Aurum & Argentum (German Edition)
Unhold. „K-k-können wir nicht darüber re-re-reden?“, stotterte er. Flux zog schon einmal vorsichtshalber den Kopf ein, denn diese Frage würde sicher nur ein fürchterliches Donnerwetter zur Folge haben. Der Oger hob ein wenig die Oberlippe, drehte den Kopf und ließ Calep auf sein Hinterteil plumpsen: „Aber natürlich wir können.“
Flux’ Augen weiteten sich, so verblüfft war er. Doch das war gar nichts im Vergleich zu Calep, er war so schockiert, dass er glatt seine Schmerzen vergaß: das konnte doch alles gar nicht wahr sein! Ein sprechender Oger … ja, hatte man denn von so etwas schon einmal gehört? Also er jedenfalls nicht, das stand fest.
„ Du könnten dich entschuldigen. Das wären ein guter Anfang.“
„ Rrrr!“, knurrte Beelzebub, der immer noch am rechten Ohr des Ogers hing. Es schien ihn nun doch zu stören und er entfernte den bissigen Kobold. Ziemlich verdutzt sah er die halbe Portion an, die ihm frech ins Gesicht zischte. Leon rappelte sich schnellstmöglich hoch und nahm den Miniteufel an sich. Danach entschuldigte er sich wortreich, während Calep sich an den Kopf fasste.
„ Dieser Oger muss sich beim Sturz den Kopf gestoßen haben“, das war die einzige logische Erklärung, „ansonsten müsste er uns längst gefressen haben!“
Auch Flux konnte sich keinen Reim darauf machen.
„ Der kann sprechen“, dachte der junge Elf laut nach, dabei hatte ihm seine Lehrerin doch vor einiger Zeit eine ganz andere Geschichte über die Oger erzählt.
Schnaubend stemmte jener die kräftigen Hände in die massiven Hüften: „Natürlich ich kann sprechen! So dumm wir ihr denken sein die Oger nicht!“
Flux zog den Kopf ein und verkniff sich lieber jedes weitere Nachsinnen.
„ Ich euch auch nicht werden fressen, ich schon sein satt!“ Machte es nur den Eindruck oder war dieser grüne Riese tatsächlich eingeschnappt? „Außerdem ich hätten ja viel zu tun, wenn ich jeden würde fressen, der mir dumm kommen! Das auch nicht wären gut für die schlanke Linie!“
Nun konnte Calep nicht länger an sich halten, er musste lauthals lachen und Flux steckte er damit an. Nur Leon wusste nicht so recht, was an der ganzen Sache zum Brüllen komisch war. Der Oger hingegen kannte die Vorurteile und Märchen, die man über sein Volk erzählte, und er fand sie gar nicht amüsant. „Alberne Kinder“, brummelte er verstimmt vor sich hin, „wieso ihr eigentlich rennen durch die Gegend als wären der Teufel hinter euch her?“
Leon seufzte, die Schuld trug einer der größten Teufel: die Langeweile.
„ So, so“, grunzte der Oger, „das es also gewesen.“ Kopfschüttelnd sammelte er sein Hab und Gut ein, das am Boden verstreut lag, darunter eine Trommel, eine Kappe mit Hirschgeweih und ein Totem. Letzteres war ein Holzstab mit mehreren Querästen, an denen Knochen, Fellteile, Klauen und Geweihe befestigt waren. Die Spitze zierte ein Drachenschädel mit großen Hörnern. In Leons Hals bildete sich ein Kloß, als er das sah.
Der Oger sah ihn verschwörerisch an. „Ich dir soll verraten ein Geheimnis? Der Schädel sein Schnitzerei aus weißem Holz. Ich sie selbst gemacht. Es nur sein ein Gegenstand, den ich brauchen, um zu machen meine Arbeit.“
Fragend sah Leon ihn an, diese Geheimnistuerei machte ihn neugierig.
„ Ich sein ein Oger-Schamane, ihr müsst wissen.“ Flux, der sich gerade beruhigte, wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Sein Kumpel Calep wieherte hingegen noch immer. Der Oger machte ein etwas missmutiges Gesicht. „Was sein so komisch?“
Flux versuchte, ganz unschuldig zu gucken und nicht wieder in Gelächter auszubrechen, was gar nicht so einfach war. Auf den zweiten oder dritten Blick sah der Riese nämlich gar nicht einmal so gefährlich aus, im Gegenteil. Sein runder Bauch machte ihn fast sympathisch und wollte so gar nicht zu seinem Gerede über die schlanke Linie passen. Als Flux sich daran erinnerte, musste er schon wieder prusten. Der Oger verzog geringfügig die Mundwinkel und strich sich mit der massigen Hand über die Glatze, sogar seine Fingernägel waren ordentlich kurz gefeilt.
„ So komisches Volk wie euch ich noch nie gesehen“, tat der Riese kund, „wer ihr sein? Spaßmacher auf Wanderschaft?“ Er kniff ein Auge zu und betrachtete dabei Leon durchdringend. „Kentauren auch nicht haben den besten Ruf. Du doch nicht die Kleine entführt, oder? Sprich!“
Sogleich bekam Flux einen hochroten Kopf, mit dem er jedem Monoceros Konkurrenz hätte machen
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