Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
zehn bis fünfzehn Meter Schutt. Ich habe versucht, die Gefahr herunterzuspielen, aber die anderen werden allmählich hellhörig.«
    Thalia achtete darauf, keine Miene zu verziehen. Sie wollte die Nervosität der anderen nicht noch weiter anheizen.
    »Wie lange noch?«
    »Es wird bald hell. Wir können noch einige Trümmer die
    Treppe hinunterwerfen, aber die schweren Stücke sind fast aufgebraucht. Möglich, dass die Barrikade bis Mittag hält, aber ich meine, wir können von Glück reden, wenn sie bei Sonnenaufgang noch steht.«

    »Cyrus, ich muss Ihnen etwas sagen. Ich habe da drau-
    ßen etwas Schreckliches gesehen.« Als er nicht antwortete, fuhr sie leise fort: »Ich wollte es nicht früher erwähnen, weil Sie schon genügend Sorgen hatten. Aber jetzt müssen Sie es erfahren.«
    »Sie meinen die Leichentransporte?«
    Sie sah ihn scharf an. »Sie wussten es schon?«
    »Mehrere Fuhren sind vorbeigezogen, während Sie mit
    dem Sockel beschäftigt waren. Ich fand, man sollte Sie nicht weiter belasten. Aber Sie haben recht. Es ist keine gute Nachricht.«
    »Wenn die Maschinen durchbrechen, werden sie uns alle
    löten.«
    Kr legte ihr die Hand auf die Schulter. »Sie haben wahrscheinlich recht. Aber wir tun, was wir können, um Zeit zu gewinnen, bis Rettung kommt.«
    »Ich fürchte, wir brauchen nicht mehr auf Hilfe von Panoplia zu warten«, sagte Thalia zögernd. »Ich wollte mir nichts anmerken lassen, aber nachdem Crissel immer noch nicht
    aufgetaucht ist... Ich weiß nicht, was vorgeht, Cyrus. Crissel nagte, dieses Habitat sei nicht als einziges verstummt. Trotzdem begreife ich nicht, warum Panoplia so lange braucht, tun die Ordnung wiederherzustellen. Ich fürchte, wir müssen uns damit abfinden, dass wir hier auf uns allein gestellt sind.«
    »Dann müssen wir eben zusehen, wie wir überleben.
    Ich bin ganz Ihrer Meinung, junge Frau. Aber viel mehr, als uns hier oben zu verschanzen, fällt mir eigentlich nicht ein.«
    »Wir müssen einen Weg nach draußen finden«, sagte sie.
    »Den gibt es nicht. Selbst wenn der Turm noch einen
    zweiten Ausgang hätte, was glauben Sie, wie weit einer
    von uns bei all den Maschinen käme? Ihre Hundepeitsche
    hält vielleicht noch einen einzigen Kampf durch, wenn wir Glück haben. Und das wird nicht genügen, um uns bis zur Endkappe durchzuschlagen, selbst wenn dort ein Schiff be-reitstünde, um uns aufzunehmen.«
    »Aber wir müssen etwas tun. Ich weiß nicht, wie Sie da-
    rüber denken, aber ich bin nicht scharf darauf, hier drin zu sterben.«
    Er sah sie traurig an. »Es wäre schön, wenn ich nur einen Zauberstab zu schwenken bräuchte, um uns alle an einen
    sicheren Ort zu bringen. Aber wir haben nur diese Barrikade, und allmählich geht uns selbst dafür das Material aus.«
    Thalia schaute hinüber zu der Stelle, wo der Sockel gewesen war. Das Modell des Museums stand daneben, die Kugel an der Spitze fehlte, sie war abgebrochen. Mit einem Mal sah sie wieder vor sich, wie sie über den Boden gerollt war, als sie das Modell hatten fallen lassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht weiter darauf geachtet, sie hatte nur den Granitsockel freilegen wollen, um ihn in Stücke zu hacken.
    »Cyrus«, sagte sie. »Angenommen, es gäbe eine Möglich-
    keit, hier herauszukommen, aber sie wäre gefährlich, an der Grenze zum Selbstmord. Würden Sie das Risiko eingehen, wenn Sie sonst nichts tun könnten, als zu warten, bis die Maschinen kommen und uns holen?«
    »Ist das eine rhetorische Frage, junge Frau?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Kommt darauf an. Aber
    zuerst brauche ich Ihre Antwort.«
    »Ich würde es riskieren. Sie nicht?«
    »Aber sofort«, sagte Thalia.
    Dreyfus blickte auf, als Oberpräfekt Gaffney durch die Zugangswand trat. Er saß aufrecht auf dem Bett, konnte aber nicht abschätzen, wie viel Zeit vergangen war, seit er zum letzten Mal Besuch bekommen hatte. Ein Nebel von Müdigkeit und dunklen Vorahnungen hüllte ihn ein, und er hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund, dennoch schenkte
    er dem Oberpräfekten ein lakonisches Lächeln. »Nett von Ihnen, mal vorbeizuschauen. Ich habe mich schon gefragt, wann Sie mir die Ehre erweisen würden.«
    Hinter Gaffney schloss sich die Zugangswand und wurde
    undurchlässig.
    Sie sind auf einmal so gesprächig. Mal sehen, wie lange wir das durchhalten.«
    Dreyfus rieb sich mit einem Finger die von dunklem
    Belag gefleckten Zähne. »Ich nehme an, die Katze ist gekommen, um mit der Maus zu spielen, während keiner

Weitere Kostenlose Bücher