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Aus Dem Dunkel

Aus Dem Dunkel

Titel: Aus Dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
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schnappte nach Luft, als er noch einmal das Gefühl durchlebte, wie ein spitzer Haken durch seine rechte Brustwarze gebohrt wurde, ihm Haut und den darunterliegenden Muskel zerfetzte und ihn für immer zeichnete.
    Er ließ eine Hand unter sein T-Shirt gleiten und tastete nach der wulstigen Narbe, die sich dort befand, wo einst seine Brustwarze gewesen war. Er folgte der Narbe mit der Spitze eines Fingers und erzitterte regelrecht, als er sich an die Qualen erinnerte.
    Ich habe absolut nichts gesagt , beruhigte er sich selbst. Sie hatten Details über die Atom-U-Boote der U.S. Navy erfahren wollen. Gabe hatte sehr viel mehr darüber gewusst, als ihm lieb gewesen war, aber er hatte sich geweigert, etwas zu verraten. All ihre Mühe war vergebens gewesen.
    Und was war ihm geblieben außer einem entstellten Oberkörper? Die Befriedigung, vielen Amerikanern das Leben gerettet zu haben. Genügte das? Es würde genügen müssen.
    Seine Finger glitten zu einer weiteren Narbe, einer tiefen Aushöhlung unter seinem rechten Arm, wo sie ihm ein ganzes Stück Fleisch herausgerissen hatten. Er erschauderte und unterdrückte die aufsteigende Übelkeit, als ein weiteres Bild aus den Tiefen seiner Erinnerung an die Oberfläche gelangte. Schnell schob er es beiseite. Mehr konnte er im Moment nicht ertragen. Es gab schon genug, worüber er nachdenken musste.
    Hastig stand er auf und ging ins Badezimmer, um seine Schlaftabletten zu suchen. Er schüttete eine Pille mehr, als man ihm verordnet hatte, in seine Handfläche und betrachtete sie voller Bitterkeit. Sieh dir an, was aus dir geworden ist , dachte er. Helen würde ihn nicht zurückhaben wollen, egal, ob er um Verzeihung bat. Egal, wie aufrichtig seine Entschuldigungen auch gemeint waren.
    Gabe warf sich die Pillen in den Mund und spülte sie mit ­Wasser hinunter. Ohne noch einen Blick in den Spiegel zu ­werfen, zog er sich ins Arbeitszimmer zurück und löschte das Licht. Sofort überfiel ihn die Angst, und ihm brach der Schweiß aus, weshalb er schnell die Lampe am Kopfende wieder einschaltete.
    Es ist vorbei , beruhigte er sich. Hier bin ich in Sicherheit.
    War er das wirklich? Sein Gefühl sagte ihm etwas anderes. All das Unglück, das er in Nordkorea durchlebt hatte, war noch nicht vorüber. Er hatte das Gefühl, dass ihm immer noch Gefahr drohte. Und diesmal würde sie seinen Tod bedeuten, wenn es ihm nicht gelang, sich daran zu erinnern, worum es ging.
    Genauso erschreckend war die Erkenntnis, dass er ein ganzes Jahr lang umsonst ums Überleben gekämpft hatte, wenn er Helen nicht davon überzeugen konnte, sich ein zweites Mal auf ihn einzulassen.
    »Da oben biegen wir links ab«, keuchte Mallory, während sie auf dem Trainingspfad neben Gabe herlief.
    »Da ist das Fitnesszentrum«, bestätigte dieser, denn er erinnerte sich genau an den Weg dorthin. Ihm fiel auf, dass er die Marinebasis immer noch wie seine Westentasche kannte. Sein Büro war geradeaus am Ende der Regulus Avenue gewesen, vorbei am Shifting Sands Club und den Quartieren der Offiziere. Sicher würde er bald den Mut aufbringen, dort mal vorbeizuschauen und Hallo zu sagen. Er fragte sich, wie man ihn wohl empfangen würde. Erneut nagte ein Gefühl der Unsicherheit an ihm. Er drohte, wieder in die Depression zu stürzen, die ihn schon den ganzen Morgen über fest im Griff gehabt hatte.
    Commander Lovitt hatte noch nicht angerufen, seit Gabe zurück war. Trotz Sebastians gegenteiliger Behauptung schien es, als würde der CO seine Hände, was Gabe anging, in Unschuld waschen.
    Überraschenderweise hatte er am Morgen allerdings einen Anruf vom Executive Officer bekommen. Das Ferngespräch war vom Patrouillenboot des Teams, der USS Nor’easter , gekommen. In einem frostigen Tonfall hatte Miller Gabe im Namen der Truppe willkommen geheißen. Gabe und der XO hatten sich nie besonders nahegestanden, ihre Beziehung war immer mehr vom Protokoll als von gegenseitigem Respekt geprägt gewesen. Der Anruf an diesem Morgen bestätigte dies. Doch Miller hatte eher besorgt als gleichgültig geklungen, als glaubte er, Gabe würde seine Führungsposition gefährden. Oder schlimmer noch, vielleicht glaubte Miller, Gabe hätte der Gegenseite irgendwelche militärischen Geheimnisse verraten.
    Und was war, wenn die anderen Mitglieder des Teams genauso dachten? Es drehte sich immer um die gleiche Frage: Warum sollte ein SEAL sonst sein Gedächtnis verlieren, wenn nicht, um den unrühmlichen Augenblick zu verdrängen, in dem es

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