Aus Dem Dunkel
Entschluss bedachte, ihm zu widerstehen.
»Ja«, hörte sie sich selbst sagen. »Er ist oft vorbeigekommen, aber niemals zusammen mit den anderen.«
Gabe versteifte sich so sehr, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, und befriedigte damit wiederum ihr absurdes Bedürfnis, ihn zu reizen. »Er war immer allein?«
»Mhm.« Den Rest überließ sie seiner Fantasie, gleichzeitig genau darauf bedacht, ihn in die Irre zu führen.
Er wandte sich dem Kühlschrank zu, öffnete ihn und starrte hinein. »Rührei?«, fragte er.
»Ja, gern.«
Er nahm die Eier und ein Paket Toastbrot aus dem Kühlschrank und legte beides auf die Arbeitsplatte. »Und worüber habt ihr euch so unterhalten?«, erkundigte er sich vorsichtig. Sein Ton verriet eine gewisse Eifersucht.
Ein befriedigendes Gefühl überkam Helen, und sie wollte mehr davon.
Gabe begann Schränke zu öffnen, auf der Suche nach einer Schüssel, um die Eier aufzuschlagen.
»Der zweite Schrank rechts von dir«, half sie ihm. Sie musste vorsichtig sein. Einerseits wollte sie, dass er in Zukunft noch mit Miller zusammenarbeiten können würde. Andererseits sehnte sie sich danach, mit Gabe zu spielen, wie er es am vergangenen Abend mit ihr getan hatte. »Er hat seiner Sorge Ausdruck verliehen. Hat gefragt, ob ich genug Geld hätte. Ob ich eine Schulter zum Ausweinen bräuchte. So was eben.« Sie zuckte mit den Schultern und überließ es ihm, ihre Worte weiter zu interpretieren.
Gabe drehte sich um und sah ihr in die Augen. »Hat er dir irgendwelche Einzelheiten zu meiner letzten Mission erzählt?«
Ihre hochgesteckten Erwartungen fielen regelrecht in sich zusammen. »Nein, nichts«, erwiderte sie. »Wieso? Glaubst du, dass dein XO irgendetwas mit deinem Verschwinden zu tun hat?« Der Gedanke entsetzte sie, aber sie würde es dem hinterhältigen Mistkerl durchaus zutrauen.
Gabe nahm eins der Eier und schlug es sauber auf dem Rand der Schüssel auf. »Reine Spekulation«, murmelte er. Er wiederholte das Gleiche mit vier weiteren Eiern und begann dann, mit einer Gabel Luft unter die Dotter zu schlagen. Sein leerer Gesichtsausdruck verriet nicht, was er gerade dachte.
Schließlich kippte er die aufgeschlagene Masse in eine heiße Pfanne und drehte sich zu ihr herum. »Und, hast du dich an seiner Schulter ausgeweint?«, fragte er, und ein Anflug von Eifersucht flackerte in seinem Blick auf.
Sie genoss das intensive Hitzegefühl, das sie überkam. Er war tatsächlich eifersüchtig! Sie wusste nicht, warum sie dies so ungemein befriedigte, besonders, da sie hoch und heilig geschworen hatte, dass ihre gemeinsame Zeit der Vergangenheit angehörte. Und jetzt, da sie Gabes Eifersucht entfacht hatte, musste sie Millers Rolle dabei herunterspielen. »Nein«, sagte sie. »Habe ich nicht.«
»Niemals?«
»Niemals.«
»Aber er hat sich an dich rangemacht«, beharrte Gabe.
Sie zuckte mit den Schultern. »Er hat immer irgendeinen Grund gefunden, vorbeizukommen … irgendein Dokument, das ich unterschreiben musste, oder eine Broschüre über Trauerarbeit. Irgendwann hat er mich dann gefragt, ob ich mit ihm ausgehen würde, und ich habe ihm einen Korb gegeben. Das ist alles.«
Dass es ein halbes Dutzend Körbe gewesen waren, bis er es endlich begriffen hatte, verschwieg sie.
Gabe wandte sich wieder dem Herd zu. »Du würdest es mir doch sagen, wenn zwischen dir und ihm irgendetwas gewesen wäre«, meinte er, und in seiner Stimme schwang Unsicherheit mit.
Der Gabe, den sie geheiratet hatte, hätte nie an ihrer Treue gezweifelt. Er war viel zu überzeugt von seiner sexuellen Anziehungskraft gewesen. »Ich würde es dir sagen«, versicherte sie ihm. Und im gleichen Moment fragte sie sich, warum sie Gabes Gefühle schützen wollte. Schließlich plante sie ohnehin, ihn zu verlassen.
Aber zuerst würde sie ihn mit zu ihren Eltern schleifen, wenn auch nur, um sich zu beweisen, dass er ohne jede Vorwarnung den Schalter umlegen und wieder der alte Gabe sein konnte.
Diese Idee war ihr in der vergangenen Nacht gekommen, als sie voller Scham und frustriert im Bett gelegen hatte. »Was würdest du davon halten, wenn wir morgen nach Annapolis führen?«, schlug sie ihm vor.
Die Frage schien ihn zu überraschen. »Wozu?«
»Meine Eltern möchten dich unbedingt sehen.« Sie schaute dabei zu, wie er geschickt die Eier verrührte. »Sie haben schon damit gedroht, zu uns herunterzukommen, aber vielleicht möchtest du ja auch mal für eine Weile hier raus.«
Er schwieg so lange, dass sie
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