Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus Dem Dunkel

Aus Dem Dunkel

Titel: Aus Dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
Vom Netzwerk:
damit, dass ich wieder zu Hause bin?«
    Sebastians Miene verriet nichts. »Es war im letzten Jahr schwierig, mit dem XO zusammenzuarbeiten«, erklärte Sebastian ausweichend. »Ohne Ihre Hilfe hat er einfach Probleme, seiner Führungsrolle gerecht zu werden. Ich bin mir sicher, er ist froh, dass Sie wieder da sind.«
    Er klang nicht besonders überzeugend.
    Gabe ließ seinen Blick über die Gesichter der Männer schweifen. »Wir müssen besprechen, was schiefgelaufen ist«, sagte er schließlich.
    Niemand fragte ihn, was er damit meinte. Es war eindeutig, dass er das Misslingen der Operation in jener Nacht, als er in Gefangenschaft geraten war, ansprach.
    »Hat man Sie anständig behandelt, Sir?«, erkundigte sich Luther besorgt.
    Während Gabe darüber staunte, dass ein SEAL die Eigenschaften eines Pfadfinders beibehalten konnte, brachte er es einfach nicht über sich, ihnen die schlimmsten Dinge zu erzählen. »Sie haben ein paar Spuren hinterlassen«, gestand er. »Ich arbeite gerade daran, mich an alles zu erinnern … wahrscheinlich habe ich einiges verdrängt.«
    Eigentlich wollte er noch hinzufügen, dass er sein Land nicht verraten habe, doch er brachte diese Worte nicht über die Lippen.
    »Wir glauben nicht, dass Sie irgendetwas gesagt haben, was Sie besser für sich behalten hätten, Sir.« Es war Vinny, der nun im Namen des Platoons sprach.
    »Nicht Sie, Sir«, stimmte auch Teddy zu, der einzige Afroamerikaner im Team.
    Bei so viel Vertrauen, das sie ihm entgegenbrachten, musste Gabe einmal tief durchatmen. Er hielt inne, bis sich die Emotionen, die in ihm hochkochten, wieder gelegt hatten. »Danke, Jungs«, sagte er barsch. »Denkt der XO bloß, dass ich es verbockt habe, oder muss ich noch was wissen?«
    Niemand wollte darauf antworten, aber an ihren langen Gesichtern erkannte Gabe, dass da noch mehr war. Er wandte sich an den Master Chief. »Ich möchte, dass wir uns zusammensetzen«, erklärte er. »Bald!«
    Sebastian nickte. »Wie wäre es mit morgen Abend? Hat irgendjemand andere Pläne?«
    »Mir passt es«, meinte Westy. »Ich bin dabei.«
    »Wir können uns bei mir treffen«, bot Luther an. »Sagen wir um sechzehnhundert?«
    »Gut«, stimmte Gabe zu und freute sich schon auf das Wiedersehen. »Hört mal, ich würde euch wirklich gern alle hereinbitten, aber da hat meine Frau auch noch ein Wörtchen mitzureden. Außerdem seid ihr alle reif für eine Dusche.«
    Die Männer lachten.
    »Wart ihr auf einer Übung?«, erkundigte er sich interessiert.
    »Nur Arbeit, Sir«, erwiderte Westy und klang ziemlich gelangweilt.
    Arbeit war der Ausdruck, mit dem sie ihre Routinepatrouille entlang der Küste beschrieben. Die Männer freuten sich auf je­den Sondereinsatz, der diese Monotonie unterbrach. Ihr Schiff, das Küstenwachboot USS Nor’easter , verteidigte den Uferstreifen sechzehn Kilometer außerhalb von Tangier bis zu den Outer Banks. Der einzige Grund, warum Gabe so viel über Küstensicherheit wusste, war die Tatsache, dass er tagtäglich mit ihr zu tun hatte.
    »Also keine besonderen Vorkommnisse«, schloss Gabe.
    »Immer das Gleiche, Lieutenant«, versicherte ihm Luther.
    Gabe schoss eine Erinnerung durch den Kopf. Schnell wie ein Pfeil war sie jedoch schon im nächsten Moment wieder verschwunden. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, frustriert von der Flüchtigkeit seiner Gedanken.
    Als er seine Männer musterte, bemerkte er, wie erschöpft sie aussahen. »Hey, danke, dass ihr vorbeigekommen seid, Leute«, sagte er und entließ sie damit in ihre Betten.
    Sie gaben sich die Hände und schlugen sich auf die Schultern, und dann blickte er ihnen nach, wie sie die Stufen der Terrasse hinunterstiegen. Das Bedürfnis, seinen Tränen freien Lauf zu lassen, schnürte ihm die Brust zu. Nicht einmal der Hund hörte, dass sie gingen. Aus dem Innern des Hauses war kein Bellen mehr zu hören.
    Während die Männer mit der Dunkelheit verschmolzen, blieb Gabe mit der Hoffnung zurück, einer von ihnen könnte vielleicht das Geheimnis aufklären, das ihn so sehr plagte. Um ihn herum raschelten Luftschlangen leise in der nächtlichen Brise.
    Helen kam in die Küche, noch ganz außer Atem von ihrem morgendlichen Lauf. Abrupt blieb sie stehen, als sie Gabe auf der anderen Seite des großen Raums entdeckte. Er starrte durch das hintere Fenster hinaus auf die See. Sie hatte ihn schon öfter in ähnlichen Situationen ertappt, so tief in Gedanken versunken, dass er ihr Kommen überhaupt nicht wahrzunehmen schien.

Weitere Kostenlose Bücher