Aus dem Leben eines Lohnschreibers
verdächtig reicher Mann, der sich in der ehemaligen Villa des Schahs von Persien in St. Moritz einquartiert hatte und seinen Rolls-Royce abschaffen mußte, weil er mit dem die Bergstraße nicht hochkam, hatte sich den viele Tonnen schweren Tisch bestellt, dessen Anlieferung auf Grund des unmäßigen Gewichts kompliziert war und sich hinauszögerte. Als schließlich zwölf bärenstarke Männer und ein Kranwagen bereitstanden, war der Vogel ausgeflogen, die Villa leer geräumt, und die internationalen Haftbefehle wurden gerade ausgestellt.
Dann liebäugelte ich mit Schreibtischen, an denen ich reihenweise Bestseller tippen würde, bis mir einfiel, daß im Augenblick die Sizilianerin wichtiger war als meine Literatur. Ich sollte ihre Wünsche nach Abwechslung ernst nehmen. Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn sie, statt mich aus der Wohnung, meine alten Möbel aus ihrem Zimmer werfen und sich neue kaufen würde. Vielleicht sollte ich ihr das vorschlagen. Hierher sollte sie kommen und Stoffe aussuchen und dabei friedlich aussehen wie von Degas gemalt. Ein Versöhnungseinkauf. Ich würde sie begleiten und auf einem Sofa sitzen und sie von sicherer Entfernung aus beobachten, stolz, der Liebhaber dieser rasanten Frau zu sein, deren Temperament an der rabiaten Art zu erkennen wäre, wie sie die begutachteten Stoffe umschlug. Sie würde meine Offerte schamlos ausnützen und die teuersten Sachen kaufen. Ich würde versuchen, nicht so auszusehen wie ein Schriftsteller, dem langsam klar wird, daß hier eine Rechnung im Entstehen begriffen war, die nur mit den Vorschüssen von zwei Romanen beglichen werden könnte. Bedauerlich, würde ich denken, daß es nur noch diese dummen Kreditkarten gibt und nicht mehr Scheckbücher, die die Männer wild gewordener Käuferinnen lässig aus der Innentasche der Jacke ziehen. Noch bedauerlicher allerdings, daß ich mit meinen Vermögensverhältnissen nicht zu diesen Männern zähle - beziehungsweise zu jenen zähle, die einmal in ihrem Leben wohlhabende Artgenossen imitieren wollen und sich dabei ruinieren.
Als Zeichen für meinen guten Willen kaufte ich einen erschwinglichen, bequemen, dennoch leichten Schalensessel aus Filz, auf dem ich mir meine Sizilianerin gut vorstellen konnte, nahm ihn unter den Arm, schlich vor meine Wohnungstür und stellte ihn dort ab. Andere Männer rennen zum Anwalt, wenn sie aus ihrer Wohnung geworfen werden, ich war in ein Einrichtungshaus gegangen. Das fand ich nobel von mir. Daher legte ich einen Zettel auf den Sessel: dal poltrone nobile - per la donna mobile . Dann klingelte ich und rannte schnell die Treppen hinab.
Der verlorene Verstand
oder Die wunderbare Preisverleihung
Jahrelang war ich gut im Geschäft gewesen. Beruf Schriftsteller. Krise gab es nicht! Writer’s block? Daß ich nicht lachte! Wem nichts einfiel vor der leeren Seite, der hatte seinen Beruf verfehlt! So meine Verkündigungen in Interviews. Manche Journalisten erstarrten ehrfürchtig vor meiner Professionalität, andere versuchten mich zu einem Autor dritter Klasse herunterzurezensieren. Neidhammel! Für sie ist nur Dichter, wer sich vor jedem Satz verzweifelt die Nägel abbeißt.
Und dann erwischte es mich doch. Die Krankheit sucht auch den heim, der sich vital für unangreifbar gesund hält. Die Schwäche, die ich immer verlacht hatte, beschlich mich unmerklich. Ich wollte sie nicht wahrhaben. Weil ich das untätige Verharren vor dem Papier oder dem Bildschirm stillos fand und nicht mit meiner Würde als Autor verbinden konnte, bearbeitete ich meine Tastatur, wie ich sie immer bearbeitet hatte. Aber nach drei, vier, fünf Stunden waren da nicht drei, vier, fünf schöne Seiten, es waren zwölf, dreizehn, vierzehn Seiten - und immer weniger davon konnte ich gebrauchen. Eine Erzählung, eine Romanepisode, die ich einst in einem knappen Tag hingeschrieben hatte, kostete mich unversehens eine Woche. Immer mehr verlor ich den Faden. Es konnte vorkommen, daß ich tagelang tippte, ohne daß mir auf all den Dutzenden von Seiten ein einziger Gedanke oder eine einzige brauchbare Formulierung gelang. Es wurde schnell immer schlimmer:
Kromschösse walsbaba zumbaloso iffe notalas Scheißkram Liebsaft doodledumm salat. ich dummdada bin - afterkunst tragluft nana du Idiot, salbaderfromm Fahrradflickzeug. Das Wetter ist gaga - der Wetterbericht ist vollkorrekt. Ich habe keine 500 Kinder und bin sehr unglücklich darüber, auch daß Kaiser Karl seine Krone verloren hat, begeistert mich
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