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Aus dem Leben eines Lohnschreibers

Titel: Aus dem Leben eines Lohnschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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die schönste. Ihr Bein war makellos geheilt. »Sie ist nicht dabei«, sagte ich dem Untersuchungsrichter und dem Staatsanwalt. Man zeigte mir zwanzig blitzende Laptops. Ich schüttelte den Kopf. Danach fragte ich den Anwalt, der Fatimas Pflichtverteidigung übernehmen sollte, welches Gewicht meine Aussage haben würde. »Jetzt muß sie morgen entlassen werden«, sagte er.
     
    Ich ließ meinen Rückflug verfallen, der am selben Tag gewesen wäre. Am nächsten Morgen stellte ich mich schon um sieben Uhr auf die gegenüberliegende Straßenseite des Gefängnistors. Je länger ich wartete, desto vergnügter wurde ich. Um 11 Uhr vormittags ging die Tür im Tor auf und Fatima kam heraus. »Permesso?« sagte ich, trat auf sie zu und küßte ihr die Hand, auf die ich ein Jahr zuvor so unsanft mit einem Spazierstock geschlagen hatte.
    »Laß das«, sagte sie.

fast wahr

Öl ist nicht so keusch wie Butter
    Eine kulinarische Dokumentation
    Irgendwann Mitte der 1990er Jahre. Immer, wenn ich an einem Roman sitze, will und sollte ich keine anderen Schreibarbeiten annehmen, fast immer tu ich es dann doch. Diesmal war eine Freß- beziehungsweise Feinschmeckerzeitschrift am Telefon, und ich litt von Beginn des Gesprächs an darunter, daß ich nicht wußte, woher mir die Stimme der Frau bekannt war, die mich zu einem Beitrag gewinnen wollte und daher entsprechend gewinnend war. Schließlich fiel es mir ein. Diese Stimme hatte ich vor nicht allzu langer Zeit aus der Redaktion einer kämpferischen Ökozeitschrift vernommen, von wo aus sie mich zu einem Öko-Artikel gewinnen wollte. »Sie wissen«, hatte ich damals gesagt, »mein Ruf verbietet mir, pro öko zu schreiben, denn auch wenn ich vernünftigerweise nicht dagegen bin, möchte ich mich doch auch über die heilige Umweltschützerei lustig machen.« - Deswegen rufe ich sie ja an, hatte diese Stimme damals gesagt. Man wollte endlich einmal einen frischen heiteren Text in dem meist trostlosen Weltuntergangsverhinderungsheft haben.
    Einleuchtend. Also hatte ich für ein mageres ökologisches Goodwill-Körnerhonorar eine Geschichte über zwei Ökos geschrieben, die sich so verlieben, daß ihnen die Giftstoffe und die Umwelt mitsamt der Ozonschicht ziemlich egal sind. Schließlich finden sie sogar achtspurige Autobahnen wunderbar und hoch erotisch, weil man auf denen ordentlich rasen kann und nicht so viel Zeit verliert, wenn man sich besuchen will. Liebe macht gegen Giftstoffe immun, sagen sie und beißen in gespritzte Billigäpfel.
    Die treuen Öko-Leser hatten für solche Scherze keinen Sinn und kündigten reihenweise das Abonnement, und dann war auch der Redakteurin gekündigt worden. Ich brauchte mir aber kein schlechtes Gewissen zu machen, denn sie hatte es dort sowieso nicht mehr ausgehalten und fand, es sei an der Zeit für eine Arbeitslosenpause.
    »Brauchen Sie wieder eine Kündigung?« fragte ich, als mir das alles eingefallen war. Sie lachte verlegen. Möglicherweise hieß dieses Lachen: Tut mir leid, ich lande immer bei den falschen Zeitschriften, aber man kann es sich nicht immer aussuchen. Jetzt jedenfalls werde ein Autor für einen Text gesucht, der davon handeln sollte, wie ein Mann mit einem Essen eine Frau verführen könne.
    »Verdienen Sie bei der bunten Freßzeitung wenigstens besser als bei der ökograuen Postille?« fragte ich. Statt zu antworten, bot mir die Redakteurin 3000 Mark für die Geschichte an.
    »Faires Honorar«, sagte ich, »aber ich kann das unmöglich machen.« Dergleichen hatte ich zu oft geschrieben. Was die Kochkunst betrifft, ist meine Phantasie begrenzt. Aus den wenigen Gerichten, die ich zubereiten kann, hatte ich schon so viele Freßliebesgeschichten wie nur möglich gemacht, meist mit integrierten Rezepten, das ist besonders beliebt. In einer dieser Geschichten finde ich, genauer: findet mein Ich-Erzähler die Knoblauchpresse nicht. Da steckt die ihm beim Kochen zusehende Frau, die es zu verführen gilt, die Knoblauchzehe in ihren schönen Mund, kaut beherzt darauf herum und spuckt das Ergebnis ihrer Kaukunst in die Pfanne. Nach diesem Enthemmungssignal ist die Verführung ein Kinderspiel. In einer anderen Geschichte verkocht das Essen und verbrennt zu Kohle, weil das erregte Paar schon vor dem Liebesmahl im Schlafzimmer verschwindet, wo es dann erfreulicherweise doch länger dauert als erwartet. Nachher sitzen die beiden nackt und hungrig vor dem Kühlschrank und beißen in einen Stapel nackter Schinkenscheiben. Ich konnte und wollte

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