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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gegen die Wand sinken. Kalter Schweiß lief ihm in Bächen über den Rücken. Die Hundepeitsche glitt lautlos von der Koje, ohne ihr Laserauge ein einziges Mal von Gaffney abzuwenden.
    »Zurück«, befahl Gaffney. Noch war seine Stimme frei von Panik. »Zurückgehen auf Alarmbereitschaft Stufe Eins.«
    Die Peitsche glitt weiter, als hätte sie den Befehl nicht gehört oder nicht verstanden. Die Schnur schob den Griff nach oben, bis er auf gleicher Höhe mit Gaffneys Gesicht war. Gaffney ging zögernd einen und noch einen Schritt
    rückwärts, dann stand er mit dem Rücken zur Wand.
    »Zurück«, wiederholte er lauter. »Oberpräfekt Gaffney
    befiehlt dir, in den Bereitschaftsmodus zurückzuschal-
    ten. Du hast eine Funktionsstörung. Ich wiederhole, du hast eine Störung.«
    »Sieht nicht so aus, als würde sie auf Sie hören«, bemerkte Dreyfus.
    Gaffney hob zitternd die Hand. »Zurück!«
    »Ich würde sie an Ihrer Stelle nicht anfassen. Sie rasiert Ihnen die Finger ab.«
    Die Hundepeitsche drückte Gaffney hart gegen die Wand,
    die Schnur wurde vollständig ausgefahren. Der Griff be-
    wegte sich energisch auf und ab.
    »Mir scheint, sie möchte, dass Sie niederknien«, sagte
    Dreyfus.

    Als die schweren Türen des Taktikraums aufschwangen,
    drehten die Ober- und Innendienstpräfekten und freien Analysten, die vor dem Systemmodell versammelt waren, den
    Kopf. Für eine Sekunde waren alle Gesichter wie aus einem Guss, geprägt von der einhelligen Entrüstung darüber, dass jemand es wagte, ihre geheime Sitzung zu stören, ohne sie zumindest durch ein höfliches Klopfen vorzuwarnen. Dann erkannten sie in dem Mann, der durch die Tür trat, Oberprä-
    fekt Sheridan Gaffney, und die Verärgerung schlug um in leise Ratlosigkeit. Gaffney hatte natürlich jedes Recht, den Taktikraum zu betreten, niemand war hier willkommener
    als er. Aber selbst er hätte normalerweise so viel Anstand besessen, nicht einfach hereinzuplatzen, sondern sich anzukündigen. Der Leiter der Inneren Sicherheit war bekannt dafür, dass er auf solche Feinheiten größten Wert legte.
    »Gibt es ein Problem, Oberpräfekt?«, fragte Baudry im
    Namen aller Versammelten.
    Aber nicht Gaffney antwortete ihr. Gaffney wirkte selt-
    sam sprachlos, unfähig, einen zusammenhängenden Satz
    zu formulieren. Aus seinem Mund ragte zehn Zentimeter
    weit ein schwarzer Zylinder. Es sah aus, als versuchte er, eine dicke Kerze zu verschlucken. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen, als wollte er alles, was er zu sagen hatte, durch sie herauspressen.
    Stattdessen fiel die Ehre, die Frage zu beantworten, Dreyfus zu, der in wenigen Schritten Abstand folgte. Dieser Umstand rief eine gewisse Bestürzung hervor, die durchaus verständlich war. Allen Anwesenden war bekannt, dass
    Dreyfus heillos in den Mord an der Synthetikerin verstrickt war und unter Arrest stand. Eine Reihe von ihnen wusste auch, dass Gaffney den Auftrag erhalten hatte, Dreyfus zu verhören, und eine noch kleinere Zahl war eingeweiht, mit welchen Methoden dieses Verhör geführt werden sollte. Zumindest bei einigen musste folglich der Eindruck entstehen, Dreyfus hätte Gaffney überwältigt und hielte ihn mit einem Messer oder einer Schusswaffe in Schach. Bei näherem Hinsehen stellte sich jedoch heraus, dass der Außendienstpräfekt keine sichtbare Waffe trug. Er hatte nicht einmal Schuhe an.
    »Richtig«, sagte Dreyfus. »Wir haben ein kleines Problem.«
    »Warum sind Sie nicht in Ihrer Zelle?«, fragte Baudry und schaute von Dreyfus zu Gaffney und wieder zurück. »Was
    ist geschehen? Was ist mit Sheridan? Was hat er da im
    Mund?«
    Gaffney hielt sich so krampfhaft aufrecht, als hänge er an einem unsichtbaren Kleiderständer. Er schlurfte mit den winzigen Schrittchen eines Mannes daher, dem man die
    Schnürsenkel zusammengebunden hatte. Die Arme hingen
    wie festgeklebt an den Seiten herab. Das Ding in seinem Mund zwang ihn, den Kopf ungewöhnlich weit nach hinten
    zu beugen - als hätte er zu lange an die Decke geschaut und davon einen steifen Nacken bekommen. Unter dem Kragen
    seiner Uniformjacke wölbte sich etwas vor, das größer war als ein normaler Adamsapfel. Der Oberpräfekt schien jede unnötige Bewegung zu vermeiden.
    »Was er da im Mund hat, ist eine Hundepeitsche«, ant-
    wortete Dreyfus. »Er wollte mich mit einem Typ C verhören.
    Wir waren mittendrin, als die Peitsche einfach auf ihn losging.«
    »Das kann nicht sein. So etwas ist bei Hundepeitschen
    nicht vorgesehen.« Baudry sah Dreyfus

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