchstwahrscheinlich mit Attrappen von Gullydeckeln versehen
worden sind, in denen sich hochbrisante Sprengmittel befinden.
ACHTUNG: Diese Alarm-Vorausmeldung wird
fortgeschrieben.
Chief Inspector McLeear war wie vom Donner
gerührt. Ihm wurde schwindelig, er konnte das Gelesene nicht glauben. Seinem
Stellvertreter war inzwischen die andere Geräuschkulisse, die von außen in den
Befehlswagen drang, aufgefallen. Polizeisirenen, in welche Richtung man auch
hörte. Von allen Seiten drangen die auf- und abschwellenden Alarme in den Park.
Ein Untergebener, der sich anschickte, auf seine
Kosten eine Karriere zu starten und auf seinen Posten schielte, war ihm von
vornherein suspekt. Jetzt aber hatte dieser Wadenbeißer das Fass zum Überlaufen
gebracht. Das, dachte McLeear, war sein letzter Fehler. McLeears Zorn war
grenzenlos. Er ging seinen Vize, was seine Stimmbänder hergaben, laut an. Seine
Augen blitzten wütend auf seinen
Weitere Kostenlose Bücher