Aus Dem Dunkel
nicht einfiel, ging Gabe einfach eine Stufe höher. Er würde das Zeug ans FBI mailen, an das Department für Sicherheit im Cyberspace. Doch eine schnelle Suche im Internet schlug fehl. Er konnte einfach keine konkrete E-Mail-Adresse finden. Also begnügte er sich mit dem Kontaktformular, schrieb ein paar erklärende Zeilen darüber, wer er war und was er gefunden hatte, dann schickte er die Nachricht ab und betete, dass sie in verantwortungsbewusste Hände fiel.
Ein Blick auf die Uhr des Computers zeigte ihm, dass er spät dran war. Er forderte sein Glück heraus, aber eins nach dem anderen. Er beugte sich unter den Schreibtisch, zog den Rechner hervor und öffnete die Seitenverkleidung. Dann riss er das Motherboard und die CPU heraus und zertrümmerte beides. In weniger als zehn Minuten hatte er auf diese Weise sämtliche Computer, die sich in dem Raum befanden, außer Gefecht gesetzt.
Sein Instinkt sagte ihm nicht nur, endlich zu verschwinden, er schrie regelrecht. In der Ferne hörte er Gelächter. Wenn sie ihn jetzt erwischten, würden sie ihn töten für das, was er getan hatte.
Er blickte hinaus auf den Gang und hörte, wie Männer sich der Hintertür des Bunkers näherten. Sofort rannte er zum Vordereingang. In dem kahlen Gang aus Beton hingen nackte Glühbirnen von der Decke. Er stieß die Metalltür auf und hetzte die Stufen hinauf, die ihn an die Erdoberfläche brachten.
Auf sieben Uhr entdeckte er mehrere Tangos, die betrunken auf den Bunker zuwankten. In der anderen Richtung lag ein Maschendrahtzaun.
Los! Mit einer Geschwindigkeit, die er sich gar nicht mehr zugetraut hätte, rannte Gabe auf den Zaun zu und rechnete jeden Moment mit Alarmrufen. Adrenalin schoss durch seine Adern und verlieh ihm zusätzliche Kraft. Seine Lungen drohten zu platzen. Er sprang mit solcher Wucht gegen den Zaun, dass er den Schwung nutzen konnte, um hinüberzugelangen. Er schlüpfte unter der ersten Reihe Stacheldraht durch. Scharfe Zacken ritzten seinen Rücken und seinen Hintern auf, aber er spürte es kaum. Er hörte nur die Stimme, die plötzlich auf Koreanisch rief: »Der Amerikaner flieht!«
Auf der anderen Seite des Zauns angelangt rannte Gabe weiter, dankbar für die zu engen Tennisschuhe, weil sie seine Füße vor dem felsigen Boden schützten, während er auf allen vieren den Hügel hinunterrutschte, immer in Richtung des goldenen Schimmers am Himmel, der ihm zeigte, wo die Sonne unterging, wo der Westen lag.
Er hatte das Gefühl, über sechs Kilometer gelaufen zu sein, als er auf den Fluss traf. Das Gurgeln des Wassers war kaum zu hören, so laut keuchte er. Er rutschte an dem schlammigen Ufer aus. Wasser lief in seine Schuhe. Und dann hörte er das Geräusch, das er am meisten gefürchtet hatte – das Hundegebell.
Er taumelte durch das Wasser, frustriert darüber, dass es gleichzeitig so flach und so steinig war und ihm kaum bis zu den Knien reichte. Es fühlte sich so zähflüssig an wie Leim und bremste ihn, obwohl er doch laufen musste, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her.
Mit einem Blick über die Schulter entdeckte er Leuchtkegel von Taschenlampen, die sich den Hügel herunter näherten, als die Tangos nach ihm suchten. Die Hunde zerrten an ihren Leinen, während sie seiner Spur folgten. Besorgt, dass man ihn entdecken würde, duckte Gabe sich und lief wie ein Affe durch das steinige Flussbett.
Weiter, weiter, weiter! Er zwang sich, schneller zu laufen und riss sich die Fingerkuppen auf, während er seinen Weg ertastete.
Aber die Hunde kamen näher. Sie führten ihre Herren direkt zu ihm, schnitten ihm an Land den Weg ab. Bei dieser Geschwindigkeit würden sie ihn in wenigen Minuten abfangen.
Er zog in Erwägung, den Fluss zu verlassen und den Hügel zu seiner Rechten hinaufzulaufen, aber dann würden sie ihn erst recht erwischen. Es war besser, beim Wasser zu bleiben, wo er sicher sein konnte, dass er in die richtige Richtung lief und sein Geruch fortgespült wurde.
Das Jaulen der Hunde klang in seinen Ohren, als würden Fingernägel über eine Schiefertafel gezogen. Lähmende Visionen davon, was mit ihm passieren würde, wenn sie ihn schnappten, erschienen vor Gabes geistigem Auge.
Plötzlich wurde der Fluss tiefer, und eisiges Wasser umspülte ihn bis zur Hüfte. Ich danke dir, G ott! Er holte einmal tief Luft, tauchte unter und schwamm so schnell, wie er konnte, wobei die Strömung ihn vorantrug, als hätte er Flügel.
Plötzlich wurde er an den Schultern gepackt und aus dem
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