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Aus dem Leben eines Lohnschreibers

Titel: Aus dem Leben eines Lohnschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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mehr aushalten kann. Das Haus steht einsam und allein, das Dorf und die nächsten Häuser sind ein gutes Stück entfernt, aber Hundegebell hört man von weither. Die Besitzer wollen das Haus verkaufen, am besten mit all den ziemlich wertvollen Möbeln, werden es aber nicht los. Außerdem wird in der Gegend geklaut. Gitter vor Fenster und Türen kosten erneut Geld und locken Einbrecher erst recht an. Vor zehn, fünfzehn Jahren hatten die guten Leute sich einen Swimmingpool geleistet, um ihre Kinder ins italienische Domizil zu locken, die dann doch nie kamen. Der Pool bröckelt nun schon seit Jahren unbenutzt vor sich hin, weil das Inschußhalten der luxuriösen Einrichtung zu teuer ist. Swimmingpools sehen nach reichen Leuten aus und ziehen erst recht Einbrecher an. Der Hausbesitzer hofft, daß Einbrecher vom Zustand des Beckens mit deutlich lockeren Kacheln auf die Besitzer schließen und denken: Da kann nichts mehr zu holen sein. Bis sie es verkauft haben, bieten sie das Haus Schriftstellern an. Nette Geste, wenn mich auch das Wort »kreativ« störte, als sie mir den Schlüssel aushändigten: »Wir wollen auf diese Art und Weise die Kreativität der Künstler unterstützen.«
    Der Satz törnte mich so ab, daß ich sofort keine Lust mehr auf meinen neuen Roman hatte, den ich in dem Haus, das auf den Fotos nobel aussah, in Angriff nehmen wollte. Da fiel mir ein, daß sich im Laufe der Zeit drei, vier, fünf Computer und Laptops bei mir angesammelt hatten, längst veraltet und nur noch mit Mühe in Gang zu bringen. Bei jedem neuen Computer, der nach drei, vier Jahren fällig ist, überspielte ich die wichtigsten Daten des Vorgängers, aber natürlich stellt sich dann heraus, daß das Unwichtige immer das Interessantere ist. Wie oft habe ich nach Texten gesucht, die ich vor Jahren getippt hatte und nun nicht mehr fand.
    Ich nahm mir also vor, alle Daten aller meiner Festplatten zu sichten, zu ordnen, gegebenenfalls zu konvertieren, intelligent zu benennen, schließlich auf meinen neuen smarten Laptop zu überspielen und damit mir selbst wieder zugänglich zu machen.
    Es gab einen Verleger, der gern ein Buch mit all den verstreuten Texten von mir machen wollte, die ich im Lauf der Jahre für Radio, Zeitungen und Zeitschriften und Anthologien geschrieben hatte. Dieses Buchprojekt war bisher immer wieder an der Unauffindbarkeit gewisser Texte gescheitert, beziehungsweise an meiner Trägheit, die alten Computer anzuschließen und dort nachzusuchen.
    Um alle Texte so einzurichten, daß mir der gewünschte Zugriff möglich wäre, würde es nicht Tage, sondern Wochen dauern. Genau die richtige Arbeit für drei Monate Haushüten im Süden, dachte ich. Nicht in rastloser Kreativität Neues ersinnen, sondern sich schön ruhig mit der eigenen Vergangenheit beschäftigen. Selbstbeschau muß auch mal sein.
    Auf dem Rücksitz meines mickrigen Mittelklassewagens türmten sich Rechner aller Art, Apples und PCs, Bildschirme und Laptops aus allen Generationen. Ich kam in dem Haus an, schlug drei Skorpione und ein Dutzend Tausendfüßler tot, saugte den Kalk vom Boden, der von der Decke gefallen war, baute im ebenerdigen geräumigen Wohnraum meine Computer auf und verlor mich noch in der ersten Nacht bis zum Sonnenaufgang um kurz nach 5 Uhr in meinen Briefen an eine Frau, von der ich vor 20 Jahren große Stücke gehalten hatte. Diese Zeugnisse einer grotesken Verliebtheit hatte ich verdrängt und literarisch noch nie ausgeschlachtet. Ich fand nette Texte von mir über Oberbayern und Schanghai und Vancouver, die ich nach ihrer Veröffentlichung sofort vergessen hatte. Es war lustvoll, in der eigenen Autorenvergangenheit herumzukramen, ein Vergnügen, das nur von der bangen Frage getrübt wurde, ob mein Stil und mein Schwung damals nicht besser waren als heute.
    Ich merkte, daß all das Sichten von guten und das Sich-Trennen von untauglichen Texten und Entwürfen eine Heidenarbeit sein würde, die nicht nur dem geplanten Buch, sondern auch weiteren Büchern von mir zugute kommen würde. Drei Monate würde der Spaß mit Sicherheit dauern, allein das Konvertieren einer 10 Jahre alten E-Mail von einem Apple-Computer mit Kassettenlaufwerk auf einen PC ohne Diskettenlaufwerk war ein abendfüllender Vorgang.
    Im Juni wurden die Kirschen reif, dann die Feigen und Aprikosen. Ich verzehrte Unmengen von Obst, kaufte einmal in der Woche ein, holte beim Bauern offenen Weißwein für einen Euro den Liter, ließ es mir gut gehen und war fleißig. Den

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