Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
die versammelte Presse und die
Moderatorin an.
Sie schob ihren linken Jackettärmel ein wenig in
die Höhe, legte ihre Armbanduhr frei und sagte mit fester Stimme:
„Herrschaften, mit Blick auf die Uhr und auf die Tatsache, dass wir uns hier in
der Kantine des Präsidiums befinden, deren Tische bis mittags eingedeckt werden
müssen, muss ich leider die Konferenz beenden. Wenn Sie keine weiteren Fragen
haben, bedanke ich mich auch im Namen meiner Kollegen und darf mich verabschieden“.
Bevor auch nur ein Journalist zu einer neuen
Frage ansetzen konnte, hatte sie das Stehpult bereits verlassen und eilte der
Ausgangstür entgegen.
Respekt, Respekt, dachte Hanson, selbst der
Präsident hat niemals so unbotmäßig eine Pressekonferenz abgepfiffen wie diese
Frau.
Kapitel 25
Kiel, Polizeipräsidium, Montag, 17.04.1995,
12.17 Uhr
Seinem Jagdinstinkt gehorchend und von einer
vibrierenden inneren Spannung getrieben, hetzte Hanson ungestüm in den
Besprechungsraum. Es war das Hochgefühl eines Jägers, der Witterung aufgenommen
und seiner Beute auf den Fersen war. Nichts war erregender. Seine Hände waren
feucht und er fühlte, wie sich sein Puls beschleunigte.
Gerber folgte ihm, konnte aber kaum Schritt
halten. Die komplette Mannschaft der Mordkommission hockte vor einem TV-Gerät,
in dem ein Standbild flimmerte. Von einer Endlosrolle hatte der Thermodrucker
bereits zig Bilder ausgespuckt. Bilder, die seinen Gegenspieler in fast jeder
Pose, im Profil, Halbprofil, on Face und von hinten zeigte, in voller
Körpergröße. Alle Bilder in feinster Fahndungsqualität und in einer gestochenen
Schärfe, die Hanson begeisterte.
Es war, wie er sich später erinnerte, eine
merkwürdige Situation, als er die Bilder seines Gegenübers sah. Ahnte er doch,
dass die Jagd zu Ende gehen würde. Mit Fahndungsbildern von einer solchen
Qualität war die Festnahme in den meisten Fällen nur eine Frage von wenigen
Tagen, wenn sie erst einmal einem Millionenpublikum via Fernsehen präsentiert
wurden. Gleichwohl atmete er erleichtert durch und bat, das Videoband zum
Anfang zurückzuspulen.
„Die Aufzeichnung wird durch einen
Bewegungsmelder gesteuert“, erklärte Haller. „Jedes Mal, wenn eine Person durch
die Eingangstür des Sonnenstudios geht, beginnt die Apparatur mit der
Aufzeichnung und schaltet nach einer Verzögerung von ungefähr vier Minuten
wieder ab, fuhr er fort und spulte den Rekorder zurück. „Der Kamerablickwinkel
erfasst den gesamten inneren und durch die Schaufensterscheiben auch den
äußeren Eingangsbereich“.
„Glück muss man haben“, murmelte Gerber.
Haller drückte den Wiedergabeknopf.
Augenblicklich sah man einen schwarz/weiß-gestreiften Bildschirm und dann den
inneren Eingangsbereich des Sonnenstudios mit der davor liegenden Hopfenstraße.
Das Licht des Studios drang durch die Scheiben und leuchtete den davor
liegenden Fußweg für die Videokamera ausreichend aus. Von links näherte sich
erst ein Schatten, dann kam eine Frau ins Bild, die den Bewegungsmelder im
Sonnenstudio ausgelöst haben dürfte. Sie eilte durch die Tür nach draußen,
schlug ihren Mantelkragen hoch und rempelte einen in Jeans bekleideten
männlichen Passanten an. Der Angerempelte drehte seinen Kopf zur Frau und somit
auch zur Kamera, die prächtige Aufnahmen von seinem Gesicht aufzeichnete. Er
hatte zwei, vielleicht aber auch nur einen DIN-A-4-Kuvert unter seine rechte
Achsel geklemmt, und schien eilig im Nachbarhauseingang verschwinden zu wollen.
Der Kerl bewegte sich, als würde er fliehen, vielleicht vor allzu neugierigen
Blicken. Und da war er wieder dieser suchende Blick, den Hanson bereits von der
Videografie kannte.
„Anhalten und zurück bis zum Beginn der Szene“,
befahl Hanson. „Ich brauche eine Position des Kerls mit optimaler Sicht auf das
Briefkuvert. Wo sind die Fotos aus der Wohnung?“
Als Haller die gewünschte Szene einjustiert
hatte, kam Frau Einemann schon mit dem Lichtbildordner herbeigeeilt. Rasch
blätterte Hanson den Ordner durch und hatte sogleich gefunden, was er suchte.
Tatsächlich auf dem Tisch lagen zwei aufgerissene Briefumschläge, braun,
vermutlich im gleichen Format wie auf dem Videofilm, dahinter der Tote auf dem
Sofa. „Hagen, was glaubst du, handelt es sich um die gleichen Kuverts, wandte
Hanson sich an seinen Freund, ohne seinen Blick vom Tatortfoto zu lassen.
„Schwer zu sagen, aus dem Stand kann ich die
Frage nicht beantworten. Wir müssen beide Bilder auf den
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