Aurum & Argentum (German Edition)
hätte er auf eine Zitrone gebissen. „Frauen“, zischte er und fasste sich an die Brust, „ich glaube, sie hat mein Herz gebrochen!“
„ Himmel, Gesäß und Wolkenbruch“, lieh sich Flux die Redewendung, die daheim der Dorfälteste zu verwenden pflegte, „das kann doch nicht wahr sein!“
Bestürzt ließ sein Kumpel den Kopf und die Ohren hängen. „Sie ist auf und davon!“
Mitfühlend stieß Orion ihn an: „Vielleicht siehst du sie ja eines Tages wieder. Du bist noch jung.“
„ Willst du damit sagen, ich bin noch zu grün hinter den Ohren für die Liebe?“, reagierte Calep sehr gereizt, fuhr herum und stakste davon, immer dem Flusslauf folgend. Zu allem Überfluss fing es dann auch noch an zu regnen und zwar so heftig, dass sie schon bald völlig durchnässt waren. Federn und Haare klebten Orion auf der Haut, was ziemlich ulkig aussah. Flux amüsierte sich königlich, während sein Bruder mit ihrem Gefährten litt.
„ Sie war so schön, so makellos und sie hat mich nicht einmal für voll genommen“, jammerte Calep und langsam wandte sich das Ganze ins Theatralische.
„ Man kann nur jemanden lieben, wenn man sich selbst liebt“, rezitierte Orion, „doch sie kannte sich selbst nicht gut genug dafür, nun hat sie den ersten Schritt in die richtige Richtung getan.“
Böse funkelte Calep ihn an. „Eher in die falsche Richtung, Herr Professor!“ So geschah es, dass auch Orion einen Spitznamen bekam. Nun waren sie alle miteinander ein Sorgenkind, ein Nesthäkchen, ein Professor – und ein ziemlich schlecht gelaunter Hobgoblin.
„ Brummbär, Griesgram, Sauertopf“, versuchte Flux auch daraus etwas abzuleiten.
Beleidigt verschränkte Calep die Arme. „Lag es an meinen roten Haaren? Oder doch an meinem dunklen Teint? Vielleicht aber auch an meinen krummen Beinen …“
„ Unsinn, du bist perfekt, so wie du bist“, aus Orions Schnabel zählte das aber nicht viel für ihn.
„ Die Hauptsache ist, dass sie bei diesem Mistwetter einen Unterstand gefunden hat, sonst holt sie sich noch was weg“, bemerkte Leon und Calep nieste wie auf Kommando.
„ Auf Regen folgt Sonnenschein“, doch leider hörte das Wetter vorerst nicht auf Flux – auf lange Sicht gesehen war seine Vorhersage jedoch exakt.
Die dicken Tropfen fielen immer dichter, das Wandern war kein Vergnügen mehr. In Anbetracht dieser Tatsache war es dringend erforderlich, einen Unterschlupf aufzusuchen. Doch weit und breit war kein Haus zu sehen. „Haben wir nicht auch ein Zelt?“, erinnerte sich Leon ganz dunkel. Diese These bedurfte selbstverständlich einer sofortigen Untersuchung und nach einigem Wühlen wurde Flux tatsächlich in der rechten Packtasche fündig. Er förderte ein zusammengefaltetes grünes Etwas aus ihren Untiefen hervor und betrachtete es nachdenklich von allen Seiten:
„ Und was jetzt?“ Selbst Orions fachmännischer Blick wurde nicht schlau aus dem Gebilde.
„ Gab Morgana euch keine Instruktionen?“, hakte Orion nach. Flux schüttelte verärgert mit dem Kopf und warf das Paket zu Boden, nun schmollte auch er.
„ Da ist bestimmt ein Trick dabei“, vermutete Leon und tippte das Bündel vorsichtig mit dem rechten Vorderhuf an, kaum war das geschehen, begann es wie wild zu zucken. Leon machte einen Satz rückwärts, als das Paket sich urplötzlich auseinanderfaltete, erst wuchs es in die Breite, dann in die Höhe und zum Schluss stand ein großes, grünes Zelt vor ihnen auf der Wiese. Keiner ließ sich lange bitte und im Übrigen war Platz genug für alle im Inneren.
„ Hier könnte man glatt tanzen“, stellte Flux überrascht fest, während sein Bruder den Eingang hinter sich verschloss, „von innen ist es noch viel größer als von außen.“
„ Das ist Magie“, hauchte Orion und Calep ächzte.
„ Von mir aus! Hauptsache die Bude ist wasserdicht!“ Mürrisch zog er ein Handtuch aus dem Packbeutel und trocknete sich die Haare. Die Anderen erwiderten nichts darauf, um ihn nicht zu verärgern. Handtücher und Decken sorgten auch bei ihnen für Trockenheit, zusätzlich schenkten sie sich noch heißen Tee aus dem Wasserschlauch ein. Calep verspürte weder Durst noch Hunger, er verkrümelte sich in seinem Schlafsack und man ließ ihn schmollen.
„ Das wird wieder“, war sich Orion sicher, „morgen sieht die Welt schon besser aus.“
Die schweren Regenwolken zogen weiter im Laufe der Nacht, als Calep erwachte, war kein Pladdern mehr zu hören, im Zelt war es dunkel, doch er konnte schemenhaft
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