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Aus Dem Dunkel

Aus Dem Dunkel

Titel: Aus Dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
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schwitzen. Sie organisiert die Marathonläufe und die Basketballturniere. Einfach alles. Sie bestellt die Ausrüstung und arbeitet neue Leute ein. Sie ist der Boss.«
    Der Boss , dachte Gabe nicht ohne Respekt. »Das ist fantastisch«, sagte er und meinte es auch so.
    Mallory lächelte. »Finde ich auch«, stimmte sie ihm zu.
    Er hätte sie so unglaublich gern in den Arm genommen, dass ihm die Intensität des Gefühls geradezu Angst machte. Er begnügte sich damit, ihr eine Hand auf die Schulter zu legen, und war erleichtert, als sie diese nicht abschüttelte. Schweigend gingen sie weiter. Die warme Sonne schien auf sie herab, und hinter ihnen rauschte der Ozean.
    Dam Neck war eine sehr schöne Basis. Die üblichen unscheinbaren Backsteingebäude standen weit auseinander, dazwischen waren kleine Haine aus Lorbeerbäumen gepflanzt. Es gab Fußwege und kleine Brücken. Außerdem hatte man Weißwedelhirsche, Graufüchse und Kaninchen angesiedelt, und es gab natürlich die unterschiedlichsten Arten von Seevögeln. Gabe hatte es nicht besonders eilig, auf eine neue Mission geschickt zu werden. Er besaß ein Haus am Meer und arbeitete auf einer wunderschönen Basis. Was konnte sich ein Soldat mehr wünschen?
    Außer, seinen alten Job zurückzubekommen?
    Und eine Frau, die ihn liebte?
    Wieder überfiel ihn ein Gefühl der Verzweiflung. Wenn er sich doch nur an die vergangenen drei Jahre erinnern könnte, dann würde man ihn wieder für tauglich erklären und ihm seinen Job zurückgeben. Wenn er allerdings an die Erinnerungen dachte, die ihn am vergangenen Abend heimgesucht hatten, war er sich nicht sicher, ob er im Moment mehr davon verkraften konnte. Die quälende Furcht, dass die Vergangenheit ihn einholen und tief verletzen könnte, begleitete ihn auch an diesem Tag. Er spürte, dass sie im Dunkel verborgen war wie die Mutter aller Krebse.
    Oder war er inzwischen paranoid wie diese Vietnam-Veteranen, die unter Verfolgungswahn litten? Er hoffte, dass es nicht so war. Solange er die Kontrolle darüber behielt, würde ihn seine Posttraumatische Belastungsstörung nicht noch tiefer run­terziehen, als sie es ohnehin schon getan hatte.
    Sie durchquerten ein kleines Einkaufszentrum mit allen möglichen Läden: einem Friseurgeschäft, einem Blumenladen, einer Bank und verschiedenen Fast-Food-Ständen. Ein Freizeitbereich war neu hinzugekommen. Neugierig warf Gabe einen Blick durch die Scheiben.
    »Es gibt jetzt Tischtennis, Tischfußball und Videogames«, erzählte Mallory. »Alles ganz neu.«
    »Cool«, meinte Gabe. »Lass uns mal abends mit Mom hierher gehen.«
    Mallory strahlte, und er wusste, dass er genau das Richtige vorgeschlagen hatte. Vater zu sein war eigentlich gar nicht so schwer.
    »Hier entlang.« Sie führte ihn durch die hintere Tür hinaus über einen kleinen Hof und die Stufen zum Fitnesszentrum hinauf.
    Gabe bemerkte, dass seine Handflächen schweißnass waren, allerdings nicht von ihrem Lauf. Er hoffte so sehr, dass Helen ihm verziehen hatte. In dem Augenblick, in dem sie durch die Doppeltüren traten, hörte er ihre Stimme. Selbst über das Mikrofon, das sie benutzte, klang sie, als würde sie sich gerade von einer wochenlangen Grippe erholen.
    »Beweglichkeit«, sagte sie, »ist das Wichtigste, wenn es um körperliche Fitness geht.«
    »Was ist mit Moms Stimme los?«, wollte Mallory wissen.
    »Ihre Ausweise bitte.« Gabe wurde die Antwort erspart, weil eine Unteroffizierin ihnen in den Weg trat. Er zog seinen neuen Ausweis aus der hinteren Hosentasche. Mallory hatte ihren bereits in der Hand. Neugierig versuchte Gabe, einen Blick auf ihr Bild zu erhaschen, und sie verdeckte es schnell.
    »Oh nein«, warnte sie ihn. »Es ist schrecklich. Ich war damals elf.«
    »Lass doch mal sehen.« Er versuchte es in jenem Tonfall, mit dem er auch sonst Menschen gut überzeugen konnte.
    Sie sah ihn an, eine Augenbraue hochgezogen.
    Er musste laut lachen. »Früher oder später werde ich es doch sehen«, meinte er. »Da kannst du es mir genauso gut jetzt zeigen.«
    Sie hielt ihm den Ausweis vor die Nase. »Gut. Da ist es. Versuch bitte, mir nicht auf die Füße zu kotzen. Danke.« Und schon ließ sie den Ausweis wieder in der Tasche ihrer Shorts verschwinden.
    Gabe grinste. Mit elf hatte sie wie ein Junge ausgesehen.
    Sie wandten sich dem Kursraum zu. Aber dann überlegte Gabe es sich anders. »Wir wollen Mom nicht stören«, sagte er. »Gehen wir da rüber.« Er zeigte auf den Kraftraum, wo es Matten gab. Gabe legte

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