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Aus dem Leben eines Lohnschreibers

Titel: Aus dem Leben eines Lohnschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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Gates und sein Microsoft, Steve Jobs und sein Apple und alle Computerimperien dieser Welt, die uns so abhängig gemacht haben. Ich verwünschte Albanien und den Kommunismus, der dieses Land so kaputtgemacht hatte, daß keiner mehr da leben und arbeiten wollte, sondern sich lieber im Ausland als Dieb durchschlug. Ich verwünschte alle Erdteile des Globus und alle Berufe, besonders den des Schriftstellers. Und mich selbst und meine idiotische Computerneuordnung haßte ich am meisten.
    Ich hatte nun nichts mehr, um mich abzulenken. Ich würde den ganzen Schrottcomputerkrempel wieder mit nach Berlin nehmen müssen. Von wegen Wein. Ich würde mir einen schweineteuren neuen Laptop kaufen müssen und mit dem Spielchen noch einmal beginnen. Oder nie wieder nach Deutschland zurückfahren, nie wieder ein Buch machen, nur noch Hausmeister in Italien sein und Dieben auflauern.
    Zu den anderen deutschen oder englischen Ferienhausbesitzern hatte ich bisher jeden Kontakt vermieden, um mich nicht abzulenken und um nicht mißbraucht zu werden als unterhaltsamer Schriftsteller, den man sich als netten Gast einlädt, um in der selbstgewählten Einöde etwas Zeitvertreib zu haben. Ich hatte keine Lust auf frustrierte Ehefrauen und Ehemänner. Nun suchte ich sie doch auf, um mich nach ihren Erfahrungen mit Einbrüchen zu erkundigen, in der Hoffung, eine Art Täterprofil zu erarbeiten, meine Wut zu kanalisieren und die Bestie oder die Bestien zu jagen bis ans Ende der Welt, wo ich sie erschlagen und über den Rand eben dieser bösen Welt in den Abgrund stoßen würde. Mir war todesstrafensüchtiger als einem reaktionären US-Bürgermeister zumute.
    »Seien Sie froh, daß man Ihnen den Schwanz nicht abgeschnitten hat, als Sie nackt in der Sonne schliefen«, sagte mir ein pensionierter Richter. »Eberhard!« ermahnte ihn dessen Frau. »Mein Ernst«, sagte der pensionierte Richter und erzählte: Lieber als Laptops, die ja verkauft werden müssen, um zu Geld zu werden, stehlen sie Kreditkarten und kaufen damit direkt die Sachen, die sie haben wollen, solange, bis die Karte gesperrt wird. Man habe einmal eine albanische Zigeunerbande in einem großen Möbelhaus beobachtet, wo eine junge albanische Frau gerade luxuriöse Küchengeräte orderte. Als man die Bande stellte, habe die Frau zu einem Tranchiermesser gegriffen und damit ein Blutbad beim Supermarkt-Personal angerichtet.
     
    Nach drei Tagen war mir klar, wie die Bande operieren mußte. Mit Autos konnten sie nicht bei den Häusern vorfahren. Autos machten Lärm, und vor allem konnte man, wenn die Besitzer zurückkommen würden, aus den schmalen Sackstraßen zu den Häusern nicht mehr herauskommen. Man wäre in der Falle. Also zu Fuß kommen und zu Fuß ab durch die Büsche. Autos nur zum Ausspähen. Es war klar, daß sie in der hügeligen Landschaft die Häuser von vis-à-vis mit dem Fernglas beobachten und über Handy ihren Komplizen Bescheid geben mußten, wenn der Augenblick günstig war. Die Bande scheute offenbar den klassischen Einbruch, der unnötig Arbeit macht und schweres Gerät verlangt, und bevorzugte daher Häuser, die zur Zeit bewohnt, nur eben kurz verlassen und nachlässig verschlossen waren, weil die Bewohner eben mal zum Einkaufen gehen wollten. Auch gab es in dem Fall mehr zu holen als in den Wintermonaten, wo man zwar in Ruhe stehlen konnte, aber keine Kreditkarten, Portemonnaies, keinen kostbaren Schmuck, keine flachen Luxuslaptops. Daß die Bande in unmittelbarer Gegenwart eines schlafenden Bewohners zu Werk gegangen war, schien ein Novum zu sein.
    Ich besorgte mir ein Fernglas, fuhr nun auch in der Gegend herum und versetzte mich in die Lage eines Spähers. Nach wenigen Tagen sah ich auf einem schattigen Parkplatz auf einer Anhöhe mit guter Sicht eine verdächtige Gestalt mit einem Fernglas stehen. Der Mensch war so konzentriert, er bemerkte nicht, daß ich ihn von der anderen Straßenseite beobachtete. Ich nahm das Haus ins Visier, das auch der Späher im Visier hatte. Eine größere Familie mit Kindern wollte einen Ausflug zum Meer machen. Jetzt wurde das übergroße Auto mit Schlauchbooten und Surfbrettern beladen. Immer, wenn das grotesk geräumige Auto abfahren wollte, griff der Späher zu einem Handy, dann aber sahen er und ich, wie das Auto wieder hielt und zurücksetzte. Vermutlich hatte eines der zahllosen Kinder etwas vergessen. Die Mutter ging ins Haus und kam dann mit einem Wasserspielzeug wieder. Das ging eine Weile so. Der Späher war sichtlich

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