Aurora
trockenen Pfad, der sich zwischen den Bade-
becken hindurchschlängelte, kamen zwei wohlgeformte weib-liche Beine in Strümpfen und Schuhen auf sie zugeschritten. Die Beine trugen ein Tablett mit Getränken und setzten mit neurotischer Präzision und klappernden Stöckelabsätzen einen Fuß vor den anderen. Die Flüssigkeit in den Glä-
sern blieb dabei völlig unbewegt.
Thalia fasste mit der Hand an ihren Gürtel.
»Ruhig«, hauchte Dreyfus.
Der Servomat blieb vor ihnen stehen. »Willkommen in
Haus Perigal, Präfekten«, quäkte er. »Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?«
»Danke«, sagte Thalia, »aber wir sollten ...«
Dreyfus stellte den Kaffeekolben ab, streckte die Hand
nach dem Tablett aus und zögerte. »Was kannst du uns
empfehlen?«
»Der Rote ist trinkbar.«
»Dann einen Roten.« Er nahm ein Glas und hob es an die
Lippen, aber nur so weit, um daran riechen zu können.
Auch Thalia griff nach einem Glas. Nur Sparver verzichtete: Sein Metabolismus konnte Alkohol nicht verarbeiten.
»Bitte folgen Sie mir. Ich bringe Sie zur Matriarchin.«
Sie gingen hinter den Beinen an den Becken vorbei durch die Höhle. Wenn sie bei ihrer Ankunft scheinbar unbemerkt geblieben waren, so konnte davon jetzt nicht mehr die Rede sein. Thalia spürte die beklommenen Blicke wie ein Kribbeln im Nacken.
Sie stiegen hinauf zu einem der höchsten Becken. Hier
spritzten dicke Wasserstrahlen aus den klaffenden Mäulern vier eiserner Zierfische. Drei Erwachsene trieben, bis zur Brust mit duftendem Schaum bedeckt, in den Fluten. Zwei waren Männer. Die dritte war Caitlin Perigal. Thalia kannte ihr Gesicht aus der Akte. Ihre muskulösen Schultern und Arme endeten in eleganten Flossenhänden mit giftgrünen
Fingernägeln. Eine Pfauenfeder zierte ihr Haar. Grüne Nym-phen und Satyrn umschwirrten ihren Kopf.
»Präfekten«, sagte sie mit der ganzen Wärme superflüssigen Heliums.
»Matriarchin von Perigal.« Dreyfus blieb wenige Zenti-
meter vor dem Beckenrand stehen. »Das hier sind die Unterpräfekten im Außendienst Sparver Bancal und Thalia Ng. Mich kennen Sie ja bereits.«
Caitlin Perigal wandte sich gelangweilt an ihre beiden Begleiter. »Der Fettwanst mit dem verschlafenen Gesicht ist Tom Dreyfus«, erklärte sie.
Einer der Badenden - ein Mann mit aristokratischen
Zügen und langem weißem Haar - musterte Dreyfus aus
scharfen grauen Augen. Er trug ein Gefieder aus impres-
sionistischen Pinselstrichen. »Eure Wege haben sich also schon früher gekreuzt, Caitlin?«
Die Matriarchin von Perigal wühlte mit einem musku-
lösen Flossenschwanz, den man ihr an Stelle ihrer Beine transplantiert hatte, das Wasser auf. Thalia berührte den Knopf an der Seite ihrer Brille, um sich zu vergewissern, dass der Schwanz echt und keine Halluzination war.
»Dreyfus sieht seinen einzigen Daseinszweck offenbar
darin, nach obskuren juristischen Bestimmungen zu su-
chen, mit denen er mich schikanieren kann«, sagte Caitlin Perigal.
Dreyfus blieb unbeeindruckt. »Ich tue nur meine Pflicht.
Dass ich dabei ständig auf Sie stoße, ist nicht meine Schuld.«
»Es ist aber so, nicht wahr?«
»Sieht ganz danach aus. Übrigens ein hübscher Schwanz.
Was ist aus den Beinen geworden?«
Die Matriarchin wies mit dem Kopf auf das wandelnde
Tablett. »Ich habe sie immer in meiner Nähe - als Gesprächs-thema.«
»Jeder nach seinem Geschmack.«
»Das ist unser Grundsatz.« Caitlin Perigal beugte sich vor, ihr Ton wurde härter. »Der Austausch von Höflichkeiten ist hiermit beendet. Tun Sie, was Sie nicht lassen können, führen Sie Ihre Inspektion durch und verschwinden Sie dann aus meinem Habitat.«
»Ich bin nicht hier, um das Habitat zu inspizieren«, sagte Dreyfus.
Thalia hielt unwillkürlich den Atem an. Das war der Mo-
ment, den sie gefürchtet und auf den sie sich zugleich im Stillen gefreut hatte.
»Was wollen Sie dann?«, fragte Caitlin Perigal.
Dreyfus zog eine Karte aus der Jackentasche, hielt sie
hoch und kniff leicht die Augen zusammen. Bevor er zu
lesen begann, streifte er Thalia und Sparver mit einem kurzen Blick. »Caitlin Perigal, als Matriarchin dieses Habitats werden Sie hiermit eines Verstoßes der Kategorie Fünf
gegen den Demokratischen Prozess beschuldigt. Man wirft Ihnen vor, den Abstimmungsmechanismus manipuliert zu
haben, um Ihrem Haus Vorteile zu verschaffen.«
Caitlin Perigal wurde rot vor Empörung und fing an zu
stottern, aber Dreyfus gebot ihr mit erhobener Hand zu
schweigen und fuhr
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